Das Präsidentenbüro und das Rednerpult im Plenarsaal gehörten zu den meistbesuchten
Orten am Tag der offenen Tür
Wien (pk) - "An wie vielen Tagen in der Woche sind Sie hier?" "Was arbeiten Sie genau als
Nationalratspräsident?" "Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?" Das waren die am häufigsten
gestellten Fragen, die Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka am 26. Oktober in seinem Büro hörte.
Drei indische Studenten wollten einen genaueren Einblick in die österreichische Demokratie bekommen. Sie interessierten
sich für die "österreichische Identität" und dafür, warum der 26. Oktober der Nationalfeiertag
der ÖsterreicherInnen ist. Nationalratspräsident Sobotka erklärte ihnen die Entwicklung und die
gegenwärtige Bedeutung des Nationalfeiertages, vor allem auch seine Einbettung in die Feierlichkeiten zum
Jubiläum der Republik in diesem Herbst. Eine junge Familie mit zwei Kindern im Alter um zehn Jahre brachte
einen Gruß aus Sobotkas Heimatort Waidhofen/Ybbs mit. Sie wollte die Schwerpunkte seiner Arbeit genauer kennenlernen
und sprach mit ihm über die Feiern im Gedenkjahr 2018. "Das Parlament ist ein Ort der historischen Verantwortung
und der Gestaltung der Zukunft", sagte Sobotka.
Eine Rede über die "Stärkung, Verbesserung und Erweiterung der EU"
Im Großen Redoutensaal in der Hofburg konnten die Besucherinnen und Besucher testen, wie es sich anfühlt,
am Rednerpult vor dem Plenarsaal zu stehen. Zur Erinnerung bekamen sie ein Foto von sich mit. Insgesamt 1.500 Fotos
schoss der Fotograf am Rednerpult des Parlaments im Vorjahr. Heuer würde er "sicher auf eine ähnliche
Zahl kommen". Er versuchte, die Gäste vor dem Nationalratsmikrofon zu einem freundlichen Blick zu ermuntern.
"Sprechen Sie bitte, Frau Bundesministerin!" "Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter!" Die meisten
BesucherInnen stellten sich allein vor das Rednerpult. Die größte Gruppe, die der Fotograf heute vor
der Linse hatte, war eine Reisegruppe von 14 Personen.
Fünf Männer aus Bayern fanden es "toll", am Rednerpult zu stehen. Im Bundestag in Berlin sei
dies nicht möglich, berichteten sie. Ein Student stellte sich gemeinsam mit seiner Freundin vor das Rednerpult
und zeigte die "Merkel-Raute" in die Kamera. Er stammte aus München, er studiert seit 1. Oktober
"Banking and Finance" in Wien. Die junge Frau kam aus Aschaffenburg und absolviert seit dem 1. Oktober
ein viermonatiges Praktikum bei einem Start-up-Unternehmen in Wien. Hätte er tatsächlich vor Abgeordneten
sprechen können, hätte der Student über die "Stärkung, Verbesserung und Erweiterung der
EU gesprochen. "Mir ist vor allem die Integration von Flüchtlingen ein Anliegen – da können und
sollten wir auf europäischer Ebene noch sehr viel mehr tun", sagte er. "Wäre ich Abgeordneter,
würde ich mich auch für eine bessere Abstimmung der Finanzpolitik in der EU einsetzen." Seine Freundin
hätte über Umweltanliegen geredet. "Ich hätte mich für ein strikteres Plastikverbot ausgesprochen,
als das neulich im EU-Parlament beschlossen worden ist."
Über Plastikverpackung für Salat
Ein Ehepaar aus Graz verbrachte zum zweiten Mal den Nationalfeiertag in Wien. Nach dem Besuch des Parlaments und
des Heldenplatzes würden die beiden Pensionisten das Fest "9 Plätze, 9 Schätze" beim Landessieger
in Wien verbringen – "Am Himmel" im 19. Bezirk. Wäre das Mikrofon am Rednerpult des Großen
Redoutensaals eingeschaltet gewesen, hätte der Mann über die Plastikvermeidung gesprochen. "Es ist
nämlich nicht einzusehen, warum man als Gemüsebauer den Salat in Plastik einpacken muss, genauso wie
Salatgurken", sagte er. Seine Frau, pensionierte Verkäuferin und Mitglied in einer Frauenbewegung, fand
es ein "erhebendes Gefühl, am Rednerpult des Nationalrats zu stehen".
Ein anderes Ehepaar aus der Steiermark war auch schon des Öfteren in Wien. "Wir haben eine der letzten
Führungen im historischen Parlamentsgebäude mitgemacht", erzählte die Frau, eine Bürokauffrau
aus Judenburg. Ihr Mann, technischer Zeichner würde die Abgeordneten vom Rednerpult aus zu überzeugen
versuchen, "dass eine Steuererleichterung für die Bevölkerung notwendig ist", sagte er. Seine
Frau hätte zum Thema Umweltschutz gesprochen.
"Ein tolles Erlebnis für Kinder"
"Ich finde es vor allem für die Kinder ein tolles Erlebnis", sagte eine Besucherin aus Mödling,
die mit ihrer Tochter Sarah im Volksschulalter und ihrem Mann in das Parlament gekommen war. Sie fand es wichtig,
dass Kinder hier am Ort der Demokratie auch ein Demokratieverständnis hautnah vermittelt bekamen. "Ich
kenne das Parlament ja sehr gut, weil ich bis vor ein paar Jahren Klubmitarbeiterin im Nationalrat war", erzählte
sie.
"Kinder nicht in eine Spielecke abschieben"
Im Container vor dem historischen Parlamentsgebäude am Ring konnten Besucher erstmals am "Crowdsourcing-Projekt"
der Parlamentsdirektion teilnehmen. Dabei sollen Bürgerinnen und Bürger Vorschläge und Ideen einbringen,
wie man im renovierten Parlamentsgebäude das Besucherzentrum gestalten sollte. Es handelt sich um ein Pilotprojekt;
künftig sollen die Menschen in Österreich stärker in Entscheidungen eingebunden werden.
In den ersten Stunden erhielten die MitarbeiterInnen im Container "Bau.Stelle" rund zwei Dutzend Vorschläge
für das künftige Besucherzentrum. "Man sollte hier keine Spielecke für Kinder einrichten",
sagte eine Besucherin. Sie ist Pädagogin und Direktorin eines Kindergartens. "Viel besser wäre es,
ihnen kindgerechte Informationen zu vermitteln – am besten interaktiv, mit kindgerechten Fragen und Antworten,
wo sie mit Spiel und Spaß einen Grundstein über Demokratie erfahren. Die Kinder haben nämlich großes
Interesse an Demokratie und wie der Staat aufgebaut ist." Das wisse sie aus Erfahrung. Sie gab ihre Daten
bekannt, würde auch erfahren, wie es weitergehe, und ob ihr Vorschlag in die Entscheidungen eingeflossen sein
wird
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