Renditestarkes Anlegen braucht Finanzbildung und Steueranreize
Wien (wiener börse) - Die Österreicherinnen und Österreicher scheuen nach wie vor die Geldanlage
in Wertpapiere, wenn sie sich in Wirtschaftsfragen zu unerfahren fühlen und das Risiko nicht abschätzen
können. Jene, die über ausgewogenes Wirtschaftswissen verfügen, greifen häufiger zu Aktien,
Fonds und Anleihen. Das ist die Kernaussage einer Umfrage, die das Marktforschungsinstitut market im Auftrag der
Wiener Börse durchgeführt hat. Dabei wurde die Attraktivität verschiedener Spar- und Veranlagungsformen
aus dem Blickwinkel der österreichischen Bevölkerung ausgelotet.
Während 53 % der Befragten ihr Wirtschaftswissen kritisch beurteilen, wird der Standort Österreich von
83 % als sehr gut bzw. gut befunden. Traditionell veranlagen die Österreicher stark in renditeschwachen Anlageformen
wie Sparbuch (72 %) oder Bausparen (59 %). Ein Fünftel gibt an, Investmentfonds (21 %) oder Aktien (19 %)
für die Geldanlage zu nutzen. Laut IMAS beläuft sich die tatsächliche Aktienquote in Österreich
jedoch nur auf rund 5 %. Diese Diskrepanz weist deutlich auf die Wissensdefizite hin. Die Vorteile von Aktien liegen
für die Befragten in den höheren Renditen (75 %), im selbstständig arbeitenden Geld (73 %) und in
der Vorsorge für die Pension (55 %).
Die Befragten entscheiden sich gegen ein aktienbasiertes Finanzprodukt, wenn ein zu hohes Risiko vermutet oder
ein Informationsmangel gespürt wird. Um Aktien-Investments stärker in Betracht zu ziehen, müsste
laut Umfrage an folgenden drei Schrauben gedreht werden: Steuerliche Anreize, verbesserte Beratung sowie stärkerer
Hinweis auf Österreich-Produkte. Bei einer Reduktion der Aktienbesteuerung würde die Bereitschaft zum
Ankauf von Aktien massiv ansteigen: 86 % der Befragten würden „sicher“ oder „eher schon“ in Wertpapiere investieren.
Heimische Aktien und eine Beteiligung am Arbeitgeber wären dann laut Umfrage besonders nachgefragt. „Von einer
Stärkung der heimischen Aktionärsbasis würden der Finanzstandort Österreich ebenso wie die
heimischen Leitbetriebe profitieren. Aktuell veranlagen hauptsächlich internationale Investoren in österreichische
Unternehmen. Das ist ein großes Kompliment, aber bedeutet natürlich auch Wohlstandsexport“, sagt Börsenvorstand
Christoph Boschan, der die Umfrage heute gemeinsam mit Marktforscher David Pfarrhofer in Wien vorstellte.
Auch Immobilien sind nach wie vor eine beliebte Anlagenform. „Dabei macht ein Aktienfonds deutlich weniger Arbeit
als Betongold“, sagt Boschan. „Aktien lassen sich leichter streuen und auch mit geringerem Budget erwerben. Zudem
kann man auch mit Aktien und Aktienfonds einen Immobilien-Fokus setzen. Klar ist: Investieren ist ein Marathon,
kein Sprint. Je früher man mit dem Anlegen beginnt, umso mehr profitiert man. Auch kleine Beträge reichen
da schon.“ Bei einem monatlichen Betrag von 50 Euro, über 45 Jahre in passiven Investmentfonds (ETFs) angespart,
ergibt sich bei einer Rendite von 7 % durch den Zinseszins-Effekt ein Gesamtbetrag von rund 200.000 Euro (statt
27.000 Euro).
Für den Börsenchef ist klar: „Wir müssen noch intensiver an der Finanzbildung von Jung und Alt arbeiten.
Als Börse liefern wir hier mit 350 Seminaren im Jahr einen Beitrag, aber der Staat müsste Wirtschafts-Know-How
grundsätzlich stärker in der Schule verankern und das Wissen auch überprüfen. Teilhaben am
technologischen Fortschritt sollten die Menschen nicht nur als Konsumenten, sondern am besten auch als Teilhaber
der Unternehmen die hohe Gewinne erwirtschaften.“
Die Politik ist auch gefordert, wenn es um steuerliche Anreize geht – hier wären die Gleichbehandlung von
Kapitalerträgen oder die Wiedereinführung der Behaltefrist erste Schritte. „Wir brauchen einen starken
Standort Österreich. Ein lebendiger Finanzmarkt mit einer guten Aktienkultur stärkt die heimischen Unternehmen
ebenso wie die Geldbörse von Herrn und Frau Österreicher. Das muss unser gemeinsames Ziel sein“, schließt
Christoph Boschan.
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