Creditreform Privatinsolvenzstatistik, 1. bis 3. Quartal 2018: Privatkonkurse klettern auf
Allzeithoch
Wien (creditreform) - Die Zahlen der Creditreform Privatinsolvenzstatistik für das 1. bis 3. Quartal
2018 zeigen einen weiteren massiven Anstieg bei den Insolvenzen von Privatpersonen um knapp 55% auf ca. 8.800 Verfahren.
Noch nie gab es seit Einführung des Privatinsolvenzrechts 1995 mehr Insolvenzen in Österreich. Die Anzahl
der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist hierbei um fast 64% auf mehr als 7.800 Verfahren gestiegen,
die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzanträge haben sich auf 926 Fälle erhöht. Hauptursache
für diese Insolvenzwelle ist die seit November 2017 durch eine Gesetzesnovelle ermöglichte schnellere
und erleichterte Entschuldung. Da nun auch viele ehemalige Selbständige diese Möglichkeit in Anspruch
nehmen, ist die Durchschnittsverschuldung auf rund 100.000 Euro angestiegen.
Bundesländervergleich: 13 von 10.000 Erwachsenen sind zahlungsunfähig/überschuldet
Ein Bundesländer-Vergleich zeigt den stärksten Anstieg im Burgenland (+115,6%), gefolgt von Vorarlberg
(+99,6%) und der Steiermark (+91,2%). Den geringsten Anstieg verzeichnete Oberösterreich mit einem Plus von
„nur“ 26,8%. Ein Drittel aller Privatinsolvenzen findet in Wien statt. Die Bundeshauptstadt ist auch Spitzenreiter
bei der absoluten Zahl an Insolvenzen (2.883 Fälle), ebenso bei der relativen Insolvenzbetroffenheit: 21 von
10.000 erwachsene Wiener mußten zum Insolvenzgericht. Österreichweit wurden hingegen 13 von 10.000 Erwachsenen
zahlungsunfähig.
Conclusio 1. bis 3. Quartal 2018 – Ausblick Gesamtjahr 2018
Während im vergangenen Jahr die Privatinsolvenzen auf den niedrigsten Stand seit 2006 zurückgegangen
waren, klettern diese nun auf ein Allzeithoch. Durch die Novellierung der Insolvenzordnung im zurückliegenden
Herbst wurde es für viele Private leichter sich zu entschulden. Die Mindestquote von 10% sowie die Entschuldungsdauer
von sieben Jahren fielen der Reform zum Opfer. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, dass mehr Bürger nach
einem Schuldenschnitt zurück in ihr Konsumentenleben gelangen können. Hauptprofiteure sind gescheiterte
Selbständige mit hohen Verbindlichkeiten, die diese als persönlich Haftende aus ihrer ehemaligen Unternehmenstätigkeit
übernommen haben. Dazu kommen aber viele Privatpersonen, die über kein Erwerbseinkommen oder lediglich
über einen nichtpfändbaren Sozialbezug (AMS, Notstandshilfe) verfügen. Hier stellt sich die Frage,
ob diese Personengruppe nicht schon frühzeitig vor unüberlegten Ausgaben geschützt hätte werden
können. Präventive Maßnahmen erfordern allerdings eine gewisse finanzielle Allgemeinbildung, die
leider noch immer nur selten vorhandenen ist. Besser als ein gesetzlicher Zwang wäre es, den Gläubigern
Möglichkeiten einzuräumen, sich über die Zahlungsfähigkeit und –willigkeit ihrer Kunden ein
umfassendes Bild machen zu können, z.B. durch den Zugang zum Exekutionsregister. Das (berechtigte) Recht auf
Löschung seiner Daten und das Recht auf Vergessen iSd des Datenschutzes schützt aber oft auch die unredlichen
Schuldner (vor unüberlegten Handlungen).
Obwohl für das letzte Quartal mit einer Abflachung des Anstieges zu rechnen ist, erscheint das erstmalige
Überschreiten der 10.000er Marke bei Privatinsolvenzen bis Ende 2018 als so gut wie sicher.
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