Ein neues Christian Doppler Labor an der TU Wien soll einen Beitrag zur nächsten Speicherrevolution
in der Informationstechnologie leisten.
Wien (tu) - All unsere Elektronik beruht darauf, elektrische Ladungsträger an den richtigen Ort zu
bringen. Elektronen bewegen sich durch Computerchips, sie speichern die Information in unseren Flash-Drives, sie
tragen Signale vom Prozessor zur Festplatte. Das soll sich aber nun ändern: In Zukunft sollen magnetische
Speicher die Informationstechnologie prägen. An der TU Wien wird seit Jahren mit großem Erfolg in diesem
Bereich geforscht, nun wird am 12. November 2018 ein neues Christian Doppler Labor eröffnet, das sich der
Entwicklung magnetischer Speichertechnologien widmet. Unterstützt wird es vom Bundesministerium für Digitalisierung
und Wirtschaftsstandort sowie vom Industriepartner Silvaco.
„Dass Speicherbauteile kontinuierlich immer kleiner werden, war und ist eine der treibenden Kräfte der Digitalisierung
“, sagt Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. „Nun
stoßen herkömmliche Technologien an Grenzen der Miniaturisierung und neue Ideen sind gefragt. Das neue
CD-Labor wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten, indem es die Grundlagen möglicher Alternativen erforschen
und das neue Wissen für Unternehmen nutzbar machen wird.“
Auf den Teilchenspin kommt es an
Entscheidend für die neuen Speichertechnologien ist die Tatsache, dass ein Teilchen aus Sicht der Quantenphysik
nicht nur eine elektrische Ladung hat, sondern auch noch über eine weitere wichtige Eigenschaft verfügt
– nämlich über den Spin. Der Spin ist der Eigendrehimpuls des Teilchens, man kann ihn sich ähnlich
vorstellen wie den Drehimpuls eines Balls, der sich um seine eigene Achse dreht.
„Der Spin hängt eng mit Magnetismus zusammen. Er lässt sich mit Magnetfeldern beeinflussen“, sagt Dr.
Viktor Sverdlov vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien, der das neue Christian Doppler Labor leitet.
„Ähnlich wie man Information speichern kann, indem man an bestimmten Punkten unterschiedliche elektrische
Ladung anbringt, kann man auch Information speichern, indem man an bestimmten Punkten für unterschiedlichen
Spin sorgt.“
Sicherer und schneller
Das hat entscheidende Vorteile: So muss heute etwa der Arbeitsspeicher eines Computers hunderte Male pro Sekunde
aufgefrischt werden, damit die Information nicht verlorengeht. Man bezeichnet das als „Memory Refresh“. Deshalb
benötigt man zum bloßen Aufrechterhalten des Speicherinhalts laufend Energie. Bei einem Spin-basierten,
magnetischen Speicher ist das nicht nötig, dort könnte man die Information ohne Refresh speichern.
„Zusätzlich zum Energiespar-Effekt kann das positive Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Geräte
haben“, sagt Viktor Sverdlov. „Man müsste dann zum Beispiel einen Computer nicht mehr mühsam hochfahren,
man könnte seinen Speicherzustand einfach aufbewahren und nach dem Einschalten sofort genau dort weitermachen,
wo man aufgehört hat.“
Ähnliches gilt für Langzeit-Speicher, die wir unkompliziert in der Hosentasche mit uns herumtragen möchten.
Zwar können gewöhnliche USB-Flash-Drives Information ohne Energiezufuhr relativ lange speichern, aber
auch hier würden magnetische, Spin-basierte Systeme für noch mehr Stabilität und Geschwindigkeit
sorgen.
Aufwändige Computersimulationen
Viktor Sverdlov entwickelt mit seinem Team Computersoftware, mit der man grundlegende Fragen dieser neuen Technologien
beantworten kann. Neuartige elektronische Bauteile werden am Computer simuliert, getestet und weiterentwickelt,
die Wechselwirkungen von Spins und magnetischen Feldern werden für verschiedene Materialien in Größenordnungen
von wenigen Nanometern genau untersucht. „Wir haben schon sehr viel Expertise auf diesem Gebiet. Gemeinsam mit
unserem Industriepartner Silvaco werden wir die Forschung über stabile Magnet-Speichertechnologien einen wichtigen
Schritt nach vorne bringen“, sagt Viktor Sverdlov.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende
Wissenschafter_innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit
gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert.
Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
(BMDW).
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