Mehr als ein Jahrzehnt gemeinsam an der Spitze des evangelischen Wien
Wien (epdÖ) – Weit über ein Jahrzehnt haben sie die evangelische Diözese Wien gemeinsam geleitet
– am Sonntag, 18. November, wurden Superintendent Hansjörg Lein und Superintendentialkuratorin Inge Troch
von Bischof Michael Bünker feierlich aus ihren Ämtern entpflichtet. „Miteinander sind es 10050 Tage“,
wie Bünker bei seiner Predigt in der Lutherischen Stadtkirche in Anspielung auf Trochs berufliche Vergangenheit
als Universitätsprofessorin für Mathematik vorrechnete. Sie war 2006 zur Superintendentialkuratorin gewählt
worden, Lein hatte sein Amt bereits 2004 angetreten. Da es zu den zentralen Merkmalen der Evangelischen Kirche
gehöre, „dass Ehren- und Hauptamtliche, Ordinierte und sogenannte Laien, Frauen und Männer gemeinsam
die Leitungsaufgaben wahrnehmen“, sei es nur passend, „wenn wir euch gemeinsam aus euren Aufgaben verabschieden
und davon entpflichten“, betonte Bünker. Er unterstrich besonders die Unterstützung Leins und Trochs
für „jede Gemeinde und Einrichtung der Superintendenz in ihrer Eigenart“ sowie ihre persönlichen Akzente
in der Gesamtkirche, der Ökumene, dem religiösen Miteinander und „der ganzen Gesellschaft in Stadt und
Land.“
In seiner Predigt zum Abschiedsgottesdienst rückte der scheidende Superintendent Lein die Kraft des Wortes
in den Mittelpunkt, die vor allem für die Kirchen der Reformation von besonderer Bedeutung sei: „Worte haben
ein enorme Kraft, von ihnen geht Großes und Bedeutsames aus, sie bewirken positive Nachdenkprozesse und Veränderungen,
ja Revolutionen, aber auch Kriege und Völkermord.“ Da die gremiale Struktur der Kirche oftmals zu „Wortklaubereien“
über Ordnungen und Gesetze verleite, sei eine Rückkehr zum Wort der Bibel und damit zum „Wesentlichen“
notwendig. Aber auch gesamtgesellschaftlich forderte Lein ein Umdenken in Sachen Sprache: „Seit Jahren erleben
wir eine eklatante und inakzeptable Verrohung der Sprache. Was dringend nötig erscheint sind neben Deutschkursen
auch Kurse in humaner Sprache für Politiker!“ Für alle aber gelte: „Achten wir, bewahren wir, beschützen
wir die Wörter vor populistischem Missbrauch und Umdeutung durch die Werbung.“
Am feierlichen Entpflichtungsgottesdienst mitgewirkt haben mehrere VertreterInnen und MitarbeiterInnen unterschiedlicher
Arbeitsfelder der Evangelischen Kirche in Wien. Segensworte sprachen Senior Michael Wolf, Trochs Nachfolgerin als
Superintendentialkuratorin Petra Mandl, der Geschäftsführer der Diakonie Bildung, Michael Chalupka, Gabriele
Umek von der Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge, Pfarrerin Marianne Fliegenschnee und Eva Balasch, Mitarbeiterin
in der Superintendentur. Seitens der römisch-katholischen Kirche überbrachten Weihbischof Franz Scharl
und Bischofsvikar Dariusz Schutzki Segenswünsche. Musikalisch gestalteten den Gottesdienst der Kinderchor
der Johann Sebastian Bach-Musikschule und ein Bläserquartett, an der Orgel war Diözesankantorin Yasuko
Yamamoto zu hören.
Beim anschließenden Empfang im Palais Niederösterreich dankte Synodenpräsident Peter Krömer
namens der Evangelischen Kirche in Österreich für Leins und Trochs „jahrelange treue Tätigkeit“.
Besonderer Dank gebühre dabei auch Leins Frau Johanna. Ihre scheidende Wiener Amtskollegin Inge Troch beschrieb
die niederösterreichische Superintendentialkuratorin Gisela Malekpour beim Empfang als „Inbegriff einer analytisch
denkenden Frau, die in absoluter Ruhe zuhört und mit großer Wertschätzung und Respekt ihrem Gegenüber
begegnet.“
Der dienstälteste Kollege im Amt des Superintendenten, Manfred Sauer, würdigte Leins Begabung als Seelsorger,
der nicht nur zuhören könne sondern auch „Gespür für Wesentliches“ mitbringe und als Teamplayer
immer auch „auf die Schwächsten geschaut“ habe. Das ökumenische Engagement Leins unterstrichen der methodistische
Superintendent Stefan Schröckenfuchs und der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen
Rates der Kirchen in Österreich, Thomas Hennefeld. „Die innerevangelische Zusammenarbeit war für Hansjörg
Lein immer selbstverständlich“, erinnerte Schröckenfuchs, und Hennefeld sagte zu Lein: „Ökumene
hat zu Deinem Amtsverständnis dazugehört wie das Amen im Gebet.“
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