LTP Sonderegger und LH Wallner bei Bürgerdialog im Landhaus
Brüssel/Wien/Bregenz (vlk) - Wie stark der Wille der Bevölkerung ist, sich an "unserem"
Europa zu beteiligen, zeigte sich am 15. November beim Bürgerdialog zur Zukunft der EU, zu dem Landtagspräsident
Harald Sonderegger gemeinsam mit Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen,
und Andrä Rupprechter, Sonderberater für die EU-Ratspräsidentschaft in Wien, eingeladen hatten.
Über 100 Bürgerinnen und Bürger jeden Alters diskutierten lebhaft mit und tauschten sich mit anwesenden
Politikern aller europäischen Ebenen aus.
Der Bürgerdialog – im Vorfeld der Subsidiaritätskonferenz des Bundeskanzleramtes anlässlich der
österreichischen EU-Ratspräsidentschaft – hatte ein klares Ziel: Der Bevölkerung eine Chance zu
bieten, in der Diskussion zur Zukunft der EU zu Wort zu kommen. Das heißt, ihre Ideen, Wünsche und Anliegen
zur Zukunft der EU im Rahmen einer Diskussion mit Politikern und Experten aller europäischen Ebenen vorzubringen.
Diese Chance wurde rege genutzt: Die Teilnehmenden im bis zum letzten Platz gefüllten Montfortsaal brachten
sich über Wortmeldungen und Votings ein, die Ergebnisse wurden live präsentiert. Als Impulse für
den Dialog dienten klare Statements der Politiker und Experten, die verschiedenste Blickwinkel auf die Zukunft
der EU offenbarten. Die Kernfragen lauteten: Wie geht es weiter mit der EU? Wo liegen die großen Herausforderungen,
wo die Lösungen?
Landeshauptmann Markus Wallner plädierte mit Blick auf die künftige Entwicklung der Europäischen
Union für eine noch stärkere Einbindung und Mitwirkung der Regionen, weil diese wesentlich effizienter
als Nationalstaaten oder die EU in der Lage wären, die grenzüberschreitende, europäische Zusammenarbeit
voranzutreiben. In dem Zusammenhang erinnerte er an die aktive und engagierte Rolle Vorarlbergs in Europa – etwa
als Mitglied der Internationalen Bodensee Konferenz (IBK) oder der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE Alp).
"Durch ein Mehr an Eigenverantwortung für die Länder und Regionen gelangen wir zu einem Europa,
das nationale Gegensätze überwindet, gleichzeitig aber den kleineren Einheiten und Regionen mehr Spielräume
zur Entfaltung lässt", skizzierte der Landeshauptmann eine vielversprechende Perspektive für den
Kontinent. Von den Regionen im Bodensee- und Alpenraum werde jedenfalls vorgelebt, wie erfolgreiche Zusammenarbeit
funktioniert, stellte Wallner klar.
"Eine zukunftstaugliche Europäische Union zu haben, die weiterhin Frieden, Wohlstand und Zusammenhalt
in Europa gewährleisten kann, das muss unser aller Ziel sein", bestätigte Landtagspräsident
Harald Sonderegger. Als Vertreter des Landesparlaments hielt er fest, dass alle im Vorarlberger Landtag vertretenen
Fraktionen eindeutig pro-europäisch ausgerichtet sind. Klar sei, es brauche die EU, es brauche ein gemeinsames
Europa mit einer starken Stimme. Es sei aber auch "gut und richtig, konstruktive Kritik zu üben und nachzujustieren".
Konkreter Wunsch aus Sicht der legislativen, regionalen Ebene, so Sonderegger: Der verbesserte Austausch und eine
wertschätzende Beziehung zwischen der EU und den Regionen. Die regionale Ebene sage ganz klar "Ja"
zu Europa, hielt der Landtagspräsident unmissverständlich fest: "Aber aus unserer Perspektive wird
weder ein generelles 'Mehr' noch ein generelles 'Weniger' an Europa, noch eine Fortsetzung des Status quo die Lösung
für Europa sein. Vielmehr benötigt Europa unserer Meinung nach ein differenziertes Szenario, das sich
konsequent am Subsidiaritätsprinzip orientiert und dessen Regelungen echten Mehrwert schaffen. Unser Europa
muss auf die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen eingehen und damit nahe an den Menschen sein. Es soll vor
allem ein Europa sein, das verständlich und nachvollziehbar agiert."
Karl-Heinz Lambertz, Präsident des AdR, hielt fest: "Ein neuer Schub für eine bürgernahe Europäische
Union kann nur aus den Städten und Regionen kommen. Europa kann nicht von oben aufgesetzt werden, ohne die
Einbindung der Bürgerinnen und Bürger und ohne der lokalen und regionalen Vielfalt Beachtung zu schenken.
Die regionale Ebene muss an der europäischen Politik beteiligt werden, aber nicht nur als diejenige, die sie
umsetzt, sondern auch bei der Planung. Wir müssen ein in sich greifendes Gemeinwesen in Europa entwickeln,
das es erlaubt, die Politik dort zu gestalten, wo sie den größten Mehrwert für die Bürgerinnen
und Bürger erzielen kann, sei es auf lokaler, regionaler, nationaler oder europäischer Ebene."
Bundeskanzler Sebastian Kurz führte in seinem Statement aus: "Wir brauchen ein Europa, das sich den großen
Fragen widmet. Nationalstaaten sowie Regionen sollen Bereiche überlassen werden, die diese selbst besser regeln
können. So wird die Vielfalt, die wir in der Europäischen Union kennen und schätzen, auch weiterhin
unsere Stärke bleiben."
Andrä Rupprechter, Sonderberater für die EU-Ratspräsidentschaft in Wien, betonte: "Subsidiarität
soll eine effektive Zusammenarbeit der verschiedenen demokratisch legitimierten Ebenen in der EU garantieren. In
vielen Bereichen überschneiden sich die Kompetenzen von Gemeinden, Regionen, Staaten und Union und es muss
geklärt werden, wie am effizientesten gehandelt wird. Insofern ist das Subsidiaritätsprinzip ein Bauprinzip
der repräsentativen Demokratie in der EU. In den EU-Verträgen ist aber auch die Bürgernähe
verankert und daher ist die direkte Beteiligung der Bürger an der europäischen Politikgestaltung, wie
im heutigen Bürgerdialog, genauso wichtig."
"Mit geeinten Kräften die Zukunft meistern – echte Souveränität kann nur europäisch sein!",
lautet die Kernaussage des Statements von Alexander Winterstein, stellvertretender Chefsprecher der EU-Kommission.
Florian Kasseroler, Bürgermeister von Nenzing und EU-Gemeinderat, befasste sich in seinem Beitrag mit dem
kommunalen Blickwinkel: "Ganz am Schluss verdichten sich die meisten europäischen Herausforderungen auch
in den Kommunen und auf den Schreibtischen der Bürgermeister. Die EU tut also gut daran, diese Stimmen besonders
zu hören."
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