Prag/Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz im Landhaus in Linz informierte Landesrat Rudi Anschober gemeinsam
mit dem Antiatom-Beauftragter des Landes OÖ, DI Dalibor Strasky, am 13. November über eine Vorentscheidung
in Tschechien über die Frage eines raschen Neubaus weiterer Atomkraftwerke.
Noch im Juni diesen Jahres wurde durch die tschechische Regierung ein detaillierter Fahrplan für den Ausbau
der Atomkraft beschlossen, nun wendet sich das Blatt. Aktuelle Aussagen von Regierungschef und Industrieministerin
lassen aufhorchen: Die für Ende dieses Jahres angekündigte Entscheidung über Bau und Finanzierung
der neuen AKW-Blöcke könne verschoben werden.
Ministerpräsident Babiš spricht über eine notwendige Aktualisierung des Energiekonzeptes aufgrund der
raschen Entwicklung am europäischen Energiemarkt. Das bedeutet eine Absage an einen Weiterbau von Dukovany
und Temelin für die nächsten Jahre. Damit geht ein erster Teil der oberösterreichischen Strategie
auf, die Atomenergie unwirtschaftlich zu machen.
Mit der Unfinanzierbarkeit neuer AKW rückt allerdings ein neues Thema in den Fokus: Laufzeitverlängerungen
für die Altreaktoren.
"Jetzt müssen auch drohende Laufzeitverlängerungen gestoppt werden. Die von mir gegründet "Allianz
der Regionen" fordert eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung bei Laufzeitverlängerungen
und eine maximale Laufzeit. Gemeinsame Schritte werden mit einer großen internationalen Studie über
die Gefahren von Laufzeitverlängerungen gesetzt", so LR Anschober, der an die Bundesregierung appelliert,
in dieser Schlüsselfrage Oberösterreich stärker zu unterstützen.
Aktuelle Aussagen von Regierungschef und Industrieministerin lassen aufhorchen
"Die Entscheidung über den Bau neuer AKW-Blöcke kann verschoben werden. Wir sollten uns nicht
unter Druck seitens verschiedener Interessensgruppierungen setzen lassen", gibt Industrieministerin Nováková
kürzlich bekannt. Prämier Babiš hat bestätigt indessen, dass er diese Variante mit Vertretern des
AKW-Betreibers CEZ auch bereits diskutiert hat.
Andererseits tauchen in der Diskussion wieder Überlegungen auf, die Blöcke im AKW Dukovany sollten bzw.
könnten noch länger betrieben werden - um weitere 10 Jahre, also bis 2045-47. Dies ist auch im Energiekonzept
vorgesehen.
In nachfolgenden Gesprächen, einschließlich einer Anfrage im Abgeordnetenhaus, hat Regierungsvorsitzender
Babiš auch die Notwendigkeit der Aktualisierung des Energiekonzeptes erwähnt. Mit der Begründung, dass
sich der Energiebereich in Europa sehr schnell entwickeln würde.
Allianz der Regionen: Jetzt müssen Laufzeitverlängerungen gestoppt werden
In der EU werden noch 125 Reaktoren betrieben, die ein Durchschnittsalter von 33,4 Jahren erreicht haben. Aufgrund
der völligen Unwirtschaftlichkeit zielen die AKW- Betreiber nun vermehrt auf gefährliche Laufzeitverlängerungen
der Alt-Reaktoren ab. Dies birgt ein hohes Risiko, da die Anlagen dafür nicht ausgelegt sind und teilweise
auch bereits Leistungserhöhungen durchgeführt wurden. Die AKW wurden in den 1970er Jahren bis auf wenige
Ausnahmen (z.B. Krsko 40 Jahre) für eine Betriebsdauer von 30 Jahren konzipiert.
Die von LR Anschober mitgegründete Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg hat neben
einem Nein zu staatlichen Subventionen für Neubauprojekte auch klare Regeln für eine Begrenzung der AKW-Laufzeiten
zum Ziel. "Es braucht hier klare, verlässliche und sichere EU-weite Regeln", so Anschober.
Die Forderungen sind:
- verpflichtende grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen
(UVP) bei Anträgen auf Laufzeitverlängerungen und
- eine Begrenzung von Laufzeiten durch eine Höchstgrenze
von 40 Jahren für Atomkraftwerke in der EU.
- Wie dringlich einheitliche Regelungen gefordert sind, zeigen
folgende Beispiele:
- In Finnland wurde die Laufzeitverlängerung der ältesten
Blöcke Olkiluoto 1 und 2 um 20 Jahre von der Aufsichtsbehörde genehmigt.
- Das niederländische AKW Borssele (45 Jahre) soll bis
2033 im Betrieb bleiben.
- Die weltweit ältesten Reaktoren in der Schweiz (durchschnittliches
Alter von 43,2 Jahren) können so lange betrieben werden, wie es sicher ist.
- Bulgarien unternimmt in Kozloduj Nachrüstungsmaßnahmen
mit dem Ziel, die Reaktoren 60 Jahre zu betreiben.
- Die zwei AKW Blöcke VVER-440 in Jaslovské Bohunice
in der Slowakei verfügen über unbegrenzte Genehmigung, ähnlich wie im Kernkraftwerk Dukovany.
Um die Thematik der Gefahr durch Altreaktoren und Laufzeitverlängerungen aktiv anzugehen, hat die Allianz
der Regionen bei ihrem letzten Treffen im September in Linz Planungen für eine gemeinsame internationale Studie
über die Gefahren von Laufzeitverlängerungen beschlossen.
|