Von 21. Juni - 21. Juli 2019
Graz (styriarte) - Wir wissen alle, dass die Welt sich beständig ändert. Unsere Umgebung verändert
sich, unser Leben verändert sich, wir verändern uns. Unablässig und unaufhörlich. Und oft ist
uns das gar nicht recht. Weil wir gerne alles so behalten würden, wie es einmal war. Damit wir uns auskennen,
damit wir uns sicher sind und uns weniger sorgen müssen. Das sind natürlich Illusionen, und gefährliche
dazu, denn wir haben sehr wenig Einfluss auf die Verwandlungen, denen wir unterliegen. Das war schon den Menschen
in der Antike klar, und sie taten, was die Menschheit seither auszeichnet: den Gang der Welt in Bilder und Geschichten
fassen, in Glauben und Kunst, um ihm so einen Sinn zu verleihen.
Eines der wichtigsten Kunstwerke der Geschichte, das über zweitausend Jahre bis heute immer wieder gelesen,
immer neu erzählt wird, macht die Wandelbarkeit der Welt zu ihrem Hauptthema: die „Metamorphosen“ von Ovid,
seine „Verwandlungen“. Der römische Dichter erzählt darin nicht weniger als die ganze, vollständige
Welthistorie, von der Schöpfung aus dem Chaos bis hin zur Gegenwart seines eigenen Lebens. Und er erzählt
so bildreich, so voller Geschichten, dass wir bis heute immer neu davon betört werden: von Jupiter, der sich
in einen Schwan verwandelte, um die schöne Leda zu verführen, von Daphne, die zu einem Lorbeerbaum wurde,
um den Nachstellungen Apolls zu entkommen, von Midas, dem alles, was er berührte, zu Gold geriet. Generationen
von Künstlern haben sich von diesen Verwandlungen inspirieren lassen und haben sie immer wieder neu erzählt,
auf Leinwände gemalt, in Stein gehauen und natürlich in Musik gesetzt. Und genau diesen Leitfaden greift
die styriarte in ihrer Ausgabe 2019 auf, und sie wird dadurch selbst VERWANDELT.
Natürlich sind Ovids Metamorphosen besonders für die bildersatte und geschichtensüchtige Welt des
Barock immer wieder Quelle für neue Interpretationen. Da nimmt es nicht Wunder, dass am Wiener Kaiserhof Johann
Joseph Fux die poetische Geschichte der Daphne vertont. Mit diesem Stoff setzt die styriarte 2019 ihr Fux.OPERNFEST
fort: als ein Fest im Wortsinn, das die Oper sinnlich in ihren ursprünglichen Rahmen aus Festlichkeit und
Unterhaltung stellt. Und ob auf den Spuren von Venus und Adonis in Schloss Eggenberg oder von Diana und Actaeon
auf der Jagd, ob bei Picknicken oder auf Landpartien – die styriarte folgt 2019 noch stärker ihrem Anspruch,
neue Formate zur Präsentation von Musik zu entwickeln, die deren Botschaften und Absichten unmittelbar erlebbar
machen.
Aber Ovid war natürlich nicht der Einzige, der Verwandlungen zum Thema machte. Märchen und Sagen sind
voller Geschichten, die den Zustand der Welt bildhaft erklären wollen, und die styriarte folgt ihnen in Wort
und Ton. Und auch die Musik an sich kennt den Begriff der Verwandlung, weshalb die styriarte eines der bedeutendsten
Variationswerke der Musikgeschichte präsentiert: Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen. So fügt
sich ein Festival voller Geschichten und Musik, das sicher jeden unserer Gäste verwandelt zurücklässt.
|