BundesrätInnen treffen EU-Kommissar Günther Oettinger zu Arbeitsgespräch im
Parlament
Brüssel/Wien (pk) – EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hält weiterhin an einer Einigung
für das EU-Budget 2021-2027 bis vor der Europawahl fest. Nach wie vor sieht er die Chance, dass die Zeit bis
zum Frühjahr 2019 reicht, um den gesamten Entwurf bzw. wichtige Teilprogramme noch vor der Europawahl unter
Dach und Fach zu bringen, wie der Kommissar am 22. November bei einem Arbeitsgespräch mit BundesrätInnen
im Parlament sagte. Er hofft, dass der Mehrjährige Finanzzahmen im Europäischen Rat Mitte Dezember ganz
vorne auf der Tagesordnung steht. Ein Abschluss mit Ende 2020 müsse jedenfalls vermieden werden, es gehe vor
allem um Klarheit und Rechtssicherheit für die nächsten sieben Jahre.
Was mögliche höhere Nettobeiträge durch den Brexit betrifft, verwies Oettinger an den gesamtwirtschaftlichen
Nutzen Österreichs etwa durch die Stärkung strukturschwacher Regionen in Nachbarländern wie Kroatien,
Slowenien oder der Slowakei. So gesehen sei Österreich gar kein Nettozahler, meinte der Kommissar. "Uns
ist bewusst, was wir von diesem Europa haben", sagte dazu der Obmann des EU-Ausschusses des Bundesrats Christian
Buchmann. Der volkswirtschaftliche Nutzen würde Österreichs Nettozahlungen letztlich in der Tat übersteigen.
Mehr Geld für Forschung, Jugendliche und Grenzschutz
Ein Entwurf für den künftigen EU-Finanzrahmen liegt seit Mai auf dem Tisch. Er soll auf 1.279 Mrd.
€ aufgestockt werden und mehr Geld für Forschung, Erasmus+, Digitales, Verteidigung und Grenzschutz vorsehen.
Dass es mehr finanzielle Mittel für Jugendliche, Forschung und Entwicklung geben soll, wurde insbesondere
von Buchmann positiv bewertet. "Für die jungen Menschen ist Europa selbstverständlich geworden",
meinte er, darin noch stärker zu investieren, sei der beste Schritt.
In den letzten Jahren seien neue Aufgaben hinzugekommen, so Oettinger, das Plus in der Forschung liege u.a. daran,
dass kein europäisches Unternehmen alleine gegenüber Google oder Amazon stark genug sei. Außerdem
will man u.a. vermehrt in das Programm "Connecting Europe Facility" setzen, ein Programm für transeuropäische
Netze für die Energie-, Transport- und Breitbandinfrastruktur. Im Bereich der Informationstechnologie gehe
es aber um kein Wettrüsten. Er wolle Wettbewerbsfähigkeit, aber keine IT-Autarkie etwa gegenüber
den USA oder China.
Was das Plus für den Grenzschutz oder die Sicherheit bzw. Verteidigung betrifft, sagte der Kommissar, dass
Dublin ursprünglich mit rund 30.000 zu erwartenden MigrantInnen und Flüchtlingen beschlossen wurde, nunmehr
aber Länder wie Griechenland, Italien oder Zypern überfordert seien. Der europäische Außengrenzschutz
soll verstärkt werden und die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX auf 10.000 Kräfte ausgebaut werden. Vorstellen
kann sich Oettinger zudem ein europäisches FBI, auch gebe es etwa im Vergleich zur USA in der EU eine schlechte
militärische Infrastruktur.
Ein weiterer wichtiger Posten ist für Oettinger die Entwicklungshilfe in Afrika. Den Menschen dort soll mit
europäischen Mitteln vor Ort eine Perspektive gegeben werden. "Damit sie erst gar nicht auf die Idee
kommen, von dort wegzugehen. Wir müssen uns auch in unserem Interesse um Afrika kümmern", so der
Kommissar, dazu brauche es einen gesamteuropäischen Auftritt.
Den Bedenken von Monika Mühlwerth (FPÖ) gegenüber mehr Entwicklungshilfegeldern für Afrika,
die aus Sicht der Bundesrätin größtenteils in die Taschen von Machthabern fließen, entgegnete
Oettinger, dass die finanziellen Mittel vor Ort direkt an die Hilfs-Projekte gehen.
BundesrätInnen besorgt über Zukunft der Landwirtschaft
Gespart werden soll in der Landwirtschaft sowie bei Geldern für die ländliche Entwicklung. Mit ins Gewicht
fällt diesmal der Brexit, womit die EU mit Großbritannien einen Nettozahler verliert. Dadurch entstehe
eine Lücke, die zur einen Hälfte nur mit Kürzungen und zur anderen Hälfte mit höheren
Einzahlungen geschlossen werden könne. Man komme um "maßvolle" Kürzungen in den beiden
großen Säulen nicht herum, meinte Oettinger zu den BundesrätInnen Eduard Köck, Andrea Wagner,
Silvester Gfrerer (alle ÖVP) und Hubert Koller (SPÖ), die große Besorgnis äußerten,
wenn es um die Zukunft der Landwirtschaft geht. "Wir haben einen Hektarbetrag, den wir um knapp 5% kürzen
wollen", so der EU-Kommissar. Er schließt allerdings nicht aus, dass die geplanten Kürzungen "auf
der Wegstrecke" noch verkleinert werden. Jedenfalls soll es bei Direktzahlungen einen Deckel für Betriebe
über 100.000 Hektar geben.
Köck und Wagner machten auf die immer größer werdenden Herausforderungen für BäuerInnen
im Zusammenhang mit dem Klimawandel aufmerksam. Mehr Geld für Migration und Sicherheit seien wichtig, es sehe
allerdings so aus, als ob die BäuerInnen letztendlich den Preis dafür zahlen müssten, so Köck,
der einen Fonds für Klimageschädigte im EU-Haushalt vermisst. Hier meinte Oettinger, dass rund 10% der
Forschungsmittel in den Agrarbereich fließen sollen.
Zur Kritik von Bundesrätin Wagner, dass in der Landwirtschaft, nicht aber im Verwaltungsbereich gekürzt
werde, sagte der Kommissar, dass die Kommission dort einspare, wo sie könne. "Ich kann nicht einfach
Posten streichen, nur weil die Briten gehen", so Oettinger, auch nach dem Brexit würden Politikbereiche
gleichermaßen notwendig und wichtig bleiben. Außerdem sei es nicht richtig, dass im Verwaltungsbereich
nicht gespart werde, in den letzten Jahren wären jährlich rund 1% eingespart oder Gehaltsanpassungen
teilweise ausgesetzt worden. Zudem betrage der Verwaltungsbereich nur knapp 7% aller EU-Ausgaben.
Seitens des Bundesrats nahmen neben dem Obmann des EU-Ausschusses Christian Buchmann, Eduard Köck, Andrea
Wagner, Silvester Gfrerer (alle ÖVP), Hubert Koller (SPÖ), Monika Mühlwerth, Georg Schuster, Christian
Steiner sowie Gottfried Sperl (alle FPÖ) am Arbeitsgespräch mit Kommissar Oettinger teil.
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