Köstinger sieht "kleinen Lichtblick" für die Land- und Forstwirtschaft
Wien (pk) - Vor dem Hintergrund bereits zum zweiten Mal in Folge steigender Einkommen in der österreichischen
Land- und Forstwirtschaft debattierte der Nationalrat am 22. November über den Grünen Bericht 2018.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger sprach von einem "kleinen Lichtblick", schränkte allerdings
ein, man liege trotz des Zuwachses immer noch hinter den Jahren 2011 und 2012 zurück. ÖVP und FPÖ
brachen einmal mehr eine Lanze für die bäuerlichen Familienbetriebe, während die SPÖ ebenso
wie der Parlamentsklub JETZT mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den landwirtschaftlichen Förderungen einmahnte.
Die NEOS wiederum drängten auf eine Abkehr von der im internationalen Vergleich hohen Flächenversiegelung.
Konkret weist der Grüne Bericht für das Jahr 2017 Einkommenszuwächse der land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe von 14% aus, wobei sämtliche Betriebsformen mit Ausnahme der Mehrfruchtbetriebe von der positiven
Entwicklung profitiert haben. Begründet wird das Plus vor allem durch die Erholung bei den Milchpreisen, höhere
Getreide- und Schweinefleischpreise sowie eine gute Weinernte und Steigerungen beim Holzeinschlag.
ÖVP sieht "keinen Grund zum Jubeln"
Georg Strasser (ÖVP) meinte, die Steigerung sei eine gute Nachricht, aber lange noch kein Grund zum Jubeln,
zumal man bei den Einkommen bloß auf dem Niveau des Jahres 2010 liege. Ziel der Landwirtschaftspolitik müsse
die Erhaltung von zukunftsfähigen, kostendeckend und erfolgreich wirtschaftenden Betrieben sein. Auch Strassers
Fraktionskollege Klaus Lindinger sieht im Einkommensplus von 14% keinen Anlass zu Euphorie, zeige doch eine mittel-
und langfristige Betrachtung bloß eine sehr geringe Steigerung. Er hob die Bedeutung der Förderung der
JunglandwirtInnen, der Zahlungen aus dem Umweltprogramm sowie insgesamt der zweiten Säule der GAP hervor und
betonte, Österreich werde sich bei den Verhandlungen über die nächste Förderperiode intensiv
für seine LandwirtInnen einsetzen und "jeden Cent aus Brüssel abholen". Nikolaus Berlakovich
(ÖVP) wies auf den zunehmenden Einfluss des Klimawandels auf die bäuerlichen Einkommen hin und leitete
daraus die Notwendigkeit der Förderung von Elementarversicherungen als Katastrophenvorsorge für die landwirtschaftlichen
Betriebe ab.
Die Landwirtschaft stehe aufgrund des Klimawandels, aber auch als Folge der Billigimporte massiv unter Druck, bestätigte
Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die es aber als erfreulich bezeichnete, dass die Einkommenssteigerungen
in den Bergbauerngebieten über dem Durchschnitt lagen.
FPÖ warnt vor weiterem Bauernsterben
Für FPÖ-Mandatar Josef Riemer geht es in erster Linie um die Bewahrung des Bauernstandes. "Wenn
der Bauer stirbt, dann stirbt auch das Land", warnte er und gab zu bedenken, seit dem EU-Beitritt habe Österreich
rund 77.000 landwirtschaftliche Betriebe verloren. Der ländliche Raum könne nur dann am Leben bleiben,
wenn es gelingt, die Einkommen in den landwirtschaftlichen Familienbetrieben zu erhöhen, pflichtete ihm Gerald
Hauser (FPÖ) bei. Maximilian Linder (FPÖ) wiederum nahm die Debatte zum Anlass, die Bedeutung der Wildbach-
und Lawinenverbauung hervorzuheben.
SPÖ will mehr Verteilungsgerechtigkeit und weniger Pestizideinsatz
SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner stellte fest, keine Berufsgruppe habe ähnlich hohe Einkommenszuwächse
erzielt wie die Landwirtschaft – eine Darstellung, die ÖVP-Abgeordneter Franz Eßl unter Hinweis auf
die massiven Einkommenseinbußen in den Jahren 2013 bis 2015 als "Populismus" zurückwies. Preiner
beklagte insbesondere eine Schieflage zugunsten der Großbetriebe bei den Förderungen und forderte mehr
Verteilungsgerechtigkeit, vor allem in Richtung der Nebenerwerbslandwirtschaft sowie der Bergbauernbetriebe in
der höchsten Erschwernisstufe. Nicht durchsetzen konnte er sich mit einem Entschließungsantrag, der
einen Appell an die Bundesregierung enthielt, sich bei den kommenden GAP-Verhandlungen für eine Deckelung
der Direktzahlungen mit 25.000 pro Betrieb, eine Koppelung der Förderungen an einen möglichst geringen
Pestizideinsatz sowie eine verstärkte Möglichkeit der Umschichtung der Mittel in Richtung des ländlichen
Raums einzusetzen.
Petra Wimmer (SPÖ) plädierte für eine ganzheitliche Förderung der ländlichen Regionen
und meinte, die Gelder aus der zweiten Säule der GAP sollten stärker zum Aufschwung des ländlichen
Raums beitragen, dies vor allem, um für junge Familien das Leben am Land attraktiver zu machen und der Abwanderung
entgegenzuwirken. Wichtig seien daher vor allem Investitionen in eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur – von
der Kinderbetreuung bis zur ärztlichen Versorgung. Cornelia Ecker (SPÖ) wandte sich mit Nachdruck gegen
den Einsatz von Pestiziden und drängte auf ein Verbot von Glyphosat. "Wir müssen in Alternativen
zur chemischen Keule investieren", bekräftigte die fraktionslose Abgeordnete Martha Bißmann und
stellte die Forderung nach einer Agrarforschungsmilliarde in den Raum.
NEOS thematisieren Bodenversiegelung
Michael Bernhard (NEOS) kritisierte das hohe Ausmaß an Flächenversiegelung und gab zu bedenken, die
heute verlorenen Böden seien 100 Jahre lang nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar. Auch führe die Versiegelung
zu Artensterben und verstärkten Auswirkungen auf das Klima, warnte er und forderte ein Umdenken seitens der
Politik.
JETZT für "Klasse statt Masse" in der agrarischen Produktion
Pestizide, Düngemittel und Bodenversiegelung legen auch für Wolfgang Zinggl (JETZT) akuten Handlungsbedarf
der Politik nahe. Er bemängelte überdies, Österreich und die EU würden die Großbetriebe
zu Lasten der kleinen LandwirtInnen überproportional stark fördern. Dies sei umso problematischer, da
gerade die Kleinbetriebe auf Qualität statt Masse in ihrer Produktion setzen. Weiters beklagte Zinggl die
hohen Kosten, die Jahr für Jahr für die Erstellung des Grünen Berichts anfallen.
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