LH Kaiser gibt kommende Woche in Brüssel im Ausschuss der Regionen Stellungnahme ab: „Verhandlungspartner
müssen alles tun, um Schaden von Bevölkerung und Wirtschaft abzuhalten.“
Brüssel/Klagenfurt (lpd) - Der „Brexit“, der vieldiskutierte Austritt Großbritanniens aus der
EU, ist diese Woche auch Thema im Ausschuss der Regionen (AdR) in Brüssel. Kärntens Landeshauptmann Peter
Kaiser wird dort als eines von nur zwei österreichischen unter den insgesamt 350 Mitgliedern eine Stellungnahme
dazu abgeben.
„Beide Seiten, insbesondere Großbritannien müssen das Wohl der Bevölkerungen und der wirtschaftlichen
Zukunft in den Mittelpunkt und vor machtpolitische Überlegungen, die es zwischen Tories und Labour gibt, stellen“,
wird Kaiser seinerseits einen nochmaligen Appell richten. Ein Brexit kenne sowieso nur Verlierer, jetzt gelte es,
den Schaden sowohl für die Bevölkerung in Großbritannien als auch in den verbleibenden 27 EU-Mitgliedsstaaten
so gering wie möglich zu halten.
Am 11. Dezember stimmt das Britische Parlament darüber ab, ob es dem Brexit-Vertrag zustimmt, oder ihn ablehnt.
Davon hängt ab, ob es einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU, mit entsprechenden Übergangsbestimmungen
für Bevölkerungen und Wirtschaft gibt, wie es der Brexit-Vertrag vorsieht, oder ob es einen schmerzhaften
Cut, dessen Folgen vielfach unvorhersehbar sind, gibt. Nicht auszuschließen ist als weitere Variante auch
der Rücktritt von Premierministerin Theresa May, was ebenso unklare Folgen bis hin zu einem neuerlichen Referendum
zeitigen könnte.
„Der 11. Dezember wird zweifellos ein geschichtsträchtiger und wegweisender Tag für ganz Europa“, so
Kaiser. In jedem Fall müssten alle Verantwortungsträger in der EU von der europäischen bis hin zur
regionalen und lokalen Ebene die Lehren aus der Brexit-Diskussion ziehen. „Dass es so weit gekommen ist, ist einer
wachsenden Entfremdung von und Unzufriedenheit mit der EU geschuldet. Die Lösungs- und Friedenssicherungskompetenz
der EU ist leider immer mehr in den Hintergrund getreten, was die EU-Zerstörungsinitiative rechter Populisten,
die das Wohl der Menschen und der EU-Länder in Wahrheit ihren parteipolitischen Eigeninteressen opfern, immer
weiter angefacht hat“, mahnt Kaiser auch im Hinblick auf die EU-Wahl im kommenden Jahr. „Wir müssen in den
Regionen den Menschen deutlich vor Augen führen, dass es keine Alternative zur EU gibt, wenn sie Frieden,
Wohlstand und Sicherheit haben wollen“, so Kaiser. Die Geschlossenheit, die die EU 27 in der Brexit-Frage demonstrieren,
wünscht sich Kaiser von ihnen auch in anderen Entscheidungsfragen wie beispielsweise bei Migration, gerechter
Besteuerung von Großkonzernen wie Apple, Facebook oder Amazon.
Unmittelbar gravierende Auswirkungen sind aus Kärntner Sicht laut Kaiser in keinem der möglichen Brexit-Fälle
zu erwarten. Importen aus Großbritannien nach Kärnten in Höhe von rund 54 Millionen Euro stehen
umgekehrt Exporte von Kärnten in das vereinigte Königreich in Höhe von rund 136 Millionen Euro gegenüber
(Quelle: Außenhandelsstatistik WKK 2017). Aus Kärnten werden hauptsächlich Maschinen und Anlagen
sowie elektrotechnische Geräte und Holzprodukte exportiert. Laut Wirtschaftskammer gibt es derzeit 250 österreichische
Niederlassungen, davon 10 Niederlassungen von Kärntner Firmen in Großbritannien. Im Falle der Annahme
des Brexit-Vertrages und einem damit einhergehenden geordneten Austritts Großbritanniens aus der EU, der
am 29. März 2019 erfolgen wird, soll ab 30. März 2019 bis 31. Dezember 2020 eine Übergangsphase
gelten, in der das Vereinigte Königreich im EU-Binnenmarkt und der Zollunion verbleiben und alle Verpflichtungen
erfüllen muss, aber nicht mehr in den EU-Institutionen vertreten sein wird. Es werden die Rechte der Personen
und deren Familienangehöriger, die bis zum Ende der Übergangsphase im Vereinigten Königreich oder
in der EU leben, geschützt. Das betrifft Aufenthaltsrechte, Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherheit. Sie
können weiter unter denselben Bedingungen leben, arbeiten oder studieren wie vor dem Austritt. Davon sind
rund drei Millionen EU-Bürgerinnen und –Bürger im Vereinigten Königreich und rund 1,5 Millionen
Britinnen und Briten in der EU betroffen.
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