Umweltausschuss debattiert Oppositionsanträge zu Klima- und Energieplan,
Umweltbundesamt, grenznahe Atommülllager und Flächenverbau
Wien (pk) - Die nahende UN-Klimakonferenz in Polen warf am 28. November im Umweltausschuss des Nationalrats
ihre Schatten voraus. Mit welchen Mitteln die Klimaerwärmung eingedämmt werden kann und inwieweit Österreich
seinen Beitrag dazu leistet, darum drehte sich ein guter Teil der Debatte mit Umweltministerin Elisabeth Köstinger.
Die Klima- und Energiestrategie 2030 nannte die Ministerin dabei als wichtigen Schritt zur Erreichung der Pariser
Klimaziele. Aufgeworfen hatte das Thema die SPÖ mit einem Antrag, der auf rasche Erfüllung der klimapolitischen
EU-Vorgaben drängt. SPÖ-Umweltsprecher Klaus Uwe Feichtinger befand wie seine BereichskollegInnen von
NEOS und JETZT, dass die Anstrengungen beim Klimaschutz forciert werden müssten. Die Regierungsfraktionen
ÖVP und FPÖ vertagten die Forderung aber mit dem Hinweis, dass auf die Finalisierung der Strategie im
Jahr 2019 gewartet werde.
Genauso in die Warteschleife geschickt wurden von der Regierungsmehrheit die weiteren Oppositionsanträge der
heutigen Ausschusssitzung. Konkret waren das Initiativen der SPÖ für mehr Einsatz gegen Atommüll-Endlager
nahe der österreichischen Grenze und gegen die Absiedelung des Umweltbundesamts aus Wien, sowie NEOS-Forderungen
nach Eindämmung der Bodenversiegelung und nach einem praktikablen Förderregime für klimaneutrale
Heizungen. Seitens der Opposition wurden die Vertagungen als Hinauszögern der öffentlichen Behandlung
der Anträge im Nationalratsplenum scharf kritisiert.
Opposition sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Erreichung der Klimaziele
Bis Jahresende fordern die SPÖ-Abgeordneten Muna Duzdar und Klaus Uwe Feichtinger von der Bundesregierung
einen Entwurf für den Nationalen Energie- und Klimaplan, wie es in der EU-Verordnung zur Energieunion vorgesehen
sei ( 461/A(E)). Umweltministerin Köstinger hält die SPÖ vor, in der Planerstellung säumig
zu sein, obwohl die darin enthaltenen Selbstverpflichtungen weitreichende Auswirkungen auf die künftige Klimapolitik
hätten. So gebe es bislang keinen Diskussionsprozess mit relevanten Stakeholdern und – wie EU-rechtlich verankert
- mit der Öffentlichkeit.
Den derzeitigen Vorhaben der Regierung, wie der Klima- und Energiestrategie, mangle es an Ambition im Hinblick
auf die Erreichung der Pariser Klimaziele und öffentlicher Teilhabe, kritisierte Robert Laimer (SPÖ).
Pläne wie Tempo 140 auf den Autobahnen würden die Klimaziele konterkarieren und die Maßnahmen bei
Verkehr und Gebäude würde die Verantwortung auf die VerbraucherInnen abwälzen. Auch für Doris
Margreiter (SPÖ) und Bruno Rossmann (JETZT) gehen die gesetzten Maßnahmen vor dem Hintergrund des kürzlich
veröffentlichten IPCC-Reports nicht weit genug. Zur Erreichung der Ziele müssten die Anstrengungen vervielfacht
werden, unterstrich Rossmann. Zudem brauche es eine Ökologisierung des Steuersystems. Eine budgetäre
Deckung der Maßnahmen in der Klima- und Energiestrategie vermisst Michael Bernhard (NEOS). Er wünscht
sich, dass in der kommenden Steuerreform ein klares Bekenntnis für den Klimaschutz abgelegt wird. Mit der
Klima- und Energiestrategie habe die Regierung ein sehr ambitioniertes Programm auf den Weg gebracht, betonte Klaus
Lindinger (ÖVP). Die Strategie werde 2019 fixiert und bis dahin auch die Öffentlichkeit in ausreichendem
Maße eingebunden, weshalb Lindinger für ein Abwarten der Ergebnisse plädierte und die Vertagung
der SPÖ-Forderung beantragte.
Einig waren sich die Abgeordneten darin, dass Handlungsbedarf bestehe bevor Emissions-Zertifikate zugekauft werden
müssen. Johannes Schmuckenschlager und Martina Diesner-Wais (beide ÖVP) unterstrichen in diesem Zusammenhang,
dass erneuerbare Energieträger in Österreich gestärkt werden müssen. Sie appellierten daher
an die Oppositionsparteien, eine Änderung des Ökostromgesetzes zu unterstützen, um Betreibern von
Bioenergieanlagen Rechtssicherheit zu geben. Doris Margreiter und Klaus Uwe Feichtinger (beide SPÖ) zeigten
sich grundsätzlich gesprächsbereit. Allerdings unterstrich Margreiter, dass hier auch die Zusammenarbeit
mit der Opposition verbessert werden müsse. An Bundesministerin Elisabeth Köstigner appellierte Feichtinger,
die österreichische Position bei der bevorstehenden UN-Klimakonferenz in Katowice (COP 24) vehement zu vertreten.
Für die COP 24 zeigte sich die Umweltministerin zuversichtlich, betonte aber auch, dass die EU für nur
etwa 10 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sei. Bedenklich seien der Ausstieg der USA aus dem Pariser
Klimaabkommen sowie die Ausstiegsüberlegungen von Australien und Brasilien. Die Kritik an den österreichischen
Maßnahmen konnte Köstinger nicht nachvollziehen. Insbesondere die nationale Klima- und Energiestrategie
sei ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaziele. Hier sei bereits die Governance-Verordnung der EU miteingeflossen,
bevor diese überhaupt in Kraft tritt. Beim Klima- und Energieplan wurden Bund-Länder-Arbeitsgruppen eingerichtet,
ExpertInnen befragt sowie Sozialpartner, NGOs und VertreterInnen aller Parteien einbezogen, antwortete die Ministerin
auf Kritik, die Öffentlichkeit werde nicht ausreichend eingebunden.
Ebenso drängend wie die Konkretisierung der heimischen Klimapolitik ist für SPÖ-Mandatar Feichtinger,
dass Bundesministerin Köstinger gegen ein geplantes Atommüll-Endlager Tschechiens in der Nähe der
österreichischen Grenze auftritt ( 451/A(E) ). Zumindest einen Schutzkorridor von 100 Kilometern sollte es
zum Lager für Abfall aus Nuklearanlagen geben. In Bezug auf die Standortsuche für schwach- und mittelradioaktiven
Müll aus Medizin, Industrie und Forschung drängt Feichtinger darauf, die Bevölkerung einzubinden.
Im Umweltausschuss erinnerte Doris Margreiter (SPÖ) an Tschernobyl und unterstrich die Wichtigkeit für
Österreich, den Nachbarstaaten eine klare Position entgegenzustellen. Christian Höbart und Walter Rauch
(beide FPÖ) konnten dem Vorstoß der SPÖ einiges abgewinnen und stellten einen gemeinsamen Antrag
aller Parteien in Aussicht, der bis zum nächsten Umweltausschuss erarbeitet werden soll. Derzeit würden
Gespräche mit Tschechien in der Frage von Atommüll-Endlagern laufen, sagte Martina Diesner-Wais (ÖVP)
und Umweltministerin Elisabeth Köstinger unterstrich, dass es hier bereits Zusagen zur Kooperation gebe.
Umweltbundesamt: Köstinger rückt nicht von Übersiedlungsplan ab
Der letzte Woche von Ministerin Köstinger fixierte Neubau des Umweltbundesamts (UBA) in Niederösterreich
sorgte heute im Ausschuss für starke Proteste von SPÖ und JETZT, und auch NEOS-Sprecher Michael Bernhard
zeigte sich irritiert über das Vorgehen bei der Entscheidung, die staatliche Facheinrichtung für Umweltthemen
aus Wien nach Klosterneuburg zu verlagern. Für den Sozialdemokraten Andreas Kolross haftet der Übersiedlung
"der schale Beigeschmack eines Prestigeprojekts" an, in den Augen Bruno Rossmanns (JETZT) ist die Sache
"ein reines Politikum". Die Stärkung des ländlichen Raums als Argument für die UBA-Absiedlung
ließ er nicht gelten, da Klosterneuburg zum "Speckgürtel" Wiens gehöre. Ähnlich
wie Bernhard hinterfragte Rossmann auch die Kostenplanung des 57 Mio. € teuren Projekts, zumal das Finanzministerium
hier offenbar 35 Mio. € an Rücklagen im Vorfeld zweckgebunden bereitgestellt habe. Schließlich wies
er genau wie Kolross darauf hin, sowohl die MitarbeiterInnen als auch der Betriebsrat des Umweltbundesamts hätten
ein großes Problem mit der Übersiedlung. Sein Parteikollege Klaus Uwe Feichtinger hielt der Ministerin
anhand einer Dokumentation der UBA-Standortangebote seitens Wiens vor, die Bundeshauptstadt sei nie über konkrete
Anforderungen des künftigen Standorts informiert worden. Anhand eines eigenen Antrags ( 146/A(E) ) forderte
Feichtinger daher erneut, die noch unter Köstingers Vorgänger Andrä Rupprechter initiierten Umsiedlungspläne
fallen zu lassen. Immerhin sei die Verortung des Umweltbundesamts in Wien im Umweltkontrollgesetz verankert, ein
Umzug komme daher einem Gesetzesbruch gleich. Diesen Umstand werde man mit einer Gesetzesänderung beheben,
kündigte Nachhaltigkeitsministerin Köstinger an, sodass "der Standort auch juristisch verlagert
wird".
Grundsätzlich hielt Köstinger fest, mit dem neuen Gebäude in Klosterneuburg erhalte das Umweltbundesamt
eine nach zeitgemäßen Standards errichtete Unterbringung mit neuester Labortechnik. Der bisherige Standort
in Wien sei stark sanierungsbedürftig und die Wiener Landesregierung habe keine angemessenen Ersatzquartiere
angeboten. Zudem sei ein Neubau im Eigentum der Republik finanziell weit günstiger als eine Sanierung des
alten Standorts oder ein anderes Mietobjekt. Ausschlaggebender Faktor für die Entscheidung Klosterneuburg
war laut Köstinger letztlich der Zuschuss des Landes Niederösterreich von 12 Mio. €. Die Warnung der
SPÖ, die neue Adresse werde zu erhöhten Fahrtkosten und damit zu finanziellem Mehraufwand führen,
kann die Ministerin nicht nachvollziehen. Ihr zufolge haben nämlich viele UBA-MitarbeiterInnen ihren Hauptwohnsitz
in Niederösterreich. Rückendeckung erhielt sie von FPÖ-Mandatar Christian Höbart, der beschwor,
hinsichtlich des Übersiedlungsaufwands "die Kirche im Dorf zu lassen", liege Klosterneuburg doch
in nächster Nähe zu Wien. Die ÖVP-Abgeordneten Franz Hörl und Johann Rädler richteten
den Oppositionsparteien aus, den neuen Standort nicht schlecht zu reden, denn dieser sei jedenfalls "im Interesse
der Republik".
NEOS: Flächenversiegelung zerstört Lebensräume
Die rasant zunehmende Verbauung von Freiflächen in Österreich prangert NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard
an. Im Sinne des Schutzes von Natur und Menschen müsse die Bodenversiegelung unterbunden werden, denn mit
der Zersiedelung gehe nicht zuletzt eine steigende Verkehrsbelastung einher ( 45/A(E) ). Zur Durchsetzung seiner
Forderung will Bernhard das in der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 formulierte 2,5-Hektar-Flächenziel,
das den maximalen Flächenverbrauch pro Tag festlegt, in der Budgetplanung als eigenes Bundesziel beachtet
sehen. Auf dieser Grundlage seien Maßnahmen gegen die fortschreitende Grünflächenverbauung zu entwickeln,
wie sie auch Bruno Rossmann, Umwelt- und Budgetsprecher von JETZT, höchst an der Zeit sieht. Die Pendler-Pauschale
gehöre in diesem Zusammenhang im Rahmen einer ökologischen Steuerreform aufgehoben. Rossmann brachte
außerdem einen zusätzlichen Antrag ein, der auf eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Renaturierung
versiegelter Flächen abzielt. Von der ÖVP hieß es dazu, die Regierung plane bereits, leerstehende
versiegelte Flächen wieder nutzbar zu machen, und zwar für industrielle Zwecke.
Das Nachhaltigkeitsministerium habe größtes Interesse daran, dass weniger Flächen verbaut werden,
versicherte Umweltministerin Elisabeth Köstinger, schon aufgrund der Ernährungssicherheit, des Klimaschutzes
und des Naturgefahrenmanagements. Glücklicherweise sei der Umfang der täglichen Versiegelung mittlerweile
von 20 Hektar auf 12,5 Hektar zurückgegangen, jedoch sei man vom 2,5-Hektarziel noch weit entfernt. Ihr Ministerium
wolle daher mehr Anreize zur Sanierung von Altbauten schaffen, so Köstinger. Mit dem Finanzministerium führe
man Gespräche, bei der Steuerreform 2020 auch in ökologischer Hinsicht Akzente zu setzen. Gleiches gelte
für das geplante Standortentwicklungsgesetz, bei dem die SPÖ Maßnahmen gegen Bodenversiegelung
verlangte, daher sei im Entwurf der Genehmigungsautomatismus bei Bauprojekten auch nicht mehr enthalten.
Den Einwand Erwin Preiners (SPÖ), bei Baubewilligungen liege die Kompetenz bei Ländern und Gemeinden,
bestätigte Köstinger zwar, sie betonte aber, das Regierungsprogramm sehe eine Überarbeitung der
Raumordnungskompetenzen vor. NEOS-Sprecher Bernhard gab letztendlich noch zu bedenken, der Rückgang an Versiegelungen
in den letzten Jahren müsse wohl an den vielen bereits verbauten Gebieten in Österreich liegen. Tatsächlich
wachse die Versiegelung hierzulande schneller als die Bevölkerung.
Einfacher soll es aus Sicht Bernhards werden, Förderungen für die klimafreundliche Sanierung von Heizungsgeräten,
die auf fossilen Energieträgern beruhen, zu erhalten. Derzeit hänge die Förderwürdigkeit von
zu vielen Faktoren wie der thermischen Sanierung des ganzen Gebäudes ab, moniert er, wodurch die Eindämmung
klimaschädlicher Treibhausgasemissionen aus den Heizungsanlagen behindert werde. Als Alternative schlägt
Bernhard einen österreichweit einheitlichen Fördermechanismus vor, bei dem das Ausmaß der beigesteuerten
staatlichen Mittel von der prozentuellen Verbesserung der Effizienz und der CO2-Emissionen gegenüber dem Ist-Stand
abhängt ( 469/A(E) ). Zwar sei der sukzessive Ausstieg aus Ölheizungen, der in der Mission 2030 der Bundesregierung
geplant ist, zu begrüßen, allerdings hinterfragte Bernhard, ob dieser schnell und zielführend genug
ist. Renate Gruber (SPÖ) betonte, dass thermische Sanierung und erneuerbare Energieträger stets Hand
in Hand gehen müssten. In dem Zusammenhang sprach sie sich auch für eine Entbürokratisierung der
Förderungen und eine Vereinheitlichung zwischen den Bundesländern aus. Derzeit finden in dieser diffizilen
Problematik Gespräche verschiedener Beteiligter, wie vor allem der Bundesländer, statt, unterstrich Gerhard
Deimek (FPÖ), der daher in Form eines Vertagungsantrages für ein Abwarten der Gespräche plädierte.
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