Posch-Gruska: Kulturelle, sprachliche und gesellschaftliche Vernetzung kann helfen, eine gemeinsame
mitteleuropäische Identität zu finden
Wien (pk) – CENTROPE (Central Europe), ein Zusammenschluss von Österreich, Ungarn, der Slowakei und
Tschechien, feiert sein 15-jähriges Gründungsjubiläum mit der Präsentation eines Buches von
Hans Peter Graner über diese Organisation. Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska und das "URBAN
FORUM - Egon Matzner-Institut für Stadtforschung" luden zu diesem Jubiläum ins Parlament in der
Hofburg ein.
"CENTROPE liegt im Herzen der Europäischen Union. Die gemeinsamen Grenzregionen zwischen Österreich,
Ungarn, der Slowakei und Tschechien sind seit September 2003 in dieser ursprünglich als 'Europa Region Mitte'
gegründeten mitteleuropäischen Vorzeigeregion zusammengefasst", ging Posch-Gruska einleitend auf
die Geschichte dieser Vereinigung ein. "Der Name CENTROPE entstand aus einem Schülerinnen- und Schülerwettbewerb
in den vier Ländern – ein wahrlich völkerverbindendes Symbol." Vieles sei in diesen 15 Jahren auf
wirtschaftlichem, gesellschaftlichem und kulturellem Gebiet bereits entstanden, sagte die Bundesratspräsidentin.
Vieles sei allerdings noch zu tun, um CENTROPE in den Köpfen und vor allem den Herzen der Bewohnerinnen und
Bewohner der Region zu verankern.
Die Burgenländerin Posch-Gruska wies insbesondere auf die besondere Lage ihres Bundeslands hin: "Die
kulturhistorisch bedingte Position des Burgenlandes als Vermittler in diesem "Europa der Regionen" hat
in der EU-Kohäsionspolitik, der Schaffung von Fördermöglichkeiten für grenzüberschreitende
Verkehrsinfrastruktur, in Bildungs- und Forschungsprojekten, in Kultur und Tourismus sowie in der Verhinderung
von Lohn- und Sozialdumping eine bedeutende Funktion", betonte sie und forderte gleichzeitig in diesem Zusammenhang
auch die Verantwortung der EU ein: "Hier muss allerdings auch die Rolle der Europäischen Union in diesem
'Europa der Regionen' neu gedacht werden, um das Vertrauen der Menschen in dieses völkerverbindende Europa
zu rechtfertigen".
Die kulturelle, sprachliche und gesellschaftliche Vernetzung könne dabei helfen, eine gemeinsame – einst selbstverständliche,
jetzt wieder heranreifende - mitteleuropäische Identität zu finden. "Initiativen in Kunst, Kultur,
Forschung, Bildung und Umwelt sind die Bausteine, die eine lebendige, optimistische, zukunftsorientierte und weltoffene
Region jenseits aller Grenzen entstehen lassen", so die Bundesratspräsidentin. Der Bundesrat als Länderkammer
des österreichischen Parlaments bringe in dieses Europa der Regionen die regionalen Bezugspunkte in die europäischen
Entscheidungsprozesse ein und sei mit seiner Expertise ein starkes Sprachrohr für die Städte und Gemeinden
in der CENTROPE-Region. Deshalb werde der Bundesrat auch als "Europakammer" des Parlaments bezeichnet.
Hans Peter Graner, Autor des Bild-Text-Bandes "Fließende Grenzen in CENTROPE" gab in einem kurzen
Vortrag Einblick in Natur und Kultur dieser gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsregion. "Was gibt es Verbindenderes
als die Natur – Tiere und Pflanzen kennen einfach keine Grenzen, bzw. halten sie sich einfach nicht daran."
Graner zeigte die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede in der Region CENTROPA auf.
In einer von Bernhard Müller, dem Generalsekretär des URBAN FORUM, moderierten Talkrunde, an der die
Botschafterin der Republik Slowenien Ksenija Škrilec, der Botschafter von Ungarn in Wien Andor Nagy, der Botschafter
der Slowakischen Republik in Wien Peter Mišík, Mojmír Jerábek, Erster Botschaftssekretär
der tschechischen Republik, sowie Bela Hollos, von der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung
und Politikentwicklung teilnahmen, sollte das Erreichte und die Zukunft von CENTROPE im Herzen Mitteleuropas erörtert
werden.
Dabei wurden zahlreiche Themen debattiert: Der Prozess Ungarns vom Land hinter dem Eisernen Vorhang bis zu heute
war ebenso Thema wie die grenzüberschreitende Regionalarbeit als eines der wichtigsten Elemente der EU-Arbeit.
Auch die grundsätzliche Idee der Gründung 2003 mit einer EU-Anschubfinanzierung und die damaligen Wünsche
der Länder im Bereich der Vernetzung wurden thematisiert. Slowenien ist bis dato kein Mitgliedsland von CENTROPE,
deshalb unterstrich die Botschafterin Ksenija Škrilec seitens ihres Landes: "Wir grenzen aneinander und in
meinem Verständnis sind wir alle ein Teil Zentraleuropas".
Die aus jungen Musikerinnen und Musikern aus den Donauländern bestehende Internationale Donauphilharmonie
begleitete die Festveranstaltung mit Volksliedern und Werken renommierter Komponisten aus den CENTROPE-Ländern
musikalisch.
Entwicklung eines mitteleuropäischen Zentralraums
Die Region CENTROPE besteht als eine der jüngsten grenzüberschreitenden Europaregionen zwischen "alten"
und "neuen" Mitgliedstaaten der Europäischen Union seit dem Jahr 2003. Sie umfasst Regionen und
Städte Ostösterreichs, der Westslowakei, Südtschechiens und Westungarns. Die Europaregion zeichnet
sich durch eine spezifische geographische Situation aus: Sie beinhaltet Grenzregionen von vier Mitgliedstaaten,
die mit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989, der EU-Osterweiterung im Mai 2004 und dem Wegfall der Grenzkontrollen
im Dezember 2007 infolge des Übereinkommens von Schengen ihre jahrzehntelange periphere Lage zugunsten einer
Position in einem grenzüberschreitenden Zentralraum wandelten. Zudem befinden sich zwei Hauptstädte in
einer europaweit einzigartigen Distanz zueinander: Wien und Bratislava liegen nur knapp 50 Kilometer voneinander
entfernt.
In der Region liegt eines der dynamischsten transnationalen Wirtschaftsgebiete Europas. Das Besondere des Raums
Centrope ist seine Lage zwischen den etablierten westeuropäischen Wirtschaftszentren und den schnell wachsenden
Märkten im Osten Europas. Die beteiligten Regionen weisen heute ein überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum
auf. Insgesamt leben rund 15 Millionen Menschen in der Region Centrope.
In mehreren politischen Konferenzen, beginnend mit der Gründungskonferenz von September 2003 in Kittsee, legten
die politisch Verantwortlichen der Bundesländer, Kreise und Komitate sowie der Städte die zukünftigen
Leitlinien und gemeinsamen Arbeitsfelder für die Entwicklung dieses mitteleuropäischen Zentralraumes
fest. Ziel der Europaregion ist eine institutionalisierte Zusammenarbeit der Regionen und Städte in den Bereichen
Wirtschaft, Infrastruktur, Bildung und Kultur sowie ein gemeinsames Lobbying.
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