Rechnungshofausschuss widmet sich Qualitätskontrollen niedergelassener ÄrztInnen
Wien (pk) - Auf der Tagesordnung des Rechnungsausschusses stand am 27. November ein Bericht über
die Qualitätssicherung für niedergelassene ÄrztInnen, wobei der Rechnungshof gewichtige Mängel
feststellte und die fehlende Transparenz bei der Qualitätsberichterstattung kritisierte.
Ausdrücklich wird das zögerliche Vorgehen von Bund, Ländern und Sozialversicherungs- trägern
kritisiert. Die im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 beschlossene Ergebnisqualitätsmessung wurde für
den ambulanten Bereich bislang weder entwickelt noch umgesetzt, stellt der Rechnungshof fest. So haben PatientInnen
etwa bis dato keine Möglichkeit, sich auf einer neutralen Bundes-Plattform über die Behandlungsqualität
bei niedergelassenen MedizinerInnen zu informieren. Bemängelt wird im Rechnungshofbericht zudem, dass auch
die Diagnosedokumentation im ambulanten Bereich, auf die man sich schon im Zuge der Gesundheitsreform 2005 geeinigt
habe, bislang nicht eingeführt wurde. Zu den wesentlichen Empfehlungen des Rechnungshofs zählt daher
die Entwicklung von Qualitätsstandards mit verpflichtenden Kriterien bzw. Vorgaben bis zum Ende der aktuellen
Zielsetzungsperiode im Jahr 2021 sowie die Erhöhung der Anzahl der Validitätsprüfungen bei der Qualitätsprüfung
von Ordinationen.
Weitere Mängel erkennt der Rechnungshof bei der Qualitätsmessung. Die Messung der Qualität der Leistungserbringung
beurteilen die niedergelassenen ÄrztInnen gemäß Ärztegesetz alle fünf Jahre in Evaluierungsfragebögen
selbst. Die von der Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement
in der Medizin GmbH (ÖQMed) erstellten Fragebögen sollten nach Empfehlung des Rechnungshofs neutral gestaltet
sein. Daher wird die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Stärkung der finanziellen und organisatorisch unabhängigen
Qualitätssicherungseinrichtung vorschlagen. Zudem wird empfohlen, die Möglichkeit zur Erhöhung der
stichprobenartigen Kontrollen zu überprüfen, da eine Ordination von dieser Evaluierung statistisch gesehen
nur alle 70 Jahre betroffen ist.
Ergebnisqualitätsmessung ist für Rechnungshofpräsidentin wesentlichster Kritikpunkt
Die Notwendigkeit einer Ergebnisqualitätsmessung bezeichnete die Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker
als springenden Punkt des Berichts. Immerhin gebe es dafür schon seit 2005 Bemühungen sowie eine konkrete
Zielsetzung seit 2013. Eine dementsprechende Möglichkeit, damit sich PatientInnen ein gutes Bild über
die Qualität der niedergelassenen MedizinerInnen machen können, sei aber noch immer offen, bemängelte
sie. In Kärnten wurde mit einem Pilotprojekt die Basis für eine derartige Ergebnisqualitätsmessung
sowie für eine Qualitätsberichterstattung gelegt. Daran sollte man sich orientieren, schlug Kraker vor.
Fraktionen sehen Qualitätskontrolle durch Selbstevaluierung kritisch
Peter Gerstner (FPÖ) dankte der Rechnungshofpräsidentin für den detaillierten Bericht. Er merkte
an, das sich die Prüfung über die Qualitätssicherung niedergelassener ÄrztInnen allerdings
über einen Zeitraum erstreckt habe, wo noch das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen damit betraut
war. Der Prüfzeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2013 bis 2016. Erst seit Anfang diesen Jahres sind
die Agenden im Sozialressort von Ministerin Hartinger-Klein beheimatet. Von ihr wollte Gerstner wissen, wie man
gegen die diversen Online-Portale zur Bewertung von Arztpraxen vorgegangen sei, die aufgrund der Doppelgleisigkeit
zur Verunsicherung bei den BürgerInnen geführt hätten. Fraktionskollege Wolfgang Zanger (FPÖ)
erachtete es als legitim, dass man mit dem Rechnungshofbericht Empfehlungen zur Umsetzung bringen will, der Bericht
zeige aber grundsätzlich eine Baustelle von ehemaligen SPÖ-Ministern auf, meinte er.
Zumal sich Ärztinnen selbst kontrollieren und ihre Qualitätsevaluierung durch Fragebögen der ÖQMed
selbst durchführen, ortet ÖVP-Mandatar Franz Hörl ein Problem in der Qualitätskontrolle. Im
stationären Bereich sei die Situation seines Erachtens etwas besser. Im ländlichen Bereich hingegen wäre
man froh, überhaupt Ärzte in der Nähe zu haben, da seien die Qualitätssicherungsmaßnahmen
seiner Ansicht nach eher zweitrangig.
Dass die Qualität von praktizierenden Ärzten grundsätzlich schwer zu beurteilen sei, meinte Wolfgang
Zinggl (JETZT), da aber bei rund 20% der Praxen Mängel festgestellt wurden, sehe er da sehr wohl Handlungsbedarf
seitens des Ministeriums. Auch sei im Rechnungshofbericht nicht klar ersichtlich, um welche Art der Mängel
es sich handle. Eine stichprobenartige Überprüfung, die nur alle 70 Jahre stattfindet, sei seiner Ansicht
nach nicht zielführend. Er schlug daher vor, systematische Qualitätskontrollen vorzusehen. Wie treffsicher
die Prüfung der Behandlungsqualität von niedergelassenen MedizinerInneen sei und ob es einer Diagnosedokumentation
bedarf, wollte die Vorsitzende des Rechnungshofausschusses, Irmgard Griss (NEOS) wissen.
SPÖ-Abgeordneter Erwin Preiner sagte, dass PatientInnen auf die Expertise der niedergelassenen MedizinerInnen
vertrauen können müssen, da deren Praxen zumeist die erste Ansprechstelle darstellen, wenn man krank
ist. Eine unabhängige Qualitätssicherungseinrichtung erachte er daher ebenso wünschenswert wie eine
Zusammenführung der Online-Bewertungs-Plattformen. Er fragte die anwesende Sozialministerin, wie man die Selbstevaluierungsbögen
der ÖQMed entsprechend verbessern könnte und ob eine unabhängige Prüfung denkbar wäre.
Auch Fraktionskollege Philip Kucher (SPÖ) interessierte sich für konkrete Maßnahmen seitens des
Ministeriums aufgrund des vorliegenden Berichts. Da es sich im medizinischen Bereich um die Schicksale von Menschen
handle, sollte man Dinge, die gut funktionieren, ausbauen und für Verbesserungen in jenen Bereichen sorgen,
die noch nicht so gut funktionieren, meinte er.
Hartinger-Klein will mehr Transparenz ermöglichen
Dass die Qualitätssicherung der ÖQMed zu hinterfragen sei, räumte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein
ein. Im Gremium seien allerdings mehrere Stakeholder vertreten, verteidigte sie die Kritik betreffend gewünschter
Unabhängigkeit. Gemeinsam mit der Ärztekammer und der Patientenanwaltschaft habe sie zu einem Gipfel
geladen, um die Thematik zu besprechen. Grundsätzlich sei die Messung der Ergebnisqualität sehr schwierig
und der Prozess nicht leicht. Eine flächendeckende Diagnosekodierung versteht sie als den richtigen Weg. Man
könne zwar nicht alles auf einmal ändern, aber legistische und technische Prüfungen für deren
Einführung sind laut der Ministerin bereits in Ausarbeitung. Um PatientInnen mehr Transparenz zu ermöglichen,
wurden verschiedene Plattformen zur Online-Bewertung von niedergelassenen ÄrtzInnen zu einer zusammengefasst.
Das Portal "Kiniksuche.at", wo man sich über Wartezeiten, Frequenzen und Qualitätsstandards
von Spitälern informieren kann, ist seit Juni dieses Jahres online und soll auch auf Arztpraxen ausgedehnt
werden, sagte Hartinger-Klein.
Da die Abgeordneten Hörl (ÖVP) und Preiner (SPÖ) von der Ministerin wissen wollten, wie man eine
berufsgruppenspezifische Mindestanforderung sicherstellen könne, sagte sie, dass sich ein wissenschaftlicher
Beirat damit befasse. Rudolf Plessl (SPÖ) erkundigte sich über die Nachbesetzung von Planstellen sowie
über den Anstieg von WahlärztInnen im Vergleich zu KassenärztInnen. Diese werden laut Auskunft der
Sozialministerin in gemeinsamer Abstimmung von den Sozialversicherungsträgern und der Ärztekammer vergeben.
Dass es zu wenig Kassenarztstellen gebe, hätte allerdings die SPÖ verursacht, entgegnete sie außerdem.
Angesprochen auf den ÄrztInnenmangel im ländlichen Raum, sicherte sie den Ausschussmitgliedern zu, dass
man mit der Lehrpraxenförderung und der Möglichkeit der Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen
viel tue, um die ländliche Versorgung zu sichern. Der Bericht des Rechnungshofs wurde schließlich einstimmig
zur Kenntnis genommen.
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