2017 exportierte Österreich Waren im Wert von 3,9 Mrd. Euro ins Vereinigte Königreich.
Das sind 2,8 Prozent der gesamten Ausfuhren
Wien (bank austria) - Am 14. November 2018 hat das britische Kabinett dem Entwurf des Vertragstextes zum
EU-Austritt zugestimmt. In einem Sondergipfel am 25. November segneten auch die EU-Staaten das Abkommen ab. Damit
es endgültig in Kraft tritt, muss am 11. Dezember die Mehrheit des britischen Unterhauses das Abkommen akzeptieren.
Aus heutiger Sicht ist die Zustimmung des britischen Parlaments allerdings sehr unwahrscheinlich. „Das wahrscheinlichste
Szenario ist, dass es beim Abkommen zu Nachverhandlungen zwischen der EU und Großbritannien kommt, da beide
Seiten unbedingt einen ungeregelten Brexit verhindern wollen“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan
Bruckbauer und ergänzt: „Bei einem Verbleib des Vereinigten Königreichs bis zumindest zum Ende der Übergangsperiode
im Dezember 2020 im EU-Binnenmarkt wären die kurzfristigen Auswirkungen auf die österreichische Volkswirtschaft
sehr gering.“
Der regionale Außenhandel mit dem Vereinigten Königreich
Im Jahr 2017 exportierte Österreich Waren im Wert von 3,9 Mrd. € ins Vereinigte Königreich, das sind
2,8 Prozent der gesamten Exporte. Damit ist Großbritannien der neuntwichtigste Exportmarkt für Österreich.
Die drei wichtigsten Exportgüter sind Maschinen, Waren für die KFZ-Industrie und elektrotechnische Güter,
die zusammen mehr als drei Viertel aller Exporte nach UK ausmachen. Der Anteil der regionalen Exporte ins Vereinigte
Königreich an den gesamten Ausfuhren des jeweiligen Bundeslandes ist in der Steiermark mit 4,1 Prozent am
höchsten. In Oberösterreich und Vorarlberg ist der Anteil mit jeweils 3 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich.
„Durch die zunehmende Globalisierung des Produktionsnetzwerks sind die österreichischen Exportzahlen nicht
mit der österreichischen Wertschöpfung gleichzusetzen. In fast jedem österreichischen Exportgut
steckt auch ausländische Wertschöpfung so wie in vielen Exportgütern anderer Länder österreichische
Wertschöpfung steckt“, meint Bank Austria Ökonom Robert Schwarz.
So beinhalten zum Beispiel die Exporte der deutschen Automobilindustrie einen signifikanten Anteil österreichische
Wertschöpfung. Mit Hilfe von Welt-Input-Output-Tabellen (WIOD) kann man bestimmen, welche Sektoren in den
verschiedenen Ländern wieviel Wertschöpfung entlang der Lieferkette bis zum Konsum des finalen Gutes
in einem bestimmten Land beitragen.
Regionale Wertschöpfung durch Warenexporte nach UK
Die britische Nachfrage nach ausländischen Waren erzeugte 2017 in Österreich direkt und indirekt eine
Wertschöpfung von 2,3 Milliarden Euro. Differenziert nach Sektoren konnte die meiste Wertschöpfung im
Maschinenbau (480 Millionen Euro), in der Metallindustrie (370 Millionen Euro), KFZ-Industrie (280 Millionen Euro)
und Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (210 Millionen Euro) generiert werden.
„Je nach Stärkefelder der einzelnen Bundesländer profitieren sie unterschiedlich stark von den Exporten
nach UK“, sagt Robert Schwarz und ergänzt: „Der oberösterreichische Maschinenbau schuf mit knapp 250
Millionen Euro am meisten Wertschöpfung gefolgt von der steirischen KFZ-Industrie mit 124 Millionen Wertschöpfung
aufgrund des Handels mit dem Vereinigten Königreich.“
Insgesamt halten sich die regionalen Wertschöpfungsgewinne durch Warenexporte nach UK in Relation zur gesamten
regionalen Wertschöpfung mit 1,1 Prozent in Vorarlberg bis 0,3 Prozent im Burgenland und Wien in Grenzen.
Hinter dem Ländle folgen die industriell starken Bundesländer Oberösterreich und die Steiermark
mit jeweils 1 Prozent „britischen Wertschöpfungsanteil“ am Regionalprodukt. In Tirol beträgt der Anteil
0,7 Prozent, in Niederösterreich und Salzburg jeweils 0,5 Prozent und in Kärnten 0,4 Prozent. Neben den
Warenexporten spielen auch die Dienstleistungsexporte eine bedeutende Rolle in der Wirtschaftsbeziehung zwischen
Österreich und dem Vereinigten Königreich.
Regionale Wertschöpfung durch Dienstleistungsexporte nach UK
Im Vorjahr generierten die Dienstleistungsexporte inklusive Energie- und Wasserversorgung und Bauwirtschaft eine
österreichische Wertschöpfung von etwa 2 Milliarden Euro bzw. 0,5 Prozent des BIP. Die größte
Wertschöpfung im tertiären Bereich wird im Handel (440 Millionen Euro), bei den Unternehmens-dienstleistungen
(450 Millionen Euro) und im Transportwesen (270 Millionen Euro) erzielt. Wien als Stadtwirtschaft mit einem hohen
Anteil des tertiären Sektors profitiert am meisten vom Dienstleistungsexport nach Großbritannien. Aufgrund
der relativ starken Bedeutung der Tourismusexporte (Briten die in Österreich ihren Urlaub verbringen) erzielen
Tirol und Salzburg ebenfalls überdurchschnittliche Wertschöpfungsgewinne durch die Dienstleistungsexporte
nach UK.
Exporte von Waren und Dienstleistungen nach UK generieren 40.000 Arbeitsplätze in Österreich
„Insgesamt hängen in Österreich ca. 40.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Nachfrage aus
dem Vereinigten Königreich. Das sind 1,1 Prozent der gesamten Beschäftigung“, rechnet Schwarz vor und
fügt hinzu: „Den größten Beschäftigungseffekt sieht man im oberösterreichischen Maschinenbau
mit 1.200 Arbeitsplätzen und der steirischen Automobilindustrie mit knapp 800 Arbeitsplätzen induziert
durch den Handel mit UK.“ In Vorarlberg gibt es mit 2.800 Arbeitsplätzen oder 1,7 Prozent der Gesamtbeschäftigung
den relativ größten Anteil von „UK-abhängigen“ Arbeitsplätzen. Absolut ist Wien mit 8.300
Arbeitsplätzen vorne, gefolgt von Oberösterreich mit 7.500 Arbeitsplätzen und Niederösterreich
bzw. Steiermark mit jeweils 5900 Arbeitsplätzen.
Abschließend kann man feststellen, dass sich die wirtschaftlichen Verflechtungen der Bundesländer mit
dem Vereinigten Königreich in Grenzen halten. Ein harter Brexit bzw. die Art der zukünftigen Wirtschaftsbeziehung
zwischen der EU und Großbritannien haben aber speziell für die industriell starken Bundesländer
langfristige Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung.
|