Wie aus Pfleggerichten die heutige Bezirksverwaltung entstand
Salzburg (lk) - Warum Pfleger früher nicht im Seniorenheim arbeiteten und heute Hauptmänner die
Verwaltung übernommen haben, was zwei Gerichtssteine im Wald verloren haben, warum Polizisten nicht auf den
Salzburger Bürgermeister hören dürfen und warum es immer weniger Bezirksgerichte gibt, klärt
dieser „Salzburger Grenzfall“.
Nur aufmerksame Wanderer werden im städtischen Gaisbergwald und im Ursprunger Moor einen der beiden Salzburger
Dreigerichtssteine entdecken und ins Grübeln kommen, was sie mit der Verwaltungsgliederung in Salzburg zu
tun haben. In der Tat markieren sie das Aufeinandertreffen alter Gerichtsbezirke, denn Salzburg wurde einst nicht
nur von Erzbischöfen regiert, sondern von Pflegern und Landrichtern verwaltet. In der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts waren es in seinen heutigen Grenzen ganze 27 an der Zahl.
Alte und aktuelle Dreifachgrenzen im Wald
Beim Grenzstein zwischen Oberjudenberg und Gersbergalm knapp oberhalb der heutigen Gaisbergstraße stießen
das Stadtgericht Salzburg und die Pflegegerichte Neuhaus (die gleichnamige Burg am Kühberg ist heute in Privatbesitz)
und Glanegg aufeinander. Der zweite Stein markiert heute noch das Grenzdreieck der Gemeinden Seekirchen am Wallersee,
Anthering und Elixhausen. Zuvor hatten hier die Pfleggerichte Neuhaus sowie Alten- und Lichtentann und das Landgericht
Anthering einen gemeinsamen Punkt. Außerdem endet genau an dieser Stelle die bereits fertige 380kV-Leitung
und wartet auf Fortsetzung nach Süden.
Makabres „Public Viewing“ auf der Burg
Von den Pfleggerichten unterschieden sich die Landgerichte nur dadurch, dass sie zwar Todesstrafen verhängen,
aber die Exekutionen nur dort durchführen lassen durften, wo eine Burg vorhanden war. Das war dem damit verbundenen
Menschenauflauf geschuldet und nur in den Pfleggerichtsgebieten der Fall. Viele Namen ehemaliger Pfleggerichte
wirken aus der Zeit gefallen, Burgen wie Hüttenstein oder Lichtentann liegen heute als bescheidene Steinhaufen
weitab vom Schuss.
„Hauptleute“ als Verwalter
„Salzburg hatte das rückständigste Strafrecht in ganz Europa, die peinliche Befragung war bis Ende des
geistlichen Reichsfürstentums 1803 gängige Verhörmethode“, weiß Bezirkshauptmann Reinhold
Mayer zu berichten. Seine Funktion beinhaltet einen militärischen Rangtitel, nur bei der Bezirkshauptfrau
hat man zur zivilen Bezeichnung gegriffen. Anno 1868, als im ganzen Kaiserreich die Bezirkshauptmannschaften als
Verwaltungsnachfolger der alten Pfleg- und Landgerichte erfunden wurden, konnten Frauen allerdings noch nicht einmal
vom Wahlrecht träumen, von akademischer Ausbildung ganz zu schweigen.
Dann sind es nur noch sechs
Die Gerichtsorganisation folgte alten Grenzen und Gepflogenheiten. So durften sich Generationen von Justizministern
in den vergangenen anderthalb Jahrhunderten daran abarbeiten, Gerichts- und Verwaltungsbezirke wieder deckungsgleich
zu machen. In Salzburg ist man fast am Ziel: Nur der Flachgau tanzt mit dem um einige Umlandgemeinden erweiterten
Bezirksgericht Salzburg und je einem Bezirksgericht in Oberndorf, Neumarkt am Wallersee und Thalgau aus der Reihe.
Noch. Denn es ist beschlossene Sache, dass die Flachgauer Gerichte ab 2020 unter ein gemeinsames Dach in Seekirchen
kommen. Und – wie in alten Zeiten – Tür an Tür mit der bis dahin in die junge Stadt am Wallersee verlegten
Flachgauer Bezirkshauptmannschaft.
Fünf Bezirke und eine Stadt mit Sonderstatus
Salzburg wird dann nur mehr sechs Bezirksgerichte haben. Der sechsten Bezirkshauptmannschaft, nämlich jener
im Magistrat der Stadt Salzburg, fehlt die Sicherheitsbehörde zur Vollwertigkeit. Anders gesagt: Die Befehlsgewalt
für die Polizei der Mozartstadt liegt nicht beim Bürgermeister, sondern beim Landespolizeikommando. Somit
hat Salzburg recht betrachtet fünfdreiviertel Bezirkshauptmannschaften, BHs, wie sie keck im Verwaltungsjargon
abgekürzt werden.
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