Landwirtschaftsausschuss vertagt Anträge der Opposition zu Pestiziden und GAP-Fördermitteln
Brüssel/Wien (pk) – Das Thema Glyphosat wird weiter auf der innenpolitischen Tagesordnung bleiben.
Der Landwirtschaftsausschuss vertagte am 4. Dezember mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS einen
Antrag der SPÖ auf ein sofortiges Verbot des umstrittenen Pestizids, wobei ÖVP und FPÖ ihren Beschluss
mit den noch ausständigen Ergebnissen der Machbarkeitsstudie begründeten. Auch die NEOS wollen noch entsprechende
Bewertungen abwarten, während hingegen SPÖ und JETZT von akutem Handlungsbedarf angesichts der gesundheitlichen
Risiken sprachen und die Vertagung scharf kritisierten.
In die Warteschleife verwiesen die Regierungsparteien auch einen SPÖ-Vorstoß betreffend ein Verbot des
Insektizids Chlorpyrifos sowie eine Serie von Anträgen, in denen die Opposition im Hinblick auf die kommende
GAP-Förderperiode mehr Nachhaltigkeit, Verteilungsgerechtigkeit und Frauenförderung einmahnt. Vertagt
wurden schließlich auch eine SPÖ-Initiative mit der Forderung nach einer globalen Gentechnikdatenbank
sowie ein Vorschlag der NEOS betreffend die stressfreie Schlachtung von Tieren am Bauernhof.
Glyphosatverbot bleibt umstritten
Die SPÖ beruft sich bei ihrem Vorstoß für ein sofortiges Glyphosatverbot auf das Vorsorgeprinzip
und weist vor allem auf mögliche Gefahren für Gesundheit und Umwelt hin (18/A) . Agrarsprecher Erwin
Preiner schickte in diesem Zusammenhang auch die Forderung nach einem Verbot des Insektizids Chlorpyrifos nach
(344/A(E)) , das, wie er warnte, als Nervengift extrem gefährlich für Mensch und Tier sei. Bereits in
acht EU-Staaten gebe es ein Verbot, unterstrich er.
ÖVP-Abgeordneter Klaus Lindinger erinnerte an den wachsenden Schädlingsdruck als Folge des Klimawandels,
der die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmitteln erhöhe. Wichtig sei es, dass sich alle an die Pflanzenschutzgesetze
halten, bekräftigte er, was SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl wiederum mit der Bemerkung quittierte, noch
mehr Chemie könne nicht die Antwort auf die Klimaerwärmung sein.
Ausschussobmann Georg Strasser (ÖVP) machte auf die strengen Regeln für die Anwendung von Glyphosat in
Österreich aufmerksam und betonte, im Unterschied zu anderen Staaten dürfe das Pestizid nicht auf reife
Früchte aufgebracht werden.
NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer sprach sich für ein Verbot von Glyphosat im privaten und kommunalen Bereich
aus. Für Erwin Preiner (SPÖ) ist das Kärntner Glyphosat-Verbot, das die private Anwendung betrifft,
ein erster richtiger Schritt, Ziel bleibe aber ein Totalverbot.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger verwies auf die derzeit laufende Machbarkeitsstudie bezüglich Glyphosat,
deren Ergebnisse im Frühjahr 2019 vorliegen werden. Chlorpyrifos wiederum werde auf EU-Ebene wissenschaftlich
bewertet. Auch hier sei mit Resultaten erst im nächsten Jahr zu rechnen.
Die Abgeordneten Klaus Lindinger (ÖVP) und Peter Schmiedlechner (FPÖ) plädierten vor diesem Hintergrund
dafür, die entsprechenden Ergebnisse abzuwarten und begründeten damit den mit den Stimmen der Regierungsparteien
und der NEOS beschlossenen Vertagungsantrag. Kein Verständnis für diese Entscheidung hatten Erwin Preiner
und JETZT-Abgeordneter Wolfgang Zinggl, die mit Nachdruck auf die sowohl für Glyphosat als auch für Chlorpyrifos
von Studien dokumentierten Gefahren für die Gesundheit hinwiesen und dringenden Handlungsbedarf seitens der
Politik orteten.
GAP-Förderungen: Opposition fordert Nachhaltigkeit, Verteilungsgerechtigkeit und Frauenförderung
Einen neuerlichen Anlauf für einen Kurswechsel in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) unternahm die SPÖ
mit einem Antrag (171/A(E)) , in dem Erwin Preiner mehr Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei den landwirtschaftlichen
Förderungen einmahnte. Geht es nach dem Landwirtschaftssprecher der SPÖ, dann sollen in Zukunft die Agrarförderungen
im Rahmen des Umweltprogramms an einen Verzicht auf Pestizide gekoppelt werden. Weitere Punkte sind die Umschichtung
der Mittel von den Direktförderungen hin zum ländlichen Raum sowie eine Obergrenze für EU-Direktzahlungen
an Großbetriebe. Handlungsbedarf ortet er auch beim Breitbandausbau im ländlichen Raum sowie in Sachen
Eindämmung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung. SPÖ-Mandatarin Petra Wimmer wiederum will mit
ihrer Initiative (409/A(E)) die sozialen Dienste und die Mobilität im ländlichen Raum stärken und
darüber hinaus einen Frauenschwerpunkt setzen. Entsprechende Vorgaben an die Mitgliedstaaten sollten in der
kommenden GAP-Förderperiode verankert werden, betonte sie.
Namens der NEOS wiederum erhob Karin Doppelbauer die Forderung nach einem Einsatz von mindestens 50% der GAP-Fördermittel
zu Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern (475/A(E) .
In der Debatte forderte SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl ebenso wie Wolfgang Zinggl (JETZT) einmal mehr eine Umschichtung
der Fördergelder hin zu den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben und in den ländlichen Raum. Andreas Kühberger
(ÖVP) zeigte sich hingegen skeptisch und erinnerte an die unsichere Lage angesichts des Brexit und seiner
Folgen für die Landwirtschaftsgelder. Wenn wir die Landwirtschaft in der aktuellen Form weiter betreiben wollen,
dann müssen wir das Geld in erster Linie für die LandwirtInnen aufwenden, brachte FPÖ-Mandatar Maximilian
Linder seine Irritation über das SPÖ-Anliegen auf den Punkt.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger kritisierte die auf EU-Ebene geplanten Kürzungen im Bereich der
ländlichen Entwicklung und betonte, für Österreich sei es unabdingbar, dass die enormen Leistungen
der Landwirtschaft für die Gesellschaft abgebildet werden. Dieses Ziel erfülle der derzeitige Vorschlag
der europäischen Kommission nicht. Man stelle sich auf harte Verhandlungen ein, gehe es doch darum, die bäuerlichen
Familienbetriebe weiterhin abzusichern.
Im Hinblick auf die kommenden Verhandlungen wurden die drei Anträge mehrheitlich vertagt.
NEOS für stressfreie Schlachtung
Eine stressfreie Schlachtung im gewohnten Lebensumfeld der Tiere ist Anliegen der NEOS (474/A(E) ), wobei Karin
Doppelbauer auf ein entsprechendes Pilotprojekt aus Oberösterreich verwies. Dies sei auch Wunsch der KonsumentInnen.
Gerald Hauser (FPÖ) bezog sich ebenfalls auf das laufende Pilotprojekt, dessen Ergebnisse es abzuwarten gilt.
Er stellte daher den Antrag auf Vertagung der NEOS-Initiative. Einig war sich Hauser mit Cornelia Ecker (SPÖ)
darin, dass in der Thematik der Gesundheitsausschuss zuständig sei. Ecker unterstrich zudem, dass eine stressfreie
Schlachtung nicht zwingend mobile Schlachtung sein muss, wie sie es im Antrag der NEOS ortete.
SPÖ und JETZT fordern globale Gentechnikdatenbank
Während in der Europäischen Union die so genannten "neuen Züchtungstechniken" unter das
Gentechnikregime fallen und als Gentechnik gekennzeichnet werden müssen, gibt es in den USA und anderen Staaten
keine derartigen Kennzeichnungspflichten für Produkte, die gentechnisch manipulierte Organismen enthalten.
Markus Vogl (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) appellieren deshalb an die Bundesregierung (507/A(E))
, sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Schaffung einer globalen Gentechnikdatenbank
einzusetzen. Dies würde Transparenz bieten und damit Entscheidungsfreiheit bei Import und Konsum ermöglichen,
argumentierten Vogl und Wolfgang Zinggl (JETZT). Eine entsprechende Datenbank sowie eine Kennzeichnungspflicht
würden KonsumentInnen und ProduzentInnen mehr Sicherheit geben, insbesondere wenn sie sich für Bio-Produkte
entscheiden, sagte Vogl. Der Antrag bilde einen ersten Schritt, global einheitliche Regelungen zu finden. Damit
reagierte Vogl auf Kritik von Franz Leonhard Eßl (ÖVP), der unterstrich, dass es keinen global einheitlichen
Begriff der Gentechnik gebe. Zu der Frage müssten weitere Diskussionen geführt werden, begründete
Eßl seinen Vertagungsantrag. Dem schloss sich Georg Strasser (ÖVP) an, der sich dafür aussprach,
auch naturwissenschaftlich an die Thematik heranzugehen und auf EU-Ebene zu diskutieren. Auf entsprechende Frage
von Erwin Preiner (SPÖ) sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, dass Österreich seinen
Bedarf nicht gänzlich selbst decken kann - trotz seiner Anstrengungen, nicht mehr auf Sojaimporte angewiesen
zu sein.
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