RLS-PatientInnen zeigen Eisendefizit in Mitochondrien – Dopamin verbessert Eisenverfügbarkeit
in den Zellen – Erfolg durch interdisziplinäre Zusammenarbeit
Innsbruck (i-med) - Wer am Restless Legs Syndrom (RLS) leidet – in Österreich sind das rund zehn Prozent
– kommt im wahrsten Sinne des Wortes nicht zur Ruhe. Zunehmender und unkontrollierbarer Bewegungsdrang in Ruhelage
raubt den Schlaf und mindert die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Ein interdisziplinäres Team um den
Internisten Günter Weiss von der Medizin Uni Innsbruck konnte nun erstmals jene pathophysiologischen Mechanismen
entlarven, die dieser neurologischen Schlafstörung zugrunde liegen.
Die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Gesichert ist die zentrale
Rolle des Dopaminsystems. Der Nervenbotenstoff Dopamin bzw. seine Vorläufer L-Dopa und sog. Dopaminagonisten
werden bereits therapeutisch eingesetzt, um spezifische RLS-Symptome wie Ziehen, Spannen, Kribbeln, Schmerzen oder
andere als unangenehm empfundene Gefühle in Zuständen der Ruhe bzw. während des Schlafs und dem
damit verbundenen Bewegungsdrang zu beseitigen.
Gestörter Eisenstoffwechsel in den Mitochondrien
Innsbrucker ForscherInnen können in ihrer im Fachjournal Movement Disorders veröffentlichten Untersuchung
nun erstmals eindrucksvoll belegen, dass eine durch Eisenmangel bedingte Fehlfunktion der Mitochondrien – die Energiekraftwerke
der Zelle – der idiopathischen, also nicht mit anderen Erkrankungen zusammenhängenden Form des RLS zugrunde
liegt. In Zusammenarbeit mit dem von Birgit Högl geleiteten Schlaflabor an der Univ.-Klinik für Neurologie
wurde in den Immunzellen von 287 PatientInnen des Innsbrucker Schlaflabors – davon 168 RLS-PatientInnen – die
für die Energiegewinnung notwendige Eisenverfügbarkeit untersucht. „Der Vergleich systemischer Eisenmangelparameter
wie Ferritin, Eisen oder Hämoglobin zeigte keine Unterschiede zwischen diesen Gruppen. In den Mitochondrien
konnten wir jedoch feststellen, dass all jene Gene, die mit dem Eisenstoffwechsel in Zusammenhang stehen, herunterreguliert
waren. Die Aktivität der Mitochondrien und deren Energieproduktion waren somit aufgrund des dort herrschenden
Eisenmangels beeinträchtigt“, berichtet Weiss, der an der von ihm geführten Univ.-Klinik für Innere
Medizin II auch das Christian Doppler-Labor für Eisenstoffwechsel und Anämieforschung leitet. Dass es
sich bei der mitochondrialen Dysfunktion um keinen genetischen, sondern um einen funktionellen Defekt handelt,
konnte von Florian Kronenberg, Leiter der Sektion für Genetische Epidemiologie der Medizin Uni Innsbruck,
nachgewiesen werden. Die auf den drei Schwerpunkten Immunologie, Neurologie und Genetik basierende Forschungsarbeit
wurde aus Mitteln des Tiroler Wissenschaftsfonds gefördert.
Gezieltere RLS-Therapie
„Eine weitere Erkenntnis unserer Untersuchungen zum Thema Eisenstoffwechsel und Dopamin ist, dass die Verabreichung
dopaminerger Substanzen die Verfügbarkeit von Eisen in Zellen und damit die Funktion der Mitochondrien und
deren Energieproduktion signifikant verbessert“, spricht Erstautor David Haschka die mit den neuen Erkenntnissen
ermöglichte gezieltere Therapie von idiopathischen RLS-PatientInnen an. Weitere Untersuchungen des Innsbrucker
Teams sollen klären, welche funktionellen Mechanismen zu einer verminderten mitochondrialen Eisenverfügbarkeit
führen.
Zum besseren Verständnis der Pathophysiologie sowie zur Diagnostik und Therapie des RLS wird an der Medizinischen
Universität Innsbruck seit vielen Jahren intensiv geforscht. Das seit 1995 an der Innsbrucker Univ.-Klinik
für Neurologie bestehende Schlaflabor unter der Leitung der Neurologin Birgit Högl, eines der modernsten
Einrichtungen dieser Art in Europa, das 2014 als erstes Zentrum außerhalb der USA als Quality Care Center
(QCC) ausgezeichnet wurde, konnte mit der Erforschung des RLS bereits international beachtete Akzente setzen. Mitbeteiligt
an dieser Studie war auch Erich Gnaiger von der Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie,
der sich seit vielen Jahren mit der Physiologie von Mitochondrien beschäftigt und auch spezielle Geräte
entwickelt hat (Oxygraph-2k von der Tiroler Firma OROBOROS INSTRUMENTS GmbH), mit denen die Funktionalität
und der Energiestoffwechsel von Mitochondrien in lebenden Zellen gemessen werden kann.
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