…an den Nationalfonds der Republik Österreich
Wien (onb) - Die Österreichische Nationalbibliothek hat am 14. Dezember 2.255 in der NS-Zeit unrechtmäßig
erworbene "erblose" Bücher entsprechend dem Kunstrückgabegesetz an den Nationalfonds der Republik
Österreich für Opfer des Nationalsozialismus restituiert und anschließend für rund 75.000
Euro zurückgekauft.
Im Rahmen einer Gedenkfeier im Oratorium der Österreichischen Nationalbibliothek betonten der Vorsitzende
des Kuratoriums des Nationalfonds, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, die Generaldirektorin der Österreichischen
Nationalbibliothek Johanna Rachinger und die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah Lessing die Bedeutung
dieser Form der Restitution. Damit werde ein Weg beschritten, der wegweisend für andere Museen und Bibliotheken
sei, da eine öffentliche Versteigerung der "erblosen" Bücher nicht zielführend wäre.
"Die Restitution der in der NS-Zeit geraubten Bücher ist für die Österreichische Nationalbibliothek
nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch ein moralisches Anliegen", unterstrich Rachinger. "Ich
freue mich deshalb sehr, dass wir mit der heutigen Rückgabe und dem gleichzeitigen Rückkauf von 2.255
erblosen Büchern einen weiteren wichtigen Schritt zur lückenlosen Aufarbeitung geschehenen Unrechts setzen
können."
Hannah Lessing erinnerte an die vor 20 Jahren verabschiedeten Washingtoner Prinzipien in Bezug auf Kunstwerke,
die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden. Auf der im vergangenen November stattgefundenen internationalen
Fachkonferenz in Berlin sei viel von "erblosen" Büchern gesprochen worden, sagte Lessing. "Ich
habe persönlich erlebt, wie viel Freude ein zurückgegebenes Buch bereiten kann, das vor 80 Jahren den
Vorfahren geraubt wurde. Die heute an den Nationalfonds übergebenen Bücher aus dem Bestand der Österreichischen
Nationalbibliothek konnten trotz intensiver Nachforschungen nicht an die ErbInnen der ursprünglichen EigentümerInnen
übergeben werden, aber es ist schön, dass sie nun in der Bibliothek ein dauerhaftes Zuhause finden."
„Der Nationalsozialismus und der Anschluss Österreichs im März 1938 haben eines der dunkelsten Kapitel
der österreichischen Geschichte eingeläutet. Über Jahrzehnte wurde Österreich im kollektiven
Bewusstsein als erstes Opfer der NS-Herrschaft dargestellt und erst viel zu spät auch die Rolle der Täter
beleuchtet. Der Nationalfonds der Republik Österreich hat Hervorragendes geleistet um dieses Unrecht – wenngleich
auch spät – wiedergutzumachen“, so Präsident Wolfgang Sobotka.
Bei den Büchern handelt es sich zu einem großen Teil um Judaica und Hebraica. Ein Teil der Werke stammt
aus Beständen, die für die in der NS-Zeit geplanten, aber nicht realisierten "Zentralbibliothek
der Hohen Schule" und "Führerbibliothek" in Linz vorgesehen waren, sowie aus Beständen,
die in einer Synagoge in Triest gesammelt und gelagert wurden und von dort in die Nationalbibliothek gelangten.
Der Provenienz-Bericht der Österreichischen Nationalbibliothek vom Dezember 2003 listete insgesamt rund 52.000
Objekte als mögliches "NS-Raubgut" auf, davon wurden insgesamt rund 49.000 Einzelobjekte an frühere
EigentümerInnen, deren ErbInnen bzw. den Nationalfonds zurückgegeben. Bereits 2010 wurde eine erste Tranche
von rund 8.300 nicht restituierbaren erblosen Büchern aus dem Bestand der Nationalbibliothek an den Nationalfonds
übergegeben und gleichzeitig für die Bibliothek zurückgekauft.
Der Nationalfonds erhielt 1998/99 durch das Kunstrückgabegesetz den Auftrag, "erblose" Kunstgegenstände
aus öffentlichem Besitz zugunsten von NS-Opfern zu verwerten. Bevor die Kunstobjekte zur Verwertung gelangen,
sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um noch mögliche Rückstellungsberechtigte zu
erreichen. Zu diesem Zweck unterstützt der Nationalfonds die Kunstrückgabe-Gremien des Bundes und der
Stadt Wien bei der Erbensuche und betreibt eine Kunst-Datenbank. Objekte, deren EigentümerInnen nicht mehr
festgestellt werden können, werden dem Nationalfonds zum Zweck der Verwertung übereignet. Der Nationalfonds
verwendet die aus der Verwertung erlösten Mittel zugunsten von Opfern des Nationalsozialismus.
|