Erste umfassende Varianten-Grammatik der deutschen Sprache erschienen
Graz (universität) - Soeben wurde das Österreichische Wort des Jahres gekürt. Kinder und
Eltern sind mittlerweile uneins, ob man beim Adventskalender das nächste Türl öffnen darf, oder
ob das begehrte Objekt doch ohne s mitten im Wort auskommt. Klarheit über die aktuellen regionalen Ausprägungen
der deutschen Sprache verschafft ein soeben erschienenes Online-Nachschlagewerk, die 1300 Einträge umfassende
Variantengrammatik des Deutschen, abrufbar unter http://mediawiki.ids-mannheim.de/VarGra.
Die sowohl für WissenschafterInnen als auch für eine breite Öffentlichkeit konzipierte Publikation
ist unter der Federführung der Universitäten Graz, Salzburg und Zürich entstanden. Ein Team von
mehr als zwanzig ForscherInnen, geleitet von Arne Ziegler (Graz), Stephan Elspaß (Salzburg) und Christa Dürscheid
(Zürich), hat sieben Jahre lang Texte aus 68 Regionalzeitungen analysiert und erstmals umfassend die grammatische
Variation des Standarddeutschen im gesamten Sprachgebiet dokumentiert.
Vom Wort Park beispielsweise existieren die Plural-Varianten Parks, Pärke (in der Schweiz) und Parke (mehrheitlich
in Südtirol), E-Mails und SMS werden in Deutschland nahezu ausschließlich mit weiblichem, in Österreich
und der Schweiz häufig auch mit sächlichem Artikel versendet. Aufnahmsprüfungen muss man nur in
der Osthälfte Österreichs ablegen, überall sonst gibt es Aufnahmeprüfungen. Und vorweihnachtliche
Kränze, Märkte oder Kalender kommen hauptsächlich in Österreich und Südtirol ohne s aus,
in Deutschland sind sie in der Form eine Randerscheinung. In der Schweiz gibt es ausschließlich die Variante
Advents.
All diese Details sowie ausführliche Erklärungen und einen grundlegenden Überblick über grammatikalische
Phänomene findet man in der Publikation. „Die Einträge sind für LaiInnen verständlich beschrieben,
mit Beispielen erklärt, und Karten bieten einen schnellen Überblick“, führt Projektmitarbeiterin
Anna Thurner aus. Dort wird auch angeführt, wie häufig welche Ausprägung in welchem Gebiet zu lesen
ist. „Alle dokumentierten Varianten gehören zur deutschen Standardsprache und sind gleichberechtigt“, unterstreichen
die GermanistInnen.
Das trinationale Projekt wurde von Forschungsförderungsinstitutionen Österreichs, Deutschlands und der
Schweiz mit insgesamt 1,2 Millionen Euro finanziert. Das Team untersuchte knapp 600 Millionen Begriffe sowie ihre
örtliche Verbreitung.
Weitere Informationen
http://www.variantengrammatik.net/
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