200 Jahre "Stille Nacht" mit Bischof Zsifkovics
Eisenstadt (martinus) - Menschen aus der ganzen Welt reisen vor Weihnachten ins Salzburgerland, um den Advent
und die Geschichte des "Stille Nacht"-Liedes hautnah zu erleben. Im großen Jubiläumsjahr von
"Stille Nacht, heilige Nacht", das heuer sein 200-jähriges Bestehen feiert, ist das Reiseziel umso
begehrter. Franz Josef Rupprecht, Chefredakteur des "martinus", der Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt,
organisierte für Leserinnen und Leser eine dreitägige Reise vom 7. bis 9. Dezember mit dem Bus nach Salzburg.
Gemeinsam mit Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics erkundete die aus ca. 140 Personen bestehende Reisegruppe
den historischen Ursprung und die einzigartige Erfolgsgeschichte von "Stille Nacht, heilige Nacht" und
ließ sich vom Zauber des wohl bekanntesten Weihnachtsliedes der Welt verführen. "Dieses Lied hat
der Friedensbotschaft, dem Evangelium von der Menschwerdung Gottes und seinem liebenden Ja zu allen Menschen eine
unverkennbare, über alle Sprachunterschiede hinweg verstehbare Melodie eingeschrieben", sagte Bischof
Zsifkovics.
Übersetzungen in mehr als 300 Sprachen
1818 führten der Arnsdorfer Dorfschullehrer und Organist Franz Xaver Gruber und der Hilfspfarrer Joseph
Mohr in Oberndorf bei Salzburg das Weihnachtslied "Stille Nacht" erstmals auf. Heute gibt es Übersetzungen
in mehr als 300 Sprachen und Dialekte. Zum 200-Jahr-Jubiläum laden 13 "Stille-Nacht-Orte" im Salzburgerland,
in Oberösterreich und Tirol zu einer Entdeckungsreise durch die Entstehungsgeschichte des weltberühmten
Liedes ein. Und Salzburg mit seinen idyllischen Plätzen und imposanten Kirchen präsentierte sich für
die "martinus"-Reisenden zur Adventszeit als ein Hotspot des "Stille Nacht"-Zaubers.
Wallfahrtskirche Christkindl: Mit den Augen eines Kindes auf das Kind blicken
Am ersten Reisetag besuchte die von Bischof Ägidius J. Zsifkovics begleitete Gruppe die Wallfahrtskirche
Christkindl bei Steyr. Der Bau war 1702 von Giovanni Battista Carlone begonnen und ab 1708 vom berühmten Barockbaumeister
Jakob Prandtauer, dem Erbauer u.a. von Stift Melk, vollendet worden. Vor der Gnadenfigur am Hochaltar, einem nur
zehn Zentimeter hohen, aus Wachs geformten Jesuskind, das heute Anziehungspunkt für Besucherinnen und Besucher
aus aller Welt ist, dankte der Bischof den Reisenden, dass sie sich zum Kinde Jesus aufgemacht haben, und zelebrierte
einen besinnlichen Gottesdienst in stimmiger Atmosphäre, bei der niemand geringerer als der als "singender
Pfarrer" im gesamten deutschen Sprachraum bekannte Franz Brei die Predigt hielt.
Pfarrer Brei: Himmlische Schätze gratis einkaufen
Pfarrer Brei, der erst vor kurzem eine äußerst erfolgreiche CD mit Weihnachtsliedern herausgebracht
hat, sprach zu den "martinus"-Reisenden von der "schwierigen inneren Wetterlage" vieler heutiger
Menschen. Wer hingegen von sich sagen könne, "dass das Kind in der Krippe auch in der Krippe des eigenen
Herzens liegt", für den scheine öfter die Sonne und vieles sei leichter. Als Rezept gegen vorweihnachtliche
Hektik, Stress und Einkaufswahn, der auch vor dem Marienfeiertag am 8. Dezember nicht halt mache, empfahl Franz
Brei wörtlich: "Kaufen Sie am Feiertag ruhig viel ein! Aber bitte nur von den himmlischen Schätzen,
die gratis sind und die man nur mit dem Herzen eines Kindes schauen kann!"
Wunder und Wohltat
Im Rahmen der anschließenden Kirchenführung, die von der Theologin Johanna Eisner wissenschaftlich
profund und menschlich berührend gestaltet wurde, erfuhren die Gläubigen, dass 1695 der schwerkranke
Türmer und Kapellmeister Ferdinand Sertl ein kleines Jesukind aus Wachs in die Höhlung einer Fichte stellte.
Mehrmals in der Woche ging er dorthin, um zu beten. Als seine Epilepsie plötzlich verschwand - ein Umstand,
den Sertl interessanterweise nie als Wunder, sondern als eine "Wohltat" Gottes bezeichnete -, kamen derart
viele Wallfahrer an den Ort, dass schließlich eine Kirche gebaut wurde. So entstand der Name "Zum Christkindl
unterm Himmel". Freilich durfte bei dem Rundgang durch Christkindl auch ein Besuch der Krippenausstellung
und des weltberühmten Sonderpostamtes nicht fehlen.
Salzburger Adventsingen als Highlight
Nach der Weiterfahrt nach Salzburg und dem gemeinsamen Abendessen nutzte ein Teil der Reisegruppe die Möglichkeit
zum Besuch des "Salzburger Adventsingens" im Großen Festspielhaus, dem wohl emotionalen und künstlerischen
Höhepunkt dieser Reise: Mit dem auf höchster musikalischer Ebene dargebotenen Programm wurde die Entstehungsgeschichte
des Liedes "Stille Nacht" im geschichtlichen Kontext seiner Entstehungszeit erlebbar, gestaltet als dankbare
Reverenz an Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber für ihr Lied, das der Welt zum Geschenk wurde. Mit über
150 Sängerinnen und Sängern, Musikantinnen und Musikanten, Solistinnen und Solisten, Schauspielerinnen
und Schauspielern wurden vertraute, von Generation zu Generation überlieferte alpenländische Lieder und
Weisen im Einklang mit neuen kompositorischen Werken zu einem neuen, für das Salzburger Adventsingen charakteristischen
Klangerlebnis vereint.
Hineinhören in die Entstehungsmelodie von "Stille Nacht"
Am Samstag stand ein Spaziergang mit örtlicher Reiseleitung durch die Salzburger Innenstadt vom Mirabellgarten
über das Mozarteum bis zu den Festspielhäusern und dabei der Besuch des Christkindlmarktes am Dom- und
Residenzplatz am Programm. Der Nachmittag widmete sich dann der Entstehungsmelodie von "Stille Nacht, heilige
Nacht": In Oberndorf, wo das berühmteste aller Weihnachtslieder seinen Ausgang hatte, besichtigten die
Reisenden die "Stille-Nacht"-Kapelle, die alljährlich Touristen aus aller Welt anzieht. Bischof
Zsifkovics sprach dort mit Reisenden ein Gebet und sang mit ihnen gemeinsam das Lied "Stille Nacht".
Ein Lied als Ausdruck zweier Biografien
Das "Stille Nacht"-Museum im benachbarten Arnsdorf gab nicht nur Einblicke in die Historie des Liedes,
sondern ließ auch den Zauber von "Stille Nacht" an der Originalstätte des Liedschöpfers
Franz-Xaver Gruber erspüren. In der Wallfahrtskirche Maria im Mösl, der ältesten Wallfahrtskirche
in Österreich, konnte auch die Orgel, auf der Gruber spielte, besichtigt werden. Kustos Max Gurtner gab den
Reisenden tiefe Einblicke in die Biografien und die Psyche von Gruber und Mohr und erschloss damit völlig
neue Perspektiven auf die Entstehungsgeschichte eines Liedes, das um die Welt gehen sollte.
Maria Plain: Eine "Beauty Queen" und zwei Ministranten der besonderen Art
In den Nachmittagsstunden ging es weiter nach Maria Plain, wo die "martinus"-Reisenden mit Bischof
Zsifkovics eine Messe in der Wallfahrtskirche Maria Plain, einem prächtigen Barockensemble mit den Geheimnissäulen,
dem Kalvarienberg und der Wallfahrtsbasilika, feierten. In seiner Predigt zum Fest Mariä Empfängnis stellte
der Eisenstädter Bischof das Phänomen weltlicher Schönheitswettbewerbe und dem Massengeschmack angepasster
Miss-Wahlen in Bezug zum Gedanken der Auserwählung des Menschen durch Gott: "Bei der Vorbereitung zur
Miss-Wahl ist alles wichtig: Frisur, Kleidung, Gang und Make-up. Selig die Gewinnerin, deren Foto dann überall
zu sehen ist, und die Anerkennung, Geld und wohl auch so manchen Heiratsantrag bekommt", so Zsifkovics wörtlich.
"Doch bei Gott läuft es anders als in der Welt: Um einen Menschen zu erwählen, gebraucht Gott keine
Jury, keine Krönchen und auch keine Empfehlungsschreiben - nicht einmal solche von Bischöfen. Noch bevor
wir als Menschen etwas leisten, hat er bereits unsere Namen in seine Hand geschrieben. Keiner geht bei ihm leer
aus". Ob der Mensch diese Erwählung annimmt, hänge freilich von ihm selbst ab und sei Ergebnis seines
freien Willens. Wenn Katholiken das Fest Mariä Empfängnis begehen, dann feiern sie, "dass Gott die
Mutter seines Sohnes erwählt hat und dass Maria diese Wahl auch angenommen hat - als ein Mensch, der bereits
im Leib seiner eigenen Mutter frei von den üblichen Ketten, Verstrickungen und Vorbelastungen des menschlichen
Daseins gewesen ist." Freuen durfte sich der Bischof über die Mithilfe zweier prominenter Ministranten
beim Gottesdienst: martinus-Chefredakteur Franz Josef Rupprecht und der Geschäftsführer der Firma Blaguss,
Hannes Kirnbauer, assistierten gekonnt und in freudiger Erinnerung an die gemeinsame Zeit mit ihrem Schulkollegen
Ägidius J. Zsifkovics im Knabenseminar im Mattersburg.
Gottesdienst mit Bischof Zsifkovics im Linzer Dom
Höhepunkt des letzten Reisetages war eine Gottesdienstfeier im Mariendom, dem sogenannten "Neuen
Dom" in Linz, wo die Reisenden von Dompfarrer Dr. Maximilian Strasser herzlich empfangen wurden. In seiner
Predigt erinnerte der Dompfarrer an das Wort des heiligen Augustinus, demzufolge "Christus das Wort, Johannes
der Täufer aber die Stimme" sei. Dies führe auch für Christen heute zu der mit der eigenen
Existenz zu beantwortenden Frage: "Bin ich in meinem Leben jemand, der Christus eine Stimme gibt, oder nicht?"
Eine theologisch und baugeschichtlich beeindruckende Interpretation des Festes Mariä Empfängnis gab Dompfarrer
Strasser den martinus-Reisenden mit seiner anschließenden Führung durch den Mariendom, dessen Gestalt
und Formgebung dem sehenden Auge einen sinnerfüllten Narrativ der menschlichen Existenz von der Geburt bis
zum Tod eröffnet. Der Linzer Mariä-Empfängnis-Dom ist zwar nicht ganz die höchste, jedoch die
größte Kirche Österreichs und bietet etwa 20.000 Menschen Platz. Die Innengalerie gibt in 15 Metern
Höhe faszinierende Ausblicke auf den Kirchenraum und den erst kürzlich fertiggestellten neuen Altarraum
frei. Als besonderen adventlichen Blickfänger konnten die Gläubigen die Krippe im Dom bestaunen, die
weltweit als eine der größten und schönsten gilt. Am Nachmittag ging es mit dem Bus wieder zurück
ins Burgenland.
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