Wien (nöwpd) - Sehr unterschiedlich fällt derzeit das Bild der Papierindustrie in Niederösterreich
aus. Während integrierte Papierfabriken und Hersteller auf Altpapierbasis von niedrigen Rohstoff- und hohen
Zellstoffpreisen profitieren, sind jene Fabriken, die Zellstoff zukaufen müssen, mit sehr hohen Kosten konfrontiert.
Verpackungen aus Papier und Karton boomen mit der guten Konjunktur, während im graphischen Gewerbe der Markt
weiterhin schrumpft.
Derzeit beschäftigt die Branche in Niederösterreich 1.468 Mitarbeiter und 75 Lehrlinge – gegenüber
1.472 Mitarbeitern und 68 Lehrlingen im Jahr 2017. Die Mengen zum Ende des dritten Quartals 2018 sind insgesamt
leicht um ein Prozent auf 734.000 Tonnen Papier zurückgegangen. Der Umsatz sank sogar um 5,6 Prozent auf 652
Millionen Euro. „Es sind herausfordernde Zeiten für Hersteller graphischer Papiere, die nicht selbst Zellstoff
herstellen, während die Verpackungs- und Hygienehersteller ein exzellentes Umfeld haben“, berichtet Thomas
Salzer, Geschäftsführer der Firma Salzer Papier GmbH sowie Spartenobmann der Industrie und Fachvertretungsvorsitzender
der Papierindustrie in der NÖ Wirtschaftskammer, dem NÖ Wirtschaftspressedienst.
Holz und Altpapier sind die wichtigsten Rohstoffe für die Papierherstellung. Deshalb setzt die Branche auf
Nachhaltigkeit. „Holzfasern können viele Male wiederverwertet werden, neue Erkenntnisse dazu erwarten wir
im kommenden Jahr“, erklärt Thomas Salzer. Das verwendete Holz stammt vorwiegend aus regionalen und nachweislich
nachhaltigen Wäldern. Das schwache Rundholz kommt aus der Waldpflege. Es wird bei der Durchforstung entnommen,
damit sich der Baumbestand besser entwickeln kann. Als zweite Quelle dienen Hackschnitzel, die in Sägewerken
als Nebenprodukt anfallen. Mengenmäßig ebenso wichtig ist für die Papierindustrie das Altpapier,
das in Betrieben und Haushalten anfällt. Die Sammelsysteme in Österreich sind seit langem gut etabliert,
und die Sammelmoral bei den Konsumenten hoch.
„Die Papierindustrie ist seit jeher bestrebt“, sagt Thomas Salzer, „aus ihren Rohstoffen das Maximum herauszuholen.
Altpapier kann mehrmals wiederverwertet werden, erst wenn die Fasern zu kurz sind, werden sie energetisch genutzt.“
Mit einer Altpapier-Recyclingquote von 74 Prozent liegt Österreich über dem Durchschnitt der Europäischen
Union. Die Steigerung auf 85 Prozent bis 2030 ist ein sehr ambitioniertes Ziel.
„Bereits heute“, so Salzer, „ist die Papierindustrie das vorbildliche Beispiel einer hoch entwickelten Kreislaufwirtschaft
mit hoher stofflicher und energetischer Ressourceneffizienz. In den letzten Jahren haben wir mehr als eine Milliarde
Euro in Umweltschutzmaßnahmen investiert. Rund 90 Prozent des Wassers gelangen sauber zurück in den
Vorfluter, der Rest ist Dampf oder verbleibt im Produkt. Das Abwasser wird zur Gänze in eigenen kommunalen
Betrieben oder in Verbandskläranlagen mehrstufig gereinigt.“
Eine Herausforderung der Zukunft sei es, junge und engagierte Nachwuchskräfte für die Papierfabriken
zu finden. „Hier spielt nicht nur die abnehmende Zahl an Jugendlichen eine Rolle, sondern auch die Konkurrenz mit
anderen Betrieben und den Schulen“, meint Salzer. „Die Entlohnung der Lehrlinge in der Papierindustrie liegt im
Spitzenfeld der Industrie, wozu noch zahlreiche weitere Anreize kommen. Das müssen wir noch mehr nach außen
kommunizieren.“
Als wichtig bezeichnet er „eine Anpassung unseres Bildungssystems an die Erfordernisse der heutigen Berufswelt,
etwa durch eine Leistungsorientierung im Bildungssystem, und Förderung des Interesses an Technik und Naturwissenschaften
schon von klein an.“ Erheblich nachteilig für den Standort der energieintensiven Papierbranche seien die im
Vergleich mit Deutschland um zirka 25 Prozent höheren Strompreise, „wodurch Neuinvestitionen in Papierfabriken
in Österreich eher die Ausnahme geworden sind.“
|