Sinkende Arbeitszeit verzerrt Statistik, Lohnpolitik der Sozialpartner erhöht Kaufkraft
Wien (pwk) - „Aus den Zahlen des Einkommensberichts wird gern der Schluss gezogen, die Einkommen in Österreich,
insbesondere die niedrigen Einkommen, sinken real. Bei genauerer Betrachtung belegt der Bericht des Rechnungshofs
das Gegenteil: nämlich dass die Einkommen steigen“, sagt Rolf Gleißner, stellvertretender Leiter der
Abteilung für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
So sind die Vollzeiteinkommen im Schnitt von 2004 bis 2017 real um 9,5 Prozent gestiegen, die Teilzeiteinkommen
sogar um 20 Prozent (Bericht Seite 49). Dem entspricht der Befund der Statistik Austria, wonach alle Lohnabschlüsse
der letzten Jahre über der Inflationsrate waren.
Dass sich der statistische Durchschnittslohn dennoch schwach entwickelt, hat laut Gleißner einen einfachen
Grund: Durch den steigenden Teilzeitanteil und einen massiven Rückgang von Überstunden hat sich die Arbeitszeit
im Schnitt zwischen 2004 und 2017 von 38,0 auf 35,6 Stunden pro Woche verkürzt. Rein statistisch dämpft
das die Einkommensentwicklung, auch wenn die Stundenlöhne steigen. Dies bestätigen auch WIFO und IHS,
der Rechnungshof betont diesen Teilzeiteffekt im Einkommensbericht mehrfach (Seiten 23, 41, 134).
Bereinigt um Teilzeiteffekt steigen untere Einkommen stärker
Noch stärker steigt der Teilzeitanteil in den unteren Einkommensgruppen: Während früher dort auch
Vollzeitbeschäftigte waren, finden sich in diesen Einkommensgruppen nun nur mehr Teilzeit- und geringfügig
Beschäftigte, was die Einkommensentwicklung stark dämpft. Bereinigt um Struktureffekte steigen die Niedrigeinkommen
dem Bericht zufolge (Seiten 60f.) sogar schneller als der Durchschnitt.
Gestaffelte Lohnabschlüsse und 1.500 Euro Mindestlohn wirken
„Ein Grund dafür ist, dass die Sozialpartner durch gestaffelte Lohnabschlüsse und die Umsetzung von 1.500
Euro Mindestlohn untere Einkommen oft kräftiger anheben“, betont Gleißner. Auch nach der Studie „Wie
geht´s Österreich 2018“ der Statistik Austria „reflektiert das Auseinanderdriften hoher und niedriger
Bruttojahreseinkommen nicht eine wachsende Ungleichheit, sondern vor allem eine veränderte Struktur des Arbeitsmarkts“.
Besonders stark wirkt der steigende Teilzeitanteil der Frauen. Getrennt betrachtet steigen die Vollzeiteinkommen
der Frauen schneller als die Vollzeiteinkommen der Männer, dasselbe gilt für die Teilzeiteinkommen der
Frauen (Seite 49). Nach Eurostat ist Teilzeit in Österreich zu 87,6 Prozent so gewollt, im EU-Schnitt nur
zu 73,6 Prozent.
„Fazit: Die Kaufkraft der Österreicher steigt. Das liegt auch an der verantwortungsvollen Lohnpolitik der
Sozialpartner“, schließt Gleißner.
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