Innsbruck (universität) - Stammzellforschern der Universität Innsbruck ist es erstmals gelungen, aus
menschlichen Blutzellen Gehirnstammzellen zu züchten. Damit ist es nun wesentlich leichter, vom Patienten
Stammzellen zu erhalten, mit denen man Erkrankungen des Nervensystems, wie z.B. Alzheimer oder Multiple Sklerose,
besser verstehen und künftig heilen kann.
Ein Team aus Forschern der Universität Innsbruck um Prof. Frank Edenhofer vom Institut für Molekularbiologie
und des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg hat menschliche Blutzellen durch Expression von vier Transkriptionsfaktoren
in neurale Stammzellen reprogrammiert. Die reprogrammierten Stammzellen können sich unbegrenzt vermehren und
in Zellen sowohl des zentralen als auch des peripheren Nervensystems ausreifen. „Außerdem haben wir mittels
der Genschere CRISPR/Cas9 ein Modell für eine menschliche Schmerzerkrankung geschaffen, das die Entwicklung
von Schmerzmedikamenten erleichtern wird“, erklärt Frank Edenhofer.
Schon bisher mit Hautzellen
Den Innsbrucker Forschern war vor kurzem schon die Umwandlung von Hautzellen in Gehirnstammzellen gelungen
– die nun veröffentlichte Verwendung von Blutzellen wird die biomedizinische Anwendung wesentlich erleichtern.
Blutzellen können im Gegensatz zu Hautzellen sehr einfach vom Patienten gewonnen werden, die Blutentnahme
ist im Gegensatz zur Hautbiopsie zudem klinische Routine. Stammzellen können praktisch jede andere Zelle des
Körpers bilden – und sind damit Hoffnungsträger für eine ganze Reihe von Therapien für bislang
nicht heilbare Krankheiten. „Aus Stammzellen gezüchtete Zellen können mitunter fehlerhafte oder kranke
Zellen ersetzen und so zur Heilung von Krankheiten beitragen“, sagt Prof. Frank Edenhofer.
Die Wissenschaftler verwendeten in der aktuell publizierten Forschung moderne Einzelzell-Sequenziermethoden, um
die Stammzellen zu identifizieren. Die in der renommierten Zeitschrift „Cell Stem Cell“ veröffentlichte Entdeckung
wird tiefe Einblicke in die Entwicklung des menschlichen Nervensystems erlauben und eine Quelle für neurale
Stammzellen liefern – die dann in der regenerativen Medizin eingesetzt werden können, wie Frank Edenhofer
erläutert: „Neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer oder auch chronisch-entzündliche
Erkrankungen des Nervensystems wie Multiple Sklerose sind heute mit gängigen Mitteln nicht heilbar, die Medizin
kann sie höchstens lindern. Mit einer Behandlung mit im Labor erzeugten Stammzellen direkt am Gehirn kann
ein Fortschreiten von Parkinson bei betroffenen Patienten möglicherweise aufgehalten werden, daran forschen
wir intensiv.“ Frank Edenhofer ist auch Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Stammzellforschung;
die Gesellschaft verfolgt das Ziel, die wichtigsten Akteure der Stammzellforschung in Österreich zu vernetzen.
Die Publikation
Marc Christian Thier, Oliver Hommerding, Jasper Panten, Roberta Pinna,
Diego García-González, Thomas Berger, Philipp Wörsdörfer, Yassen Assenov, Roberta Scognamiglio,
Adriana Przybylla, Paul Kaschutnig, Lisa Becker, Michael D. Milsom, Anna Jauch, Jochen Utikal, Carl Herrmann, Hannah
Monyer, Frank Edenhofer, Andreas Trumpp: Identification of Embryonic Neural Plate Border Stem Cells and their generation
by direct reprogramming from human blood, Cell Stem Cell 20.12.2018, DOI: https://doi.org/10.1016/j.stem.2018.11.015
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