Linz (jku) - Ein „Streit“ unter Genies: Von der Physik fallender Körper hatten Aristoteles (geb. 384 v.C.)
und Galileo Galilei (geb. 1564) verschiedene Vorstellungen. Galileo machte das in einem Gedankenexperiment recht
deutlich. Dabei ist diesem Pionier der Wissenschaft allerdings ein Denkfehler passiert, wie jetzt Forscher der
Johannes Kepler Universität Linz mit einfachen Experimenten nachgewiesen haben. So wollen sie SchülerInnen
einen spannenden und spaßbetonten Zugang zur Physik ermöglichen – und die Physik-Schulbücher umschreiben.
Die alten Griechen hielten nicht viel von Experimenten, sondern dachten lieber nach. Darin waren sie aber große
Klasse, auch wenn sie manchmal daneben lagen. Aristoteles z.B. dachte, dass schwere Körper schneller zu Boden
fallen als leichte. In seinem physikalischen Hauptwerk Discorsi e Dimostrazioni Matematiche intorno a due nuove
scienze (1638) widersprach Galileo dem antiken Meister. In einem rein gedanklichen Experiment kam er zum Schluss,
dass „alle Körper gleich schnell fallen“. Damit galt Aristoteles‘ These als überholt. Das Gedankenexperiment,
wie Galileo Aristoteles‘ Fehlvorstellung korrigierte, steht heute noch so in den Schulbüchern.
„Etwas besonders Wichtiges, das ich von Prof. Bauer gelernt habe, ist, dass man über den Tellerrand blicken
muss“, erklärt Mag. DI Josef Stadlbauer (Abteilung für Physik weicher Materie der JKU). Gemeinsam mit
Abteilungsleiter Siegfried Bauer und Lukas Kehrer vollzog er Galileos Gedankenexperiment nach und setzte das Experiment
in der Realität um. Es zeigte sich, dass Galileos Argumentation nicht schlüssig war. „Recht hatten letztlich
beide ein bisschen, aber nicht ganz“, so Stadlbauer, „Luft ist eben nicht nichts.“
Hintergrund ist nicht die Untersuchung fallender Körper an sich – die Physik dahinter ist der Wissenschaft
längst bekannt. „Wir wollen aber mit einfachen, schülertauglichen Experimenten zeigen, wie wissenschaftlicher
Diskurs verläuft. Und die SchülerInnen zu kritischem Denken anregen, weil oft mehr dahinter steckt, als.man
in Schulbüchern lesen kann.“
SchülerInnentauglicher Versuch
Das Experiment: Lässt man Papierkegel mit unterschiedlicher Masse fallen, erreichen sie aufgrund des Luftwiderstands
verschiedene Fallgeschwindigkeiten. Das würde in Richtung Aristoteles weisen. Nimmt man den Luftwiderstand
weg (oder verringert ihn durch das Zusammenknüllen der Kegel), fallen sie (fast) gleich schnell. Hier freut
sich Galileo.
Das Experiment wurde nun im American Journal of Physics, einer der Flaggschiffzeitschriften der Physikdidaktik,
veröffentlicht und soll auch in die Schulbücher Eingang finden. Im Umfeld dieser Thematik ist die Lehramt-Diplomarbeit
von Mag. Lukas Kehrer, die beim Macke Award 2018 ausgezeichnet wurde, entstanden. „Anekdoten, Spaß am Fragen
stellen und Antworten finden, sowie Versuche selbst durchführen sind Kennzeichen moderner Physikdidaktik“,
so die Physiker, die ihre eigene Freude auch den PhysikerInnen von morgen vermitteln wollen.
|