Auftakt der Veranstaltungsreihe zum Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht
Wien (pk) - "In diesem Gedenkjahr haben wir uns auch mit den dunkelsten Zeiten der österreichischen
Geschichte befasst, aber heute ist ein Tag der Freude", sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
am 18. Dezember im Rahmen der Auftaktveranstaltung anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Frauenwahlrechts
in Österreich. Am 18. Dezember 1918 wurde in der Provisorischen Nationalversammlung jene Wahlordnung verabschiedet,
in der das allgemeine Wahlrecht – und somit auch das Frauenwahlrecht – in Österreich festgehalten ist. Bei
der Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919 gaben sodann 82,10 % aller wahlberechtigten
Frauen und 86,98 % der Männer ihre Stimme ab. Im März 1919 trat die Konstituierende Nationalversammlung
zu ihrer ersten Sitzung zusammen.
Sobotka bezeichnete den Kampf um die Frauenrechte als eine "Geschichte des Auf und Ab", um die es auch
nach Einführung des Frauenwahlrechts noch lange schlecht bestellt war. Erst mit der Familienrechtsreform der
1970er Jahre wurde ein wesentlicher Schritt für die Gleichstellung von Mann und Frau gesetzt – "Bis heute
haben wir sie nicht zur Gänze erreicht", sagte er. Mit Hinblick auf den bemerkenswerten Anteil von 37%
weiblichen Abgeordneten im Nationalrat sei seitdem zwar einiges geschehen, aber "wir haben noch viel Arbeit
vor uns". Den weiblichen Parlamentarierinnen dankte der Nationalratspräsident in diesem Zusammenhang
für ihre brückenbauende und sachliche Arbeit, die "einen ungeheuren Anteil an der gesamten politischen
Diskussion" ausmache.
Mit der Veranstaltungsreihe will das Parlament einen Impuls zur Gleichberechtigung setzen, um das Thema "mit
Mut und Zuversicht anzugehen, aber auch pragmatisch für Frauenrechte zu kämpfen", so Sobotka. Er
betonte etwa die Bedeutsamkeit der "#metoo"-Kampagne, die er als notwendig erachtete, um klarzustellen,
dass ein wertschätzender Umgang mit Frauen gelingen muss. Er rief dazu auf, Zivilcourage vermehrt in den Alltag
einzubringen und eindeutig aufzeigen, wenn Grenzen überschritten wurden.
Auch die Ehrenpräsidentin des österreichischen UN-Women Nationalkomitees Lilly Sucharipa appellierte
an die Zivilgesellschaft – insbesondere an die Männer – bei der Erreichung und Wahrung der Frauenrechte aktiv
unterstützend mitzuwirken, etwa im Rahmen der UN-Women-Kampagne "#heforshe". Das allgemeine Wahlrecht
habe man zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, daher wünschte sie sich, dass man künftig auch einen
gleichberechtigten Anteil von 50% Frauen im Nationalrat als Selbstverständlichkeit ansehen kann.
Die Veranstaltung stand im Zeichen eines Zitats der Frauenrechte-Aktivistin und zentralen Figur der österreichischen
Frauenbewegung Rosa Mayreder "Es ist immer die leidige Frauenfrage, die mich bewegt". Als Pionierinnen
des Frauenwahlrechts gaben Rosa Mayreder und unter anderem Marianne Hainisch zu Beginn des 20. Jahrhunderts den
Frauen eine politische Stimme in Österreich. Mit dem "Bundestag Österreichischer Frauenvereine"
setzten sie ein wichtiges demokratisches Zeichen. Adelheid Popp, eine weitere wichtige Persönlichkeit der
Frauenbewegung in Österreich, war Mitglied der konstituierenden Nationalversammlung und zog 1920 als eine
von acht Frauen in den Nationalrat ein. Sie war die erste Frau, die eine Rede im Hohen Haus hielt.
Heute las dazu die Schauspielerin und UN-Botschafterin für die "Orange the World"-Kampagne, Ursula
Strauss, aus Texten von Vorkämpferinnen für die Frauenrechte dieser Zeit. Neben Rosa Mayreder, Marianne
Hainisch und Adelheid Popp wurden auf diese Weise auch die Arbeiten von Else Feldmann, Gretel Meisel-Hess, Berta
Pauli und Elise Richter gewürdigt.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung in den Wiener Börsensälen von der Flötistin und Musikwissenschaftlerin
Ulrike Anton und der japanischen Pianistin Miyuki Schüssler, mit Kompositionen von Gabriele Proy, Vally Weigl
und Ruth Schönthal. Nationalratspräsident Sobotka zeigte sich über den durch die musikalische Darstellung
erreichten "Mehrwert der Intensität" sichtlich erfreut. Bis zum internationalen Tag der Frauenrechte
am 8. März 2019 sind seitens des Parlaments weitere Veranstaltungen geplant.
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