2019 bringt zentrale Herausforderungen
 für die heimische Landwirtschaft

 

erstellt am
03. 01. 19
13:00 MEZ

Linz (lk-oö) - Mit den Verhandlungen zum Mehrjährigen EU-Finanzrahmen und zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik, der konkreten Umsetzung des Brexits, weiteren EU-Verhandlungen zur Handelsliberalisierung, den Verhandlungen für eine neuerliche Steuerreform sowie der Strukturreform bei der österreichischen Sozialversicherung stehen heuer zentrale Entscheidungen an, die die künftige Einkommenssituation der bäuerlichen Familien maßgeblich beeinflussen werden. „Die politischen Verantwortungsträger auf EU-, Bundes- und Landesebene sind mit Nachdruck gefordert, klare Entscheidungen zur Sicherung der agrarischen Budgetmittel zu treffen und konkrete Entlastungen für die Landwirtschaft zu schaffen, um dringend notwendige Schritte zur Einkommensstabilisierung der bäuerlichen Familien zu ermöglichen“, erläutert LK-Präsident Franz Reisecker die zentralen agrarpolitischen Anliegen im neuen Jahr.

Brexit als dringendstes Problem
Ein ungeordneter Austritt des Vereinigten Königreiches hätte massive negative Rückwirkungen auf die Agrarmärkte der EU und damit auch auf die agrarischen Erzeugerpreise. Für die EU-Landwirtschaft ist der weiterhin uneingeschränkte Zutritt zum britischen Lebensmittelmarkt absolut unverzichtbar. „Die Landwirtschaftskammer fordert daher von Großbritannien und der EU die zügige Umsetzung einer Austrittsvereinbarung, um drohende massive Turbulenzen für die Agrarmärkte wirksam zu verhindern. Ein harter Brexit wäre wirtschaftlich und politisch verantwortungslos und würde jeglicher politischer Rationalität und Professionalität widersprechen“, betont Präsident Reisecker.

EU-Budgetkürzungen und Bürokratie gefährden bäuerliche Familienbetriebe
Die von der EU gewährten Direktzahlungen sind für die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft unverzichtbar. Diese Zahlungen mit einer Vielzahl neuer kostentreibender Auflagen zu versehen ist für die bäuerlichen Familienbetriebe keinesfalls verkraftbar. Die vorgeschlagenen Auflagen stehen damit im diametralen Gegensatz zu dem von der EU postulierten Ziel einer verstärkten Unterstützung klein- und mittelbäuerlicher Betriebe. EU-Mittelkürzungen von ca. 15 Prozent im Bereich des Programmes Ländliche Entwicklung würden in Österreich vor allem das Agrarumweltprogramm ÖPUL und die Bergbauernförderung massiv treffen. Die Landwirtschaftskammer fordert daher mit Nachdruck eine zumindest stabile EU-Agrarfinanzierung und eine uneingeschränkte Fortsetzung der bewährten Programme in der Ländlichen Entwicklung. „Dazu muss die österreichische Bundesregierung ihren Widerstand gegen höhere EU-Beiträge in den weiteren Finanzverhandlungen aufgeben“, so Reisecker.

Fairer und offener Welthandel für Agrarwirtschaft unverzichtbar
Ein fairer und offener Welthandel ist auch für die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft absolut unverzichtbar. Die EU als weltweit führender Agrar- und Lebensmittelexporteur braucht einen offenen Zugang zu den wichtigsten Exportmärkten wie zB nach China, Japan, Südkorea oder auch in die USA. Einseitige Handelsvereinbarungen zu Lasten der Landwirtschaft, wie zB bei dem von der EU angestrebten Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) werden von der Bauernvertretung aber mit allem Nachdruck abgelehnt. Die Landwirtschaftskammer setzt sich weiter mit Nachdruck gegen die Öffnung der europäischen Märkte für Agrarprodukte aus den Mercosur-Staaten ein. Bis dato konnte der EU-weite Widerstand der bäuerlichen Vertreter weitere einseitige Zugeständnisse für zollfreie Importmengen bei Agrarprodukten verhindern. Von der Landwirtschaftskammer ebenfalls äußerst kritisch betrachtet werden die von der EU im vergangenen Jahr gestarteten Freihandelsgespräche mit Australien und Neuseeland, da auch diese typische Agrarexportländer darstellen und damit vor allem von agrarischen Exportinteressen geprägt sind.

Steuerreform muss auch bäuerliche Familienbetriebe entlasten
Im Zuge der geplanten Steuerreform werden auch Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen für Bezieher niedriger Einkommen diskutiert. Die Bauernvertretung fordert hier analog eine schrittweise Absenkung der SVB-Mindestbeitragsgrundlage und damit einhergehend eine Angleichung an die Bedingungen im Gewerbe. Gerade viele kleinere landwirtschaftliche Betriebe können den SVB-Beitrag nicht mehr aus den in der Land- und Forstwirtschaft erzielten Einkünften abdecken, sodass im Zuge der Generationenfolge vermehrt Betriebsaufgaben drohen. „Hier bedarf es dringend einer Anpassung, um eine flächendeckende Bewirtschaftung auch in den Berg- und Grünlandregionen des Landes weiter sicherstellen zu können“, erklärt Reisecker.

Wettbewerbsfähigen Obst- und Gemüsebau sicherstellen
Insbesondere der Obst- und Gemüsebau ist zu den Arbeitsspitzen massiv auf den Einsatz von Fremdarbeitskräften angewiesen. „Bei den Kosten für diese Fremdarbeitskräfte gibt es aufgrund wesentlich höherer Sozialversicherungsbeitragsleistungen für die heimischen Betriebe massive wirtschaftliche Wettbewerbsnachteile gegenüber Deutschland, die mittel- und längerfristig die gesamte Produktionssparte sowie die nachgelagerten Verarbeitungsbetriebe in ihrem wirtschaftlichen Bestand gefährden. Hier bedarf es dringend entsprechender Anpassungen im Sozialversicherungsrecht, um die Wertschöpfung aus dieser Produktionssparte weiter in Österreich halten zu können“, appelliert Präsident Franz Reisecker.

Herkunftskennzeichnung rasch umsetzen
Auf intensives Drängen der Bauernvertretung wurde im Programm der Bundesregierung vereinbart, dass in Österreich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (Fleischprodukte, Milch- und Milchprodukte, Eiprodukte sowie verarbeitete Produkte) nach dem Vorbild Frankreichs zunächst auf nationaler Ebene und später auf EU-Ebene eingeführt werden soll. Die Landwirtschaftskammer fordert vom zuständigen Gesundheitsministerium den zügigen Erlass einer Verordnung auf Basis des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zur Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei Milchprodukten sowie bei Verarbeitungsprodukten aus Fleisch, Milch und Eiern. Zusätzlich fordert die Landwirtschaftskammer eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der wertbestimmenden Zutaten aus Fleisch, Milch und Eiern in der öffentlichen und privaten Gemeinschaftsverpflegung. Gerade hier kommen aufgrund des Preisargumentes zu einem hohen Anteil auch Lebensmittel ausländischer Herkunft zum Einsatz. In Österreich werden täglich bereits 2,2 bis 2,5 Millionen Portionen Essen in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung zubereitet. „Mit einer konsequenten Umsetzung von Regelungen zur Herkunftskennzeichnung kann in den angeführten Bereichen eine zusätzliche Wertschöpfung für die heimische Wirtschaft generiert werden“, betont Präsident Reisecker abschließend.

 

 

 

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