ForscherInnen der Universitäten Graz und Harvard identifizieren möglichen neuen Ansatzpunkt
zur Behandlung von Parkinson
Harvard/Graz (universität) - Gerät der Fettstoffwechsel des Gehirns in ein Ungleichgewicht, könnte
das eine mögliche Ursache für die Entstehung bestimmter neurodegenerativer Erkrankungen, wie zum Beispiel
Parkinson, sein. ForscherInnen der Universität Graz und der Harvard Medical School haben nun herausgefunden,
dass eine Hemmung des Enzyms Stearoyl-CoA Desaturase, kurz SCD, das wesentlich an der Herstellung von ungesättigten
Fettsäuren beteiligt ist, bestimmte neurodegenerative Prozesse unterdrückt. Die Ergebnisse wurden in
der renommierten Zeitschrift Molecular Cell veröffentlicht.
„Die Suche nach einer möglichen Angriffsfläche, um in den Entstehungsverlauf von Krankheiten wie Parkinson
korrigierend einzugreifen, gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen“, schildert Studien-Co-Autor
Sepp-Dieter Kohlwein vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz. „Neurodegenerative
Erkrankungen manifestieren sich oft durch Protein-Ansammlungen in den Nervenzellen des Gehirns, sogenannte Plaques.
Diese führen zu Veränderungen im neuronalen Transfer und tragen schlussendlich zum Absterben der Nervenzellen
bei“, erklärt Harald Hofbauer, ebenfalls von der Universität Graz. Die Studien zeigen, dass die Bildung
von Plaques – auch Neurotoxizität genannt – mit Veränderungen des Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren
einhergeht.
Die amerikanischen und österreichischen WissenschafterInnen untersuchten daher den Fettstoffwechsel und die
Rolle des Enzyms SCD in verschiedenen Nerven-Zellsystemen hinsichtlich eines Zusammenhangs mit der Neurotoxizität.
„Wir haben erstmals gezeigt, dass eine Hemmung der SCD – und die damit verbundene Reduktion der ungesättigten
Fettsäuren – die Protein-Aggregation und folglich auch deren neurotoxische Effekte unterdrückt“, so Sepp-Dieter
Kohlwein. Diese Ergebnisse konnten im Abgleich mit Zellen von Parkinson-PatientInnen bestätigt werden und
unterstreichen die lebenswichtige Rolle eines balancierten Fettsäure-Stoffwechsels in Nervenzellen.
Entscheidende Hinweise auf die toxische Wirkung der ungesättigten Fettsäuren kamen aus Studien mit Hefe-Kulturen,
die ein ideales Modellsystem für die zielgerichtete Erforschung komplexer biomedizinischer Prozesse darstellen.
Ob sich das Enzym SCD als therapeutischer Angriffspunkt zur Behandlung von Parkinson oder anderer neurodegenerativer
Erkrankungen eignet, wird derzeit in weiteren Studien in den USA untersucht. Unterstützung für die steirischen
ForscherInnen kam vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, von NAWI Graz, dem Schulterschluss der Universität
Graz und der TU Graz in den Naturwissenschaften, sowie von BioTechMed-Graz, der gemeinsamen Forschungsplattform
von Universität Graz, TU Graz und Med Uni Graz.
Publikation
Fanning et al., Lipidomic Analysis of a-Synuclein Neurotoxicity Identifies
Stearoyl-CoA Desaturase as a Target for Parkinson Treatment. Molecular Cell 2019, 73, 1–14. DOI: 10.1016/j.molcel.2018.11.028.
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