Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer versichert den Opfern, dass sie niemals vergessen sind
Linz (lk) - Das präsentierte Werk „Heimerziehung in Oberösterreich“ über die historische
Aufarbeitung der Geschichte des Heim- und Fürsorgewesens in Oberösterreich von den Buchautoren Prof.
Dr. Dieter A. Binder und a. Univ. Prof. Dr. Michael John führt deutlich vor Augen, dass auch in Einrichtungen
des Landes Oberösterreich Gewalt an der Tagesordnung stand und Kinder und Jugendliche anstatt Schutz und Fürsorge
zu bekommen, zu Opfern geworden sind.
„Das Werk ruft in Erinnerung, dass psychische, physische und sexuelle Gewalt in den Einrichtungen des Lands eine
tragische Tatsache war. Was den Opfern passiert ist, ist keineswegs vergessen!“, so Landeshauptmann Mag. Thomas
Stelzer anlässlich der Buchpräsentation.
Um mit diesen Opfern wertschätzend umzugehen, hat das Land Oberösterreich bereits im Jahr 2010 bei der
Kinder- und Jugendanwaltschaft eine unabhängige Opferschutzstelle eingerichtet um Betroffene zu begleiten.
Das Land nahm seine historische Verantwortung für die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit wahr
und hat die Geschichte des Heim- und Fürsorgewesens in Oberösterreich seit dem 2. Weltkrieg auch wissenschaftlich
aufarbeiten lassen.
Das umfangreiche Werk kommt dem Anspruch auf Wahrheit nach, die tragischen Ereignisse in Landeseinrichtungen sollten
nicht vergessen werden. „Mit dem Buch soll kein Schlussstrich unter der Aufarbeitung der Gewalt in Einrichtungen
des Landes Oberösterreich gezogen werden. Es ist eine wichtige Zwischenbilanz und wertvoller Beitrag dafür,
um klarzumachen, dass derartige Vorfälle nie wieder passieren dürfen. Das Land Oberösterreich bittet
die Opfer um Verzeihung für das erlittene Unrecht“, so der Landeshauptmann.
Professor Dr. Dieter Binder von der Karl-Franzens Universität resümierte über das Gemeinschaftswerk:
„Die Heimerziehung war ab 1945 geprägt vom Fortbestehen des Separierens ‚verhaltensauffälliger‘ Jugendlicher
sowie der gesellschaftlichen Verantwortung für gefährdete Jugendliche. Schließlich waren es Reformansätze,
die von außen kamen und auch das Engagement einzelner Personen aus der Fürsorgeverwaltung, die die Form
der staatlichen Erziehung in einen Erneuerungsprozess sowie eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
führten. Verantwortlich für die zuvor gegebenen Missstände waren die gesetzlichen Rahmenbedingungen,
das Fehlen in- und externer Kontrollinstanzen und das Fehlverhalten Einzelner sowie die damit verbundene Gruppendynamik.
Der zweite Autor des Werkes, Professor Dr. Michael John von der Johannes Kepler Universität Linz, zog nach
der umfangreichen Arbeit am Buch das Fazit: "Das Buch ist das Ergebnis jahrelanger Recherchen. Besonders wichtig
war mir der Kontakt zu den Betroffenen, zu den ehemaligen Heimkindern, aber auch zu den Erzieherinnen und Erzieher.
Ohne diese hätte das Buch so nicht geschrieben werden können."
Das Land Oberösterreich hat zudem eine Kommission eingerichtet, die durch externe/n Expert/innen mit der Aufarbeitung
der Fälle betraut ist: Dabei wurden Vorschläge erarbeitet, ob den jeweiligen Opfern als Geste des Bedauerns
über die von ihnen dargelegten Vorfälle ein Geldbetrag oder sonstige Leistungen, wie etwa der Nachkauf
von Versicherungszeiten, zuerkannt wird. Das ist mittlerweile in mehr als 300 Fällen passiert, die Auszahlungssumme
beläuft sich auf über drei Millionen Euro. Die Kosten in Höhe von 77.000 Euro für das Buchprojekt
„Heimerziehung in Oberösterreich“ wurden zur Gänze vom Land OÖ getragen.
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