Österreich und Israel haben noch viel miteinander vor

 

erstellt am
04. 02. 19
13:00 MEZ

Van der Bellen in Israel – Staatsbesuch im Zeichen der Verbundenheit
Jerusalem/Wien Auf dem Programm stehen Treffen mit Israels Staatspräsident Rivlin, Premierminister Netanyahu und Palästinenser-Präsident Abbas. Themen der Visite sind Österreichs Mitverantwortung an der Shoah, Israels Sicherheit, der Friedensprozess im Nahen Osten und Wirtschaftsfragen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen möchte mit der Reise die besondere Verbundenheit Österreichs mit Israel betonen. Für Sonntagnachmittag steht zunächst eine Besichtigung der Altstadt von Jerusalem auf dem Programm: Grabeskirche, Erlöserkirche, Klagemauer, Via Dolorosa und ein Empfang im österreichischen Hospiz.

Am Montag startet dann der offizielle Teil der Visite: Am Vormittag wird Van der Bellen von Staatspräsident Rivlin mit militärischen Ehren empfangen. Nach Pressestatements und einem Vier-Augen-Gespräch der beiden Staatsoberhäupter geht es weiter zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, wo Van der Bellen und Rivlin an einer Gedenkzeremonie teilnehmen, die Ewige Flamme entzünden und einen Kranz niederlegen. Am Nachmittag trifft Van der Bellen Premierminister Netanyahu zu einem Arbeitsgespräch.

Am Dienstag besucht Van der Bellen die orthodoxe Gemeinde Kyriat Mattersdorf in Jerusalem, die nach der ehemaligen jüdischen Gemeinde Mattersdorf – heute Mattersburg – benannt ist. Danach trifft das Staatsoberhaupt in Ramallah Palästinenser-Präsident Abbas. Van der Bellen will sich von beiden Seiten ein Bild machen und sich über den Stand des Friedensprozesses informieren. Auf dem weiteren Programm der bis Donnerstag dauernden Visite stehen die Teilnahme am österreichisch-israelischen Wirtschaftsforum, Start-Up-Besuche und Gespräche mit Schülern, österreichischen Auswanderern und Holocaust-Überlebenden.

     

Pressestatement von Bundespräsident Alexander Van der Bellen gemeinsam mit dem Staatspräsidenten von Israel, Reuven Rivlin



Sehr geehrter Herr Präsident Rivlin,

Frau Rivlin,

Exzellenzen,

sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist für mich und meine Frau – und für die gesamte österreichische Delegation – eine Ehre und Freude heute bei Ihnen in Israel zu Besuch sein zu dürfen.

Geschichte - Herzl

Unsere beiden Länder, Österreich und Israel, verbindet eine besondere Geschichte. In der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel wird mit Theodor Herzl ein großer Österreicher erwähnt.

Er ist Zitat der "chosé hamediná ha jehudít" – der "spirituelle Vater des jüdischen Staates" Zitat Ende.

Geschichte – Shoah

Uns verbindet aber auch eine grausame Geschichte: Die Shoah - der Versuch der vollständigen Auslöschung des Europäischen Judentums. Dessen möchte ich heute in Yad Vashem gedenken.

Zehntausende jüdische Österreicherinnen und Österreicher wurden vom Naziregime ermordet - und noch viel mehr wurden vertrieben.[1]

Viele Vertriebene fanden hier in Israel eine neue Heimat. Sie bauten das Land auf und verteidigten es in mehreren Kriegen.

Lassen Sie mich unmissverständlich sagen und wiederholen:

Österreich ist mitverantwortlich für die Shoa. Viele Österreichinnen und Österreicher waren unter den Täterinnen und Tätern.



Auch darum verbeugen wir uns in Demut vor den Opfern. Zu dieser Mitverantwortung hat sich Österreich erst spät, sehr spät bekannt. Das hat unser Verhältnis lange Zeit schwierig gemacht.

Zwei Demokratien

Ich möchte noch hinzufügen: Israel ist eine Festung von Demokratie und Freiheit hier im Nahen Osten.

Österreich ist von Freunden umgeben. Mich beeindruckt, dass Sie Ihre Demokratie in einer sehr schwierigen Umgebung errichtet und erhalten haben. Eine vielfältige, starke und lebendige Demokratie. Auch das verbindet uns.

Österreichs Verantwortung – Gegen Antisemitismus

Sehr geehrter Herr Präsident,

bei unserer Begegnung im Oktober letzten Jahres am Wiener Flughafen haben wir auch über Antisemitismus gesprochen. Der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus ist mir persönlich immer ein starkes Anliegen. Wir, als Österreicherinnen und Österreicher, wissen: Der Antisemitismus der Nationalsozialisten ist nicht vom Himmel gefallen. Er war schon zuvor in der österreichischen Gesellschaft sehr stark präsent. Die Shoah war der grausame Höhepunkt. Es darf daher keine Toleranz gegenüber Antisemitismus eben.

Jüdisches Leben muss sicher und unbehelligt möglich sein

Meine Damen und Herren,

unser Ziel ist es, dass jüdisches Leben überall, ob in Israel, ob in Europa oder sonstwo, sicher und unbehelligt möglich ist. Unser Ziel ist es, dass Jüdinnen und Juden, wo immer sie leben, sicher und in Frieden leben können.

Das ist unser Wunsch. Das ist unsere Verantwortung. Das sind wir Österreicherinnen und Österreicher den Opfern der Shoah schuldig. Israel muss in Frieden leben können. Das ist, glaube ich sagen zu dürfen, in Österreich nationales Anliegen und Konsens.

Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Präsident Rivlin,

dass Österreich und Israel heute in so vielen Bereichen eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, ist für mich eine große Freude:

38 Direktflüge verbinden Woche für Woche unsere beiden Länder - mehr als je zuvor.

Der Trend unserer bilateralen Wirtschaftsdaten kennt nur eine Richtung: jene nach oben.

Gleiches gilt für den Tourismus: Von Jahr zu Jahr sehen wir neue Rekordwerte. In beiden Richtungen: Von Österreich nach Israel und umgekehrt.

Und Gleiches gilt für den wissenschaftlichen Austausch, den kulturellen Austausch den Jugendaustausch, und, und, und. Aus einem 'sich aus gesicherten Distanz betrachten' ist zwischen Israel und Österreich in den vergangenen Jahren ein 'Miteinander' geworden. Österreicherinnen und Österreicher sind mehr denn je neugierig auf Israel.

Junge Israelis wiederum entdecken Österreich und die Schönheit unserer Heimat. Und sie erfahren, dass man auch außerhalb von Israel ein gutes Schnitzel essen kann.[2]

In dem Maße, in dem wir uns gegenseitig verstehen, in dem wir aufeinander zugehen werden wir auch neue Chancen der Zusammenarbeit entdecken.

Dazu gehört auch, dass wir nicht immer in allen Punkten einer Meinung sein müssen, um uns zu schätzen und zu respektieren.

Aber ich bin überzeugt: Österreich und Israel, das sind zwei Staaten, die noch viel miteinander vorhaben, sehr viel.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!


[1] Ca 65.000 ermordet, ca 120.000 vertrieben und geflüchtet
[2] Das Schnitzel ist eine der Nationalspeisen Israels – freilich eher das Hühner-, nicht so sehr das Schweinsschnitzel.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.bundespraesident.at

 

 

 

 

 

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