Task Force Menschenhandel: Regelung der Prostitution sollte Bundeskompetenz werden
Wien (pk) - Laut Schätzungen der UNO wird mit Menschenhandel jährlich ein Profit von mindestens
32 Mrd. US-Dollar erzielt, eine genaue Datenlage gibt es aufgrund der hohen Dunkelziffer nicht wirklich. Dem steht
eine verschwindend geringe Zahl an Verurteilungen gegenüber. Auch in Österreich, das für Menschenhandel
nach wie vor als attraktives Transit- und Zielland gilt, wie aus dem 5. Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels
( III-216 d.B. ) der dafür im Außenministerium zuständigen Task Force für die Jahre 2018 bis
2020 hervorgeht und dem Parlament vorliegt.
Die häufigste Form von Menschenhandel ist in Österreich nach wie vor jene der sexuellen Ausbeutung. Allerdings
sind auch Fälle von Arbeitsausbeutung, Ausbeutung durch Bettelei oder zur Begehung von strafbaren Handlungen
sowie Kinderhandel zu verzeichnen. Die meisten Opfer kommen dabei aus dem östlichen Europa, gefolgt von Afrika
(v.a. Nigeria) und Asien (v.a. China).
Wie bereits in den Jahren davor drängen die ExpertInnen erneut auf eine Übertragung der Regelung von
Prostitution bzw. Sexdienstleistungen in Bundeskompetenz. Die unterschiedlichen Regelungen in den neun Landesgesetzgebungen
und der damit verbundene uneinheitliche Vollzug würden nicht nur die Lenkung und Kontrolle dieses Marktes
erschweren, sondern auch das rechtskonforme Verhalten aller Beteiligten. Etwa bestehen in den Bundesländern
nach wie vor unterschiedliche Altersgrenzen für das legale Anbieten von sexuellen Dienstleitungen, unterschiedliche
Genehmigungskriterien für Bordellbetriebe oder auch ein unterschiedliches Maß an Kundenverantwortlichkeit.
Viele weitere Empfehlungen der Task Force zielen darauf ab, Ausbeutung und Gewalt durch rechtlich sichere Arbeitsbedingungen
für SexdienstleisterInnen zu bekämpfen.
Flüchtlinge potentielle Risikogruppe für Menschenhandel
Der neue und 5. Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels in Österreich setzt neben nationaler und
internationaler Zusammenarbeit auf Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung und Monitoring. Als Folge der
Flüchtlingsbewegungen gelten geflüchtete Menschen und insbesondere unbegleitete Minderjährige darin
als potentielle Risikogruppe für Menschenhandel, warum MitarbeiterInnen von Erstaufnahmezentren, Grundversorgungseinrichtungen
und Polizeianhaltezentren künftig stärker geschult und das muttersprachliche Informationsmaterial für
geflüchtete Kinder und Erwachsene ausgeweitet werden soll.
Geht es um die Betreuung von Opfern von Kinderhandel, soll entsprechend einer Empfehlung von GRETA (Group of Experts
on Action against Trafficking in Human Beings) die Einrichtung von bundesweit zugänglichen, spezialisierten
Betreuungsplätzen für betroffene Kinder geprüft werden. Bisher gibt es mit der Drehscheibe der Stadt
Wien nur eine entsprechend spezialisierte Opferschutzeinrichtung in Österreich.
Was die Verdachtsfälle von Opfern von Kinderhandel betrifft, zeigen die Aufzeichnungen der Drehscheibe einen
leichten Rückgang. Gab es 2015 135 Verdachtsfälle, ging die Anzahl 2016 auf 91 zurück. Die Drehscheibe
geht davon aus, dass es sich bei 78 Fällen um Taschendiebstahl, bei 11 Fällen um Prostitution sowie bei
zwei Fällen um Bettelei gehandelt hat. Aktuelle Zahlen nennt der Bericht keine, allerdings wird angemerkt,
dass sich die Identifizierung von Opfern von Kindern besonders schwierig darstellt, da sich Kinder selbst oft nicht
als Opfer wahrnehmen.
Die Kluft zwischen der hohen Anzahl an Verdachtsmomenten im Vergleich zu den erstatteten Anzeigen wird beim Blick
auf die Kriminalstatistik deutlich. 91 Fälle stehen so 6 Anzeigen im Zusammenhang mit den Strafbestimmungen
zu Menschenhandel sowie 2 Anzeigen zu jenen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels gegenüber.
Bei den Opfern handelt es sich um Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren.
Vorgesehen ist, das sogenannte "Non-Punishment"-Prinzip – es besagt, dass Opfer von Menschenhandel, die
Straftaten unter dem Zwang des Täters/der Täterin begehen, unter bestimmten Umstände nicht bestraft
werden dürfen – auch ins Verwaltungsstrafrecht sowie in den Bereich des Kinderhandels fließen zu lassen.
Zugleich betont die Task Force Menschenhandel im Bericht, dass die Hilfe vor Ort in den Herkunftsländern die
größte Herausforderung bleibt. Trotz Sparzwänge sollen weiterhin Projekte und in die internationale
Zusammenarbeit gegen Menschenhandel unterstützt werden.
Arbeitsausbeutung führt kaum zu strafrechtlichen Verurteilungen
Bei Fällen von Arbeitsausbeutung am Bau, in der Landwirtschaft, im Tourismus oder in Haushalten beklagt die
Task Force Menschenhandel, dass es in Österreich kaum zu strafrechtlichen Verurteilungen kommt. Die ExpertInnen
regen dementsprechend an zu prüfen, ob die vorhandenen Bestimmungen gegen Menschenhandel im Strafgesetzbuch
auslangen, oder es einen eigenen Straftatbestand zu Arbeitsausbeutung braucht. Außerdem schlagen sie vor,
eine Sonderzuständigkeit für Menschenhandel bei der Staatsanwaltschaft zu schaffen.
Bemängelt wird auch, dass noch viel zu wenig Fälle durch Behörden selbst aufgedeckt werden. Die
ExpertInnen raten deshalb zu einer noch stärkeren Sensibilisierung der Kontrollbehörden. Die Anlaufstelle
zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender, kurz UNDOK, wird laut Bericht am meisten
von Menschen aus Flüchtlingsregionen (Afghanistan, Iran, Irak), aus Serbien, China oder Südamerika aufgesucht.
Damit es gar nicht zur Arbeitsausbeutung kommt, müssten potentiell Betroffene in ihrer Muttersprache stärker
über ihre Rechte aufgeklärt werden.
Was die Arbeitsausbeutung in Lieferketten betrifft, empfiehlt die Task Force, die Vorschriften zur Vergabe von
öffentlichen Aufträgen zu überprüfen, um die Inanspruchnahme von Waren und Dienstleistungen
mit Menschenhandel bzw. Arbeitsausbeutung in den Lieferketten zu vermeiden. Auch die Kontrolle von Arbeitsvermittlungsagenturen
insbesondere im Pflegesektor müsse zum Thema gemacht werden.
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