Brüssel (europarl) - Anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Januar hielt das
EU-Parlament eine feierliche Sitzung mit einer Rede von Charlotte Knobloch im Brüsseler Plenarsaal ab. Zur
Eröffnung der feierlichen Sitzung sagte Präsident Antonio Tajani: „Zum ersten Mal gedenken wir während
einer Plenarsitzung, und nicht auf einer getrennten Veranstaltung, der Opfer der Shoah anlässlich des Holocaust-Gedenktags,
und setzen so ein starkes Zeichen: Wir dürfen nicht vergessen, und das Europäische Parlament wird nicht
vergessen. Hass und Antisemitismus haben in der Europäischen Union keinen Platz".
Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte anschließend
in ihrer Rede, dass sich die europäischen Demokratien der Nachkriegszeit zwar als robust erwiesen hätten,
aber „ein Europa, in dem 89 Prozent der jüdischen Bevölkerung über eine Zunahme des Antisemitismus
in ihrem Heimatland klagen, hat ein Problem“.
"Wir erleben", fuhr sie fort, „wie überall in Europa politische Bewegungen an Kraft gewinnen, die
sich dezidiert gegen Gedenken und gegen die Erinnerung stellen. Was sie propagieren, ist eine Gegenwart ohne Vergangenheit
als Sprungbrett in eine Zukunft ohne Erinnerung.“
„Judenhass vergiftet das gesellschaftliche Klima insgesamt. Er spricht dem europäischen Grundversprechen Hohn:
Freiheit und Sicherheit gelten für jeden einzelnen Bürger Europas – oder sie gelten für niemanden“,
fügte sie hinzu. „‚In Vielfalt Geeint‘ kann Europa auch in Zukunft nur sein, wenn es sich seiner Werte bewusst
ist und sie selbstverständlich verteidigt.“
„Es erfüllt mich mit Trauer und Schmerz, dass wir uns heute, so viele Jahre nach dem Ende des Holocaust, erneut
und noch immer mit einem so weit verbreiteten Antisemitismus auseinandersetzen müssen. Unser aller Pflicht
muss es sein, dieser Entwicklung entgegenzutreten und sie zurückzudrängen. Das ist unsere Verantwortung“,
sagte Frau Knobloch abschließend. „Aus ‚nie wieder‘ darf kein ‚jetzt wieder‘ werden.“
Zur feierlichen Sitzung erschienen zahlreiche Würdenträger, darunter der belgische Premierminister Charles
Michel, der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der Präsident des Europäischen
Rechnungshofs Klaus-Heiner Lehne, der Großrabbiner von Brüssel Albert Guigui, zahlreiche Botschafter
und viele mehr.
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