Nationalrat: Löger präsentiert "ehrliches
 Entlastungspaket" in der Höhe von 6 Mrd. Euro

 

erstellt am
31. 01. 19
13:00 MEZ

Opposition kritisiert Ankündigungspolitik und fordert andere Akzente in der Steuerpolitik
Wien (pk) - Durch das von der ÖVP gewählte Thema der Aktuellen Stunde "Entlastung für Österreich" nahm Finanzminister Hartwig Löger am 30. Jänner die Gelegenheit im Nationalrat zum Anlass, die Eckpunkte seiner umfassenden Steuerreform für die nächsten Jahre zu präsentieren. Weniger Abgaben für GeringverdienerInnen, bürokratische Erleichterungen für KleinunternehmerInnen, Reduktion der Unternehmensbesteuerung, Ökologisierung und letztlich Abschaffung der kalten Progression standen dabei im Mittelpunkt. Die Regierung setze somit inklusive des Familienbonus ein Entlastungspaket in der Höhe von 6 Mrd. € um. Gleichzeitig strebe man im Sinne einer nachhaltigen Budgetpolitik die Absenkung der Abgabenquote auf 40% sowie der Schuldenquote auf 60% an, bekräftige ÖVP-Klubobmann August Wöginger. FPÖ-Mandatar Johann Gudenus versicherte, dass auch in den nächsten Jahren die BezieherInnen von kleineren Einkommen, die arbeitenden Menschen und die österreichischen Familien weiter entlastet werden.

SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer fragte sich, was an dem heutigen Thema aktuell sein solle, zumal niemand genau wisse, wie die angekündigte Steuerreform genau ausschauen solle. Eines sei jedenfalls schon jetzt klar, die Politik der Regierung stehe unter dem Motto "take from the poor and give to the rich". Für NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger stand die Aktuelle Stunde für die "Selbstverliebtheit der Regierung", die man damit auf die Spitze getrieben habe. Außerdem müssen sich die BürgerInnen die Steuerreform ohnehin selbst finanzieren, da die Abschaffung der kalten Progression weiter verschoben wird. Bruno Rossmann (JETZT) warnte angesichts des eingeschlagenen Budgetpfads von einer Finanzierungslücke in der Höhe von 2,2 Mrd. € und befürchtete Kürzungen im Sozialbereich.

Finanzminister: Ehrliche Entlastung, keine neuen Steuern und keine neuen Schulden
Das bei der letzten Regierungsklausur beschlossene Entlastungsprogramm für Österreich werde sicherstellen, dass alle BürgerInnen weniger Steuern und Abgaben zahlen werden und dass ihnen am Ende des Monats netto mehr übrig bleiben wird, unterstrich Finanzminister Hartwig Löger. Gleichzeitig versicherte er, dass im Sinne einer ehrlichen und verantwortungsvollen Politik die Schulden konsequent abgebaut und keine neuen Steuern eingeführt werden. Schon jetzt können sich die Ergebnisse sehen lassen, die Schuldenquote im Jahr 2018 konnte auf unter 75% gesenkt werden.

Löger ist überzeugt davon, dass die ÖsterreicherInnen bereits erkennen, dass es nun eine Regierung gebe, die nicht nur rede und Ankündigungen mache. Nach der Umsetzung des Familienbonus Plus sei als nächster Schritt eine deutliche Senkung der Sozialversicherungsabgaben für GeringverdienerInnen vorgesehen; das Volumen betrage etwa 700 Mio. €. Außerdem sollen rund 200.000 KleinunternehmerInnen durch vereinfachte und unbürokratische Pauschalierungslösungen unterstützt werden. Der Finanzminister kündigte zudem an, dass im Jahr 2020 ein deutliches Signal in Richtung Ökologisierung gesetzt werden soll. Durch die darauf folgende Tarifreform werden vor allem kleine und mittlere EinkommensbezieherInnen überproportional profitieren. Dies schaffe dann die Basis für die Abschaffung der kalten Progression gegen Ende der Legislaturperiode. Löger bekannte sich auch zu einer Entlastung für die UnternehmerInnen, die das Rückgrat der Wirtschaft darstellen.

Staatssekretär Hubert Fuchs betonte noch einmal, dass es sich um eine ehrliche Steuerreform handelt, da sie weder durch neue Steuern oder "fantasievolle Maßnahmen" wie die Registrierkassenpflicht noch durch neue Schulden gegenfinanziert wird. Das sei der große Unterschied zur sogenannten Steuerreform unter Kanzler Faymann, wo nur 2% des Entlastungsvolumens den Familien zugutegekommen sind.

Etappenweise Steuerentlastung von 2020-2022 in der Höhe von 4,5 Mrd. €, nachhaltige Budgetpolitik und Entbürokratisierung
Das Entlastungspaket in der Höhe von 6 Mrd. € könne sich sehen lassen, erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der zunächst auf die bereits umgesetzten Maßnahmen verwies. Über 500.000 Menschen haben schon die monatliche Auszahlung des "Familienbonus Plus" - ein Meilenstein in der Sozialpolitik – beantragt. Dadurch haben die Familien 125 € bei einem Kind oder 250 € bei zwei Kindern netto mehr in der Geldbörse. Dieser erfolgreiche Weg werde fortgesetzt und in einem ersten Schritt in Form der Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge von Geringverdienern realisiert. Davon werden insgesamt 1,5 Millionen ArbeitnehmerInnnen, 1 Million PensionistInnen und 350.000 Selbstständige und Landwirte profitieren. Klar sei in diesem Zusammenhang, dass die damit verbundenen 700 Mio. € der Sozialversicherung ersetzt werden. Ebenso wie der Finanzminister führte Wöginger die geplanten bürokratischen Vereinfachungen im Steuerrecht sowie die Abschaffung der kalten Progression an. Damit diese Maßnahme auch den BezieherInnen von niedrigeren Einkommen entsprechend zu Gute kommt, müssen vorher noch die hohen Steuerstufen abgesenkt werden, gab Wöginger zu bedenken, der sich in seiner Argumentation auf renommierte Wirtschaftsexperten bezog.

"Der Fleißige dürfe nicht der Dumme sein", meinte Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP), der die Höhe der Steuern und Abgaben in Österreich kritisch hinterfragte. Die BürgerInnen sollen seiner Meinung nach über ein Einkommen verfügen, das ihnen genügend Freiraum für die selbstbestimmte Gestaltung des eigenen Lebens lässt und ihnen auch die Bildung von Eigentum ermöglicht. Die von der Regierung angestrebte Senkung der Abgabenquote auf "leistungsfreundliche 40%" sei daher äußerst begrüßenswert. Um den Wirtschaftsstandort zu stärken, sprach sich Kopf unter anderem für eine deutliche Reduktion der Körperschaftssteuer aus. Die Entlastungsoffensive geben den Menschen das wieder zurück, was ihnen sozialdemokratisch geführte Regierungen in der Vergangenheit in einem unvertretbaren hohen Ausmaß weggenommen haben, schloss sich Fraktionskollegin Angelika Winzig seinen Überlegungen an.

Die Regierung halte ihre Versprechen und habe schon im letzten Jahr viel umgesetzt, ist FPÖ-Abgeordneter Johann Gudenus überzeugt. Auch in den nächsten Jahren sollen die BezieherInnen von kleineren Einkommen, die arbeitenden Menschen und die österreichischen Familien weiter entlastet werden. Viele weitere Schritte wie etwa eine Tarifreform oder die Abschaffung der kalten Progression werden folgen. Die Politik der Bundesregierung sei ein positives Gegenmodell zur Stadt Wien, wo ständig die Gebühren erhöht werden und wo zugelassen werde, dass die Mietkosten explodieren. Die FPÖ sei Garant dafür, dass die Leistungsträger entlastet und wichtige Impulse für die Wirtschaft gesetzt werden, betonte auch Abgeordneter Hermann Brückl.

Opposition: Unverantwortliche Ankündigungspolitik, die die falschen Akzente setzt
Angesichts der heutigen Aktuellen Stunde fühlte sich Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) an eine Vernissage erinnert, in der ein Künstler ein Bild präsentiert, das er noch gar nicht gemalt hat. Es mache seiner Meinung nach wenig Sinn, über eine "leere Leinwand" zu reden. Bekannt sei derzeit leider nur eines, nämlich dass man den ArbeitnehmerInnen, den PensionistInnen und den kleinen UnternehmerInnen "ein bisschen was gebe", während die oberen Zehntausend und die großen Unternehmen am meisten profitieren. Die Regierung unternehme auch nichts dagegen, dass die Vermögenden und die internationalen Konzerne ihre Steuern ordentlich bezahlen. Sehr aktiv seien ÖVP und FPÖ jedoch, wenn es um die Besetzung von wichtigen Posten mit parteinahen Günstlingen geht, die noch dazu über keinerlei Erfahrung in Unternehmensführung verfügen. Dies sehe man gerade am Beispiel der Nationalbank, wo weiterhin vier Direktoren beschäftigt werden, obwohl maßgebliche Agenden weggekommen sind. Werde nun der nicht amtsführende Stadtrat Schock weiterhin ein "arbeitsloses Einkommen" beziehen können?, fragte er in Richtung der FPÖ.

Abgeordneter Thomas Drozda (SPÖ) erinnerte zunächst daran, dass der frühere Bundeskanzler Werner Faymann eine Steuerreform mit einem Entlastungsvolumen von 5 Mrd. € durchgesetzt hat. Dem Vorschlag der jetzigen Regierung konnte er wenig abgewinnen, da er nicht nur in die falsche Richtung gehe, sondern nicht einmal die kalte Progression abdecke. Angetreten sei man zudem mit dem Versprechen, eine Entlastung von 12 bis 14 Mrd. € vorzunehmen, am Schluss werden es nur mehr 6 Mrd. € sein, zeigte Drozda auf. Stattdessen gebe es Steuergeschenke an die großen Unternehmen, die keinen einzigen Arbeitsplatz schaffen würden.

Auch der Klubchefin der NEOS, Beate Meinl-Reisinger, erschloss sich nicht ganz die Aktualität des Themas der Aktuellen Stunde. Die vielen Konditionalsätze in der Rede des Finanzministers belegen, dass die Basis dafür sehr dürftig sei. Sie zeigte sich nicht nur enttäuscht über die zahlreichen Absichtserklärungen, die in den letzten Tagen bereits medial aufgeblasen worden seien, sondern auch darüber, dass das Ausgabenproblem wieder einmal nicht angegangen wird. Die Verschiebung der Abschaffung der kalten Progression bringe dem Finanzminister genau das ein, was nun der Bevölkerung an Steuergeschenken versprochen wird, zeigte ihr Fraktionskollege Josef Schellhorn (NEOS) auf. Außerdem brauche es eine radikale Entlastung des Mittelstands, damit die Menschen in der Lage seien, sich zumindest ein bescheidenes Vermögen aufbauen zu können, sowie eine Stärkung des Kapitalmarkts, forderte Meinl-Reisinger. Da den NEOS das Prinzip der Generationenfairness ein besonderes Anliegen sei, müsse der Faktor Arbeit deutlich entlastet und ökologische Lenkungsmaßnahmen in die Wege geleitet werden.

Die Regierung bewirbt eine Steuerreform, die sie selbst noch gar nicht kennt, schloss sich Bruno Rossmann (JETZT) der Kritik seiner OppositionskollegInnen an. Dennoch werden großflächige Inserate geschaltet, die das angebliche Entlastungsprogramm auf einen Blick bewerben sollen. Wenn man sich den Budgetpfad auf Basis der Wirtschaftsprognosen genauer anschaut, dann handle es sich vielmehr um "Steuerverschwendung pur", zumal sich eine Finanzierungslücke in der Höhe von 2,2 Mrd. € auftue. Darüber werde aber in der Öffentlichkeit nicht gesprochen. Dies könnte dazu führen, dass Ausgaben wie etwa im Sozialbereich gekürzt werden, befürchtete Rossmann. Nicht die großen Konzerne sollen entlastet werden, sondern die arbeitenden Menschen im Land. Was soll sich etwa die teilzeitbeschäftigte Billa-Verkäuferin mit einem monatlichen Einkommen von 900 € brutto denken, die nicht nur von den bisherigen Maßnahmen kaum was hat - nämlich z. B. nur 250 € Familienbonus statt 1500 € -, noch weiß, ob sie in Zukunft etwas bekommt.

JETZT-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber zeigte sich besorgt über die hohen Einkommensverluste von Frauen nach der Geburt ihrer Kinder. Im internationalen Vergleich bilde Österreich gemeinsam mit Deutschland das unrühmliche Schlusslicht in dieser Statistik. Die von den Regierungsfraktionen angekündigte Anrechnung der Karenzzeiten bis zu 24 Monate in allen Kollektivverträgen sollte so rasch wie möglich umgesetzt werden, forderte sie.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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