Wien (öaw) - Unter Mitwirkung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gelang es am japanischen
Teilchenbeschleunigerzentrum J-PARC erstmals eine neue Form von Materie mit Anti-Kaonen nachzuweisen. Das berichtet
das internationale Forschungsteam nun im Fachjournal „Physics Letters B“.
Weltweit erforschen Physiker/innen mit Teilchenbeschleunigern, wie kurz nach dem Urknall vor geschätzten 13,8
Milliarden Jahren Materie entstanden ist. Einer internationalen Forschungsgruppe am J-PARC-Beschleuniger (Japan
Proton Accelerator Research Complex) nahe Tokio ist es nun zum ersten Mal gelungen, eine neue Form von äußerst
dichter Kernmaterie mit sogenannten Anti-Kaonen zu erzeugen. An dem erfolgreichen Experiment waren auch Wissenschaftler/innen
vom Stefan-Meyer-Institut für subatomare Physik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW)
maßgeblich beteiligt.
Anti-Kaon in Atomkern implementiert
Als Ausgangsmaterial des im internationalen Fachjournal „Physics Letters B“ veröffentlichten Experiments diente
ein Helium-3-Isotop, das aus zwei Protonen und einem Neutron besteht. Durch Beschuss des Isotops mit negativ geladenen
Kaonen wurde das Neutron herausgeschleudert. Das überraschende Ergebnis: Das Anti-Kaon, ein sehr kurzlebiges
Teilchen, konnte den Platz des Neutrons einnehmen. Der auf diese Weise neu entstandene Kerncluster verfügte
aber nicht nur über eine enorme Bindungsenergie, er erwies sich auch als weitaus stabiler als von den Forscher/innen
erwartet.
Materie unter Laborbedingungen studieren
„Das Besondere ist, dass wir nachweisen konnten, dass ein Anti-Kaon tatsächlich im Kern als eigenständiger
Kernbaustein existieren kann. Auf diese Weise können wir Kernmaterie mit hoher Dichte erzeugen“, sagt Johann
Zmeskal, Vizedirektor des Stefan-Meyer-Instituts der ÖAW und Ko-Autor der Studie. “Wenn wir das Experiment
erfolgreich mit höherer Präzision wiederholen können und dies auch mit schwereren Kernen als Helium
schaffen, wäre das ein enormer Durchbruch – dann könnten wir extrem dichte Kernmaterie unter Laborbedingungen
und bei normaler Temperatur herstellen.“
Die Forscher/innen hoffen, dass das Verständnis dieser Materie neue Antworten auf grundlegende Fragen der
modernen Physik eröffnet, wie etwa dem Zustandekommen der Masse des sichtbaren Universums. Auch das Wissen
über den Aufbau der extrem dichten Neutronensterne, von denen es allein in der Milchstraße über
hundert Millionen gibt, könnte dadurch weiter verbessert werden.
Publikation: “K-pp”, a K-meson nuclear
bound state, observed in 3He(K-,?p)n reactions, J-PARC E15 collaboration et al., Physics Letters B, 2019 DOI: https://doi.org/10.1016/j.physletb.2018.12.058
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