EU-Unterausschuss: Pläne zur Ausweitung von Erasmus+ und die neue EU-Jugendstrategie stoßen
auf großen Zuspruch
Wien (pk) -Verdoppelt werden soll das Budget des EU-Bildungsprogramms Erasmus+. Im aktuellen Entwurf für
Erasmus+ sind 30 Mrd. € von 2021 bis 2027 vorgesehen, davon 3,1 Mrd. € für den Jugendbereich, für den
in Österreich Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß zuständig ist, und der die non-formelle und
informelle Bildung umfasst. Der Erhalt des eigenen Kapitels "Jugend" im neuen Erasmusprogramm war Bogner-Strauß
zufolge keine Selbstverständlichkeit. Dank des geschlossenen Auftretens aller JugendministerInnen der Mitgliedstaaten
habe man es dennoch erreicht. "Wir wollen, dass Jugendliche eine laute Stimme haben", so die Ministerin
am 28. Jänner im EU-Unterausschuss des Nationalrats . Die Anmeldung zum Programm solle einfacher werden,
sodass auch "benachteiligte Jugendliche" erreicht werden.
Den hohen Wert der allgemeinen und beruflichen Bildung junger Europäerinnen und Europäer für die
Zukunft der Union unterstreicht die EU-Kommission auch in ihrer Mitteilung "Beteiligung, Begegnung und Befähigung:
eine neue EU-Strategie für junge Menschen". Bei der Ausschussdebatte darüber waren alle Fraktionen
einig, angesichts von Globalisierung und rapider technischer Entwicklung seien Investitionen in Bildung entscheidend
für den Wohlstand in Europa. Für die Neuausrichtung der österreichischen Jugendstrategie ab 2019
bilde die EU-Jugendstrategie einen bedeutenden Bezugspunkt, erläuterte Bogner-Strauß, die einen Ministerratsvortrag
dazu bis zum Sommer ankündigte.
Erasmus+ NEU soll Jugendlichen mehr Chancen geben
Othmar Karas, ÖVP-Abgeordneter des Europaparlaments, hob heute im Ausschuss die Bedeutung von Erasmus+ für
die EU hervor, indem er auf den direkten Zusammenhang zwischen Beschäftigungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit
und Auslandserfahrungen hinwies. Letzten November haben sich die zuständigen MinisterInnen der EU-Mitgliedsländer
im Rat der Europäischen Union auf eine Ausweitung von Erasmus, dem transnationalen Mobilitätsprogramm
in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, für den Zeitraum 2021-2027 geeinigt.
So soll durch eine neue Verordnung das Angebot an Lernmöglichkeiten in Europa vergrößert werden,
wobei man besonders für sozioökonomisch benachteiligte junge Menschen den Zugang erleichtern und sämtliche
Bildungsbereiche erreichen will. Lehrlinge und SchülerInnen möchte man verstärkt ansprechen, was
Norbert Sieber (ÖVP) sehr begrüßt. Wie Lehrlinge in ihren Betrieben ausreichend Informationen über
Erasmus+ erhalten, liege allerdings in der Verantwortung des Wirtschaftsministeriums, richtete Jugendministerin
Bogner-Strauß der SPÖ-Abgeordneten Doris Margreiter aus. Markus Tschank (FPÖ) regte grundsätzlich
an, auf "Zielgruppen abseits EU-affiner Schichten" den Fokus zu legen.
Als Beispiele für Maßnahmen, das Programm inklusiver zu machen, nennt das Jugendministerium "Small
Scale Partnerships", für die auch auf nationaler Ebene und bei Grass-Root-Organisationen in kleineren
Projekten gerade benachteiligte Gruppen gewonnen werden sollen. Überdies plane man im Jugendbereich von Erasmus+,
den Gedankenaustausch über die EU-Jugendpolitik, "EU YOUTH Dialogue", niederschwelliger fortzusetzen,
informierte Ministerin Bogner-Strauß. Mit "Discover-EU", bei dem 18-jährige UnionsbürgerInnen
Interrail-Tickets erhalten, laufe ein neues Programmformat an, das sich derzeit in der Pilotphase befinde. "Discover
EU wird noch heftig diskutiert, wird von den Jugendlichen aber heiß geliebt", berichtete sie über
die Bewerbung der neuen Initiative durch die jungen TeilnehmerInnen selbst und zitierte einen Blog-Eintrag: "Wir
sind ins Ausland gefahren und in Europa angekommen".
Festgehalten wird in dem neuen Entwurf für Erasmus+ am Grundsatz, dass Lernen nicht durch Grenzen behindert
werden darf. Für Margreiter (SPÖ) stellt sich jedoch genauso wie für Douglas Hoyos-Trauttmansdorff
(NEOS) und Stephanie Cox (JETZT) die Frage, inwiefern das Vereinigte Königreich (UK) nach seinem für
heuer geplanten EU-Austritt noch am Erasmusprogramm beteiligt ist. Die Bundesregierung solle hier weiterhin für
eine enge Zusammenarbeit mit dem UK eintreten, appellierte Hoyos-Trauttmansdorff, Cox sprach den möglichen
Wegfall der Beiträge Londons für das Mobilitätsprogramm an. Die konkreten Mittelzuweisungen für
das Erasmus-Programm und seine Bestandteile können erst beschlossen werden, wenn Einvernehmen über den
nächsten mehrjährigen Finanzrahmen besteht, erinnerte Bogner-Strauß. Inwieweit sich das UK als
Drittstaat an Erasmus beteiligen will, müsse die britische Regierung entscheiden.
Im aktuellen Verordnungsentwurf für Erasmus+ wird unterstrichen, durch den Kompetenzerwerb in Ausland soll
das Bewusstsein, Bürgerin oder Bürger Europas zu sein, wachsen. Mit der Ausweitung der Bildungsangebote
- auch in informellen Bereichen - streben EU-Kommission und Rat eine noch höhere Beteiligungsquote an. Beide
Gremien sehen das Programm als bedeutendes Mittel zur Stärkung der "Innovationskapazität der Union".
Angesprochen werden dabei Herausforderungen wie der Klimawandel, die nur mit entsprechendem Wissen zu bewältigen
seien. Seit Einrichtung des Erasmus-Programms vor 30 Jahren wurden Angaben des Rats zufolge über 9 Millionen
Menschen dabei unterstützt, im Ausland zu studieren, zu arbeiten oder eine Freiwilligentätigkeit zu leisten.
Grenzüberschreitende Jugendpolitik als Mittel gegen Armut und Ausgrenzung
Enger verknüpft mit Programmen wie Erasmus+ soll nach Ansicht der EU-Kommission die Jugendpolitik der Europäischen
Union werden. In ihrer Mitteilung über eine neue Jugendstrategie, die der Rat letzten November einstimmig
annahm, ruft die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auf, junge Menschen bei der Beteiligung an grenzüberschreitenden
Programmen noch mehr zu unterstützen, etwa durch die Beseitigung administrativer Hindernisse bei Auslandsaufenthalten
im Rahmen von Freiwilligentätigkeiten und Solidaritätsaktionen. Begegnungen mit jungen Menschen in anderen
Ländern Europas würden dazu beitragen, die europäische Identität und Solidarität mit Leben
zu erfüllen. Junge Menschen können sich in weiterer Folge eher mit den Werten der EU identifizieren.
Das sei nicht zuletzt im Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 wichtig, betonte Stephanie
Cox (JETZT).
Damit die Stimme der Jugend in der EU-Politik mehr Gehör findet, wird ein/e "EU-Jugendkoordinator/in",
verortet bei der Europäischen Kommission, angeregt sowie eine Verbesserung des "Jugenddialogs" der
Union auf nationaler wie europäischer Ebene. Dadurch erhofft Brüssel ein gesteigertes Interesse an demokratiepolitischer
Mitwirkung. Der Schwerpunkt solle hier auf benachteiligten jungen Menschen liegen. Sozioökonomische und demokratische
Ausgrenzung gingen nämlich Hand in Hand, schreibt die Kommission, was oft mit Misstrauen in staatliche Institutionen
und weniger Beteiligung am gesellschaftlichen Leben bzw. an Mobilitätsprogrammen einhergehe. Als positives
Zeichen wertet Ministerin Bogner-Strauß die rege Beteiligung Jugendlicher an der Ausarbeitung der neuen Jugendstrategie.
Demnach haben über ein Online-Portal 50.000 junge Menschen partizipiert, bestätigte sie Nico Marchetti
(ÖVP) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) in ihrem Einsatz für mehr politische Teilhabe Jugendlicher.
"Jugendliche wissen am besten, was sie wollen, was sie brauchen und wie man das erreicht", so Bogner-Strauß.
Verankert ist in der Jugendstrategie auch die Umsetzung einer Jugendarbeitsagenda zur Förderung von Qualität,
Innovation und Anerkennung von Jugendarbeit, besonders im non-formalen Bereich. Die Zahl an Jugendlichen, die sich
weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden (NEETs), gelte es, weiter zu reduzieren, mahnt Brüssel.
Wirtschaftlicher Aufschwung und eine relativ niedrige Arbeitslosenquote dürften nicht darüber hinwegtäuschen,
dass 29% der 16- bis 29-Jährigen in Europa von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Zum ersten Mal
seit dem Zweiten Weltkrieg bestehe die Gefahr einer Verschlechterung der Lebensverhältnisse im Vergleich zur
Elterngeneration. Als Ziel hat sich die EU daher gesetzt, die heutige Jugend zur "am besten ausgebildete[n]
Generation, die es je gab", zu machen, heißt es in der Mitteilung, die dabei auch den Umgang mit digitalen
Medien anspricht. Weitere Neuerungen in der aktuellen EU-Jugendstrategie sind die Anerkennung der elf Europäischen
Jugendziele, die laut Bogner-Strauß von den Jugendlichen eigenständig definiert wurden, sowie eine stärkere
Berücksichtigung der Anliegen von Jugendlichen und die Nachverfolgung der EU-Ausgaben für die Jugend
in den wichtigsten Finanzierungsprogrammen. Petra Steger (FPÖ) hob in diesem Zusammenhang den "sektorenübergreifenden
Ansatz" als bedeutend in der Querschnittsmaterie Jugendpolitik hervor.
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