Hochpräziser chemischer Fingerabdruck erlaubt eindeutige Identifizierung – EQ BOKU der
Universität für Bodenkultur Wien nutzt Hightech zur Typisierung von 42 Weinen
Wien (pr&d) - Zahlreiche Inhaltsstoffe von 42 verschiedenen Weinen wurden jetzt erstmals hochpräzise
mit modernsten Analysegeräten untersucht. Die so gewonnen Daten bilden eine äußerst genaue Grundlage
zur eindeutigen Charakterisierung bestimmter Weinsorten und bieten einen neuen methodischen Zugang zur routinemäßigen
Weinanalyse. Dieser könnte den genauen Nachweis einer Sorte, das Entlarven von Fälschungen und ein besseres
Verständnis der Rolle spezieller, aromagebender Stoffe erlauben. Möglich wurde diese Entwicklung dank
eines ultramodernen Geräteparks an der EQ BOKU, einer Einrichtung, die Angehörigen der Universität
für Bodenkultur Wien und externen Kunden wissenschaftliche Präzisionsinstrumente und Know-how zur Verfügung
stellt. Für die nun international publizierte Charakterisierung von verschiedenen Rotweinsorten kam dabei
die Flüssigchromatographie in Kombination mit der Ionenmobilität-Flugzeitmassenspektrometrie zum Einsatz.
Wein ist mehr als Traubensaft mit Alkohol - zumindest, wenn man sorgfältig "verkostet". Genau das
hat nun ein Team des Departments für Chemie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) zusammen
mit Kollegen aus Mazedonien getan. Doch statt des Gaumens wurden dazu hochpräzise Analysegeräte verwendet,
denn die Herausforderungen für eine umfassende Analyse sind aufgrund der Komplexität von Wein enorm:
Kohlenhydrate und Aminosäuren machen seinen Charakter genauso aus wie organische Säuren und verschiedene
Klassen von Phenolen. Die gezielte Charakterisierung einzelner dieser Stoffe stellt dabei heute kein Problem mehr
dar. Anders ist es aber, wenn man alle (oder die meisten) Vertreter einer ganzen Stoffklasse im Wein untersuchen
möchte - ohne genau zu wissen, welche dort vorkommen. Hier ist modernste Technologie und hohes Know-how gefragt.
Das Team setzte daher auf die Geräte der EQ BOKU, einer der BOKU angegliederten Service-Einrichtung, die die
Nutzung komplexer Großgeräte anbietet. So gelang es mittels Flüssigchromatographie x Ionenmobilität-Flugzeitmassenspektrometrie
(HPLC x IMS-TOFMS) bisher wenig charakterisierte Inhaltsstoffe so genau zu beschreiben, dass diese eindeutige Rückschlüsse
auf die Herkunft und Art des Weines erlauben. Daten wie diese werden dringend gesucht - denn schon lange liegt
die "veritas" nicht mehr "in vino" sondern "in vitro".
Fingerabdruck in der Flasche
"Wir haben eine Art Fingerabdruck für 42 verschiedene Weinsorten erarbeitet, der als Grundlage für
deren zukünftige genaue Identifizierung dienen kann", subsummiert Dr. Tim Causon, Leiter des Forschungsprojektes,
die nun international publizierten Ergebnisse. "Die Kopplung von Flüssigchromatographie mit Ionenmobilität-Flugzeitmassenspektrometrie
erlaubt eine hochgenaue Trennung einzelner - auch unbekannter - Komponenten des Weines, die wir anhand ganz spezieller
Parameter eindeutig charakterisieren können und deren so gewonnenes Muster für jeden Wein einmalig ist."
Was so einfach klingt, ist in Wahrheit ein technisch extrem anspruchsvoller Vorgang, der nur in wenigen, gut ausgestatteten
Speziallabors mit entsprechendem Know-how zu präzisen und akkuraten Ergebnissen führen kann. Tatsächlich
wurde der Wein im Rahmen dieser Methode in seine gesamten Komponenten zerlegt. In einem ersten Schritt wurden dabei
mit Hilfe der Flüssigchromatographie die Moleküle nach ihren Eigenschaften (z.B. Polarität) voneinander
getrennt - eine etablierte und bewährte Methode zur Trennung von Inhaltskomponenten komplexer Proben. Auch
die online gekoppelte Flugzeitmassenspektrometrie, die eine hochaufgelöste Trennung der zugeführten Inhaltsstoffe
nach deren Verhältnis von Masse zu Ladung erlaubt, ist zur Routine geworden.
Ungezielt & Unbekannt
Schwieriger ist die Anwendung dieser kombinierten Methoden aber, wenn man keine Standards hat, mit denen man die
so gewonnen Ergebnisse vergleichen kann - wenn man also den Wein ungezielt zerlegt und Muster der Verteilung und
Häufigkeit unbekannter oder nicht näher beschriebener Komponenten erhält. Genau dies hat Dr. Causon
in dem vom OEAD geförderten Projekt (MK 12/2016) erreicht. Entscheidend waren dabei die der Massenspektrometrie
vorgeschaltete Trennung nach deren sogenannter Ionenmobilität. Dem Team gelang es nun so, für jeden der
42 untersuchten Weine einen individuellen "Fingerabdruck" zu generieren. Dieser besteht aus einer ganze
Reihe von verschiedenen Inhaltsstoffen, deren Identität mit bis zu sieben verschiedenen Messgrößen
charakterisiert werden konnte. Zu diesen zählen dabei neben den Retentionszeiten und der akkuraten Masse auch
standardisierte Kollisionsquerschnitte, welche aus der individuellen Ionenmobilität bzw. Driftzeit berechnet
werden können (in Stickstoffgas). "Unser Ziel war es", erklärt Prof. Stephan Hann, der Leiter
der internationalen Arbeitsgruppe, "einen Workflow von bisher unerreichter Präzision und Selektivität
zur Charakterisierung von Wein zu entwickeln. Dazu haben wir dank modernster Geräte der EQ BOKU und unserer
langjährigen Erfahrung nun einen Grundstein legen können."
Über EQ BOKU
EQ bietet Forschungsorganisationen, Firmen und Hochschulen die kostengünstige Nutzung von state-of-the-art
Geräten und Services. Die Expertise und Ausstattung von EQ ist dabei besonders geeignet für folgende
Bereiche: Chemie, Biochemie, Genetik, Zellbiologie, Molekularbiologie, Biotechnologie, Nanobiotechnologie, Bioinformatik,
Lebensmittelwissenschaften und -technologie, Enzymtechnologie sowie Wasser und Abwasser. EQ ist eine unabhängige
Tochtergesellschaft der Universität für Bodenkultur Wien.
Originalpublikation: Fingerprinting
of traditionally produced red wines using liquid chromatography combined with drift tube ion mobility-mass spectrometry,
T. J. Causon, V. Ivanova-Petropulos , D. Petrusheva, E. Bogeva, S. Hann, Analytica Chimica Acta, Volume 1052, (2019)
pp 179-189., https://doi.org/10.1016/j.aca.2018.11.040.
|