ForscherInnen schaffen Kategorien zur besseren Eindämmung von Mikroplastik
Wien (universität) - Die Ansammlung von Plastikmüll in der Natur ist ein globales Problem. Trotz
der breiten Präsenz dieses Themas in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft besteht kein Konsens darüber,
wie Plastikmüll definiert und kategorisiert wird. Ein europaweites Netzwerk unter der Beteiligung des Umweltgeowissenschafters
Thorsten Hüffer hat nun erstmalig eine einheitliche Terminologie für die Verschmutzung durch Plastik
vorgeschlagen. Diese geht weit über Größenklassen hinaus und berücksichtigt auch physikalisch-chemische
Eigenschaften von Polymeren. Das Ergebnis dieser Konsensbildung ist kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift
"Environmental Science & Technology" erschienen.
"In der Forschung zu Plastik in der Umwelt wird sehr viel über Vereinheitlichung von Methoden zum Beispiel
für den Nachweis von Mikro- oder Nanoplastik diskutiert", sagt Thorsten Hüffer vom Department für
Umweltgeowissenschaften der Universität Wien. Allerdings ist bis heute nicht vollkommen geklärt, wie
diese Stoffe in die Umwelt gelangen. Um das Plastikproblem in den Griff zu bekommen, ist also eine Identifizierung
der Quellen entscheidend. Neben dem oft gefundenen Polyethylen, Polystyrol und Polyvinylchlorid gibt es eine Vielzahl
anderer Kunststoffe, die bis heute nicht in Betracht gezogen werden, jedoch immense Auswirkungen auf Lebewesen
haben können – ein einheitlicher Definitions- oder Kategorisierungsansatz fehlte bislang.
"Hier herrscht noch ein großes Durcheinander, nicht nur bei den Größenklassen", so Hüffer.
Zum Beispiel werden Reifenmaterialien aufgrund ihres Elastomeranteils klassisch in den Materialwissenschaften nicht
als Plastik definiert. In der Umwelt können diese kleinen Partikel aus Abrieb von Autoreifen oder als Recyclingprodukt
auf Spiel- und Sportplätzen einen erheblichen Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt darstellen. "Daher
war es wichtig einen breit angelegten Konsens zur Diskussionsgrundlage vorzulegen, der WissenschafterInnen aus
verschiedenen Fachrichtungen, aber auch aus Behörden zusammenbringt." Eine solche Basis ist für
die Vereinheitlichung von Analysemethoden, die Entwicklung von Monitoringprogrammen, aber auch für die Vergleichbarkeit
von Effektstudien fundamental.
Plastikforschung in den Umweltgeowissenschaften
Die Forschung zu Plastik in der Umwelt in der Arbeitsgruppe von Thilo Hofmann beschäftigt sich seit gut
fünf Jahren mit dem Thema und verfolgt eine Vielzahl von interdisziplinären Ansätzen. So untersucht
etwa die 2018 gegründete Forschungsplattform PLENTY – Plastik in der Umwelt und Gesellschaft – unter der Leitung
des Meeresbiologen Gerhard Herndl die globale Plastikverschmutzung und bewertet die Umweltauswirkungen sowie die
gesellschaftliche Wahrnehmung von Kunststoffen im täglichen Leben. Dabei steht das Verhalten von Kunststoffen
im Wasser und besonders die darauffolgenden Änderungen der Partikeleigenschaften durch Alterung und die Auslaugung
von Zusatzstoffen im Zentrum der Forschung.
Auch das Entstehen von sogenanntem sekundärem Mikroplastik – dem Hauptbestandteil von Plastik in der Umwelt,
das durch den Zerfall verschiedenster Plastikprodukte entsteht – ist ein zentrales Forschungsthema am Department
für Umweltgeowissenschaften. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Thorsten Hüffer untersuchte dazu
im vergangenen Jahr erstmalig die Auslaugung von Zusatzstoffen, die Alterung der Kunststoffe durch Sonneneinstrahlung
und die mechanischen Einflüsse in einem ufernahen Flussgebiet, die das Entstehen von Mikro- und Nanoplastik
beeinflussen können.
Publikation in "Environmental Science & Technology":
N.B. Hartmann, T. Hüffer, R.C. Thompson, M. Hasselöv, A. Verschoor,
A.E. Daugaard, S. Rist, T. Karlsson, N. Brennholt, M. Cole, M.P. Herrling, M.C. Hess, N.P. Ivleva, A.L. Lusher,
M. Wagner, "Are We Speaking the Same Language? Recommendations for a Definition and Categorization Framework
for Plastic Debris" Environmental Science & Technology, Volume 53, Issue 3, 1039-1047.
DOI: 10.1021/acs.est.8b05297
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