Fortschreibung der Förderungen für Biomasse-Kraftwerke findet keine Zwei-Drittel-Mehrheit
im Bundesrat
Wien (pk) - Die auf Basis eines von ÖVP und FPÖ gemeinsam eingebrachten Initiativantrags geplante
Änderung des Ökostromgesetzes hat am 14. Feber im Bundesrat nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit
erhalten. Bei der namentlichen Abstimmung zur Feststellung darüber, ob die verfassungsmäßig erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit gegeben ist, stimmten alle 21 SPÖ-BundesrätInnen gegen die Kenntnisnahme der Novelle.
Damit ist der Antrag, die gesetzliche Grundlage der Förderung von Biomasseanlagen noch weitere drei Jahre
fortzuführen, an der letzten parlamentarischen Hürde gescheitert.
Aus Sicht der Koalitionsparteien wäre die Fortführung der Förderungen notwendig, um den Fortbestand
einer Reihe von Biomasse-Kraftwerken (Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen, KWK-Anlagen) abzusichern. In den nächsten
Jahren soll dann eine umfassende Novellierung des Ökostromgesetzes erfolgen. Im Nationalrat war der Antrag
der Koalition nochmals abgeändert und eine Befristung der Förderung auf weitere drei Jahre festgeschrieben
worden. Zudem war vorgesehen, sozial Schwächere von der Ökostromabgabe zu befreien. Die SPÖ brachte
hingegen einen Entschließungsantrag mit einem Fünf-Punkte-Plan zur Förderung von Ökostrom
ein, der jedoch keine Mehrheit im Bundesrat erhielt. Eine Entschließung von ÖVP, FPÖ und Grünen
zu den Grundsätzen der Förderrichtlinien von Biomasseanlagen und zu Verhandlungen über das "Erneuerbaren
Ausbau Gesetz" wurde mehrheitlich angenommen.
SPÖ fordert Verhandlungen über eine umfassende Ökostromgesetznovelle
Als ambitionslose Novelle des Ökostromgesetzes, mit der 150 Mio. € "verheizt" werden sollen, kritisierte
Günther Novak (SPÖ/K) die geplante Regelung. Die Maßnahme sei nur ein Tropfen auf den heißen
Stein beim Klimaschutz und ein Blankoscheck für Zahlungen an große Energiekonzerne ohne Kontrollmöglichkeiten,
so Novak. Die Koalition hätte die Energie, die sie aufgewendet habe, die SPÖ medial zu verunglimpfen,
besser auf sinnvolle Verhandlungen mit ihr verwenden sollen. Seine Fraktion sei jedenfalls bereit, ein sinnvolles
neues Gesetz zu verhandeln und noch bis Ostern zu beschließen. Die SPÖ trete für mehr Ökostrom
und saubere Energie ein und fordere gesetzlich festgeschriebene Tarife, ein nach Effizienz abgestuftes Fördermodell,
eine zwingende Begutachtung der Novelle und die öffentliche Bekanntgabe der Fördernehmer. Alle BezieherInnen
kleiner Einkommen, die von der GIS befreit sind, sollten eine automatische Befreiung von der Ökostromabgabe
erhalten. Der SPÖ-Bundesrat brachte den Fünf-Punkte-Plan der SPÖ für mehr Ökostrom und
ihre Forderungen für eine Novelle des Ökostromgesetzes in Form eines Entschließungsantrags ein.
Die SPÖ sei bereit, an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten und bereits morgen Verhandlungen aufzunehmen,
sagte Novak.
Die Seriosität sei in der Argumentation der Koalition auf der Strecke geblieben, sagte Stefan Schennach (SPÖ/W).
Ganz offensichtlich wolle die ÖVP Klientelpolitik betreiben. Die SPÖ trete selbstverständlich für
den Ausstieg aus der fossilen Energie ein und sei verhandlungsbereit, wenn es um eine Energiestrategie gehe. Die
Novelle enthalte kein abgestuftes Fördermodell und das Überleben der Anlagen sei unter den derzeitigen
Rahmenbedingungen nicht sichergestellt, da sogar das effizienteste Biomassekraftwerk derzeit nicht kostendeckend
arbeiten könne. Die Fortschreibung der Förderung erreiche ihre Ziele also nicht. Die SPÖ sei bereit,
für mehr Ökostrom zu streiten, jedoch nicht, für eine intransparente Mittelvergabe einen Blankoscheck
von 150 Mio. € zu unterschreiben.
Die SPÖ trete selbstverständlich für die Förderung von Biomasse ein, unterstrich auch Jürgen
Schabhüttl (SPÖ/B). Sie trete aber auch für eine nachvollziehbare, transparente Förderpolitik
ein. Die vorliegende Novelle erfülle diese Bedingung nicht und werde auch von den Betreibern der Biomasseanlagen
abgelehnt. In den letzten Wochen habe man mit teilweise fragwürdigen Methoden versucht, Druck auf die SPÖ-BundesrätInnen
auszuüben, kritisierte er. Besonders betroffen zeigte sich Schabhüttl über den Vorwurf, die SPÖ
verhindere die Unterstützung sozial schwacher Menschen. Das sei "schäbige Politik", sagte er.
Die SPÖ werde dafür sorgen, dass demnächst neue Verhandlungen über ein gutes und nachhaltiges
Gesetz zur Sicherung der Zukunft der Biomasseanlagen beginnen. Seine Fraktion wolle für faire Rahmenbedingungen
für diese Anlagen sorgen. In einer zweiten Wortmeldung nahm Schabhüttl den Ausdruck "Lüge"
betreffend eine Aussendung der ÖVP Burgenland zurück, bekräftigte aber, seitens der ÖVP sei
bewusst mit teilweise unwahren Behauptungen gearbeitet worden.
Andrea Kahofer (SPÖ/N) kritisierte ebenfalls die Art und Weise, wie die Koalition die Novelle auf den Weg
gebracht hat. Nicht nur im Umgang mit der Koalition, sondern auch mit den Anlagebetreibern habe sie es an Wertschätzung
und Achtsamkeit fehlen lassen. Auch mit dem neuen Gesetz sei der Fortbestand einer Reihe von Anlagen nicht gesichert,
da sie die gesetzlich geforderten Effizienzkriterien nicht erreichen. ÖVP und FPÖ würden mit falschen
Zahlen und unrichtigen Behauptungen agieren. Nicht die SPÖ, sondern die Koalition schädige mit ihrem
Vorgehen die Interessen der Biomasse.
Martin Weber (SPÖ/St) schloss sich der Kritik an den fehlenden Verhandlungen mit der SPÖ an. Das sei
keine gekränkte Eitelkeit, betonte er. Die SPÖ werde solche "politische Geisterfahrten" im
Gesetzgebungsprozess nicht mitmachen, sie stehe aber für Verhandlungen für ein besseres Gesetz selbstverständlich
bereit.
Die Koalitionsfraktionen würden versuchen, mit Angstmache politischen Druck aufzubauen, sagte Wolfgang Beer
(SPÖ/W). Man behaupte etwa einerseits, dass man die Biomasseanlagen retten wolle, bestehe aber andererseits
darauf, dass man ineffiziente Anlagen zusperren wolle. Auch die Tarife für die Anlagen seien entgegen dem,
was behauptet werde, noch nicht bekannt.
ÖVP: Biomasse sichert regionale Energieversorgung und Wertschöpfung
Sonja Zwazl (ÖVP/N) betonte, es sei mit allen Fraktionen gesprochen worden, um diese Übergangsregelung
zu beschließen. Selbstverständlich sei bereits eine umfangreiche Strategie für nachhaltige Energiegewinnung
geplant. Worum es hier gehe, sei die Fortführung der Förderungen für Biomasseanlagen, die derzeit
aufgrund der Tarife nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Nun drohe die Stilllegung dieser Anlagen.
Diese Anlagen würden Arbeitsplätze sichern und eine hohe regionale Wertschöpfung erzielen. Feste
und flüssige Biomasse werde in Zukunft immer größere Bedeutung für die Energiesicherheit erlangen,
sagte Zwazl. Die vorgesehene Überbrückungsförderung solle selbstverständlich wirtschaftlich
vernünftig eingesetzt werden und nichteffiziente Kraftwerke durch effizientere Anlagen ersetzt werden. Die
Haltung der SPÖ gefährde jedenfalls die regionale Energieversorgung und bewirke, dass mehr Atomstrom
importiert werden müsse.
In Österreich gebe es seit langem einen breiten Konsens darüber, dass die Energiegewinnung aus erneuerbaren
Energieträgern vorangetrieben werden solle, sagte Martin Preineder (ÖVP/N). Das heute zur Debatte stehende
Gesetz sei immer wieder mit Zwei-Drittel-Mehrheit novelliert worden und sei nichts Neues. Den Weiterbestand von
dringend benötigten Biomasseanlagen zu sichern, sei ein Gebot der Vernunft, die SPÖ lasse diese politische
Vernunft vermissen.
Auf die immer stärker werdenden Auswirkungen des Klimawandels wies Silvester Gfrerer (ÖVP/S) hin. Die
österreichischen Wälder und die Forstwirtschaft seien davon besonders stark betroffen. Daher sei es dringend
notwendig, eine glaubwürdige Klimapolitik zu betreiben und erneuerbare Energieträger zu fördern.
Dazu gehöre die Nutzung der Biomasse, die reichlich zur Verfügung steht. Die Überbrückungsförderung
für Biomasseanlagen ist für Gfrerer daher dringend notwendig, die Haltung der SPÖ sei aus diesem
Grund völlig unverständlich. Wer Ökostrom abdrehe, drehe Atomstrom auf, sagte er.
Magnus Brunner (ÖVP/V) beklagte, dass sich die SPÖ-BundesrätInnen für parteitaktische Spielchen
hergäben. Bundesministerin Köstinger habe die Verordnung für die Fördervergabe und die Höhe
der Tarife bereits mitgeteilt. Die SPÖ-Forderungen seien teilweise nicht durchdacht und widersprüchlich,
wie etwa eine Festschreibung von Tarifen per Gesetz statt durch Verordnung, obwohl Letzteres ein flexibleres Agieren
erlaube.
Marianne Hackl (ÖVP/B) schloss sich dem Appell an die SPÖ-Bundesräte und Bundesrätinnen an,
zur politischen Vernunft zurückzukehren. Biomasse habe gerade für die ländlichen Regionen große
Bedeutung. Auch Karl Bader (ÖVP/N) kritisierte die SPÖ, die aus seiner Sicht aus fragwürdigen Gründen
einen wichtigen Gesetzesbeschluss verhindere. Er habe, wie viele andere in diesem Land, kein Verständnis dafür.
FPÖ kritisiert Blockadehaltung der SPÖ als politisch verantwortungslos
Die SPÖ versuche geradezu verzweifelt, eine Regelung schlechtzureden, was sie selbst jahrelang unterstützt
habe, meinte Bernhard Rösch (FPÖ/W). Sie wolle aus reinem politischen Kalkül den Gesetzesbeschluss
verhindern, das sei verantwortungslose Politik. Ihre eigenen Anträge seien teils widersprüchlich, teils
würden sie Forderungen aufstellen, die mit der heute zu beschließenden Novelle schon umgesetzt würden.
Die Ablehnung der Förderung von Biomasseanlagen werde dazu führen, dass Österreich mehr Atomstrom
oder Strom aus fossilen Energieträgern importieren müsse und gefährde Tausende Arbeitsplätze.
Der SPÖ werde es sehr schwer fallen, diese Haltung den betroffenen Menschen gegenüber zu rechtfertigen,
meinte Rösch.
Dieser Argumentation schloss sich auch Michael Bernard (FPÖ/N) an. Die Festlegung der Tarife über Verordnung
des zuständigen Ministers bzw. der Ministerin sei viele Jahre lang von der SPÖ mitgetragen worden. Nun
lehne sie diese bewährte Regelung ohne gute Gründe ab.
Grüne stimmen im Bundesrat für Ökostromgesetznovelle
Die Grünen wollen die Energiewende und den Ausstieg aus fossile Energieträgern und Atomkraft, betonte
David Stögmüller (GRÜNE/O). Dafür müsse man auf einen Energiemix aus erneuerbaren Energien
setzen. Aus seiner Sicht sei es vordringlich, dass keine Biomasseanlage schließen müsse. Das Zustandekommen
der Novelle habe einige Schönheitsfehler und zudem seien die Probleme seit einigen Jahren bekannt. Letztlich
gehe es aber darum, rasch eine Übergangslösung zu beschließen, damit bestehende Anlagen weiterhin
gefördert werden können. Hier entstehen keine Mehrkosten, da die Mittel aus der Ökostromangabe aufgebracht
werden. Selbstverständlich müsse Bundesministerin Köstinger mit der Durchführungsverordnung
entsprechende Rahmenbedingungen für die Förderung der Biomasseanlagen sorgen. Stögmüller brachte
auch einen von ÖVP, FPÖ und den BunderätInnen der Grünen formulierten Entschließungsantrag
ein, in dem die Umweltministerin aufgefordert wird, die Förderungen und Tarife für diese Anlagen nachhaltig
zu gestalten und das Erneuerbare Ausbau Gesetz in diesem Sinne mit allen Fraktionen zu verhandeln. Dieser Antrag
wurde mehrheitlich angenommen.
Bundesministerin Köstinger: Förderung der Biomasseanlagen braucht eine Übergangsregelung
Die Novelle sei in der Sache wenig spektakulär, sondern verlängere eine Regelung, die bereits einmal
mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Die SPÖ riskiere nun allerdings aus Gründen der Fundamentalopposition
schwerwiegende Folgen für die Biomasseanlage. Das bevorstehende Auslaufen der Förderverträge gefährde
nämlich den Weiterbestand von 47 Anlagen. Für diese brauche man eine Übergangslösung, bis mit
dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz eine Gesamtlösung geschaffen werden kann. Derzeit gehe es auch darum, dafür
zu sorgen, dass die im letzten Jahr angefallenen enormen Mengen an Schadholz verwertet werden können. Unverständlich
sei es auch, wenn die SPÖ eine von ihr selbst seit langem erhobene Forderung, die Befreiung von der Ökostromabgabe
für sozial Schwache, ablehne. Die SPÖ solle aufhören, Parteipolitik auf dem Rücken der WählerInnen
zu machen, und solle zur politischen Vernunft zurückkehren, sagte Köstinger.
|