Birgit Minichmayr erhält den Großen
 Diagonale-Schauspielpreis 2019

 

erstellt am
13. 02. 19
13:00 MEZ

Im Rahmen der Festivaleröffnung am 19. März vergibt die Diagonale’19 bereits zum zwölften Mal den Großen Diagonale-Schauspielpreis für Verdienste um die österreichische Filmkultur.
Graz (diagoale) - Die Diagonale freut sich bekanntzugeben, dass diese Auszeichnung heuer an die fortwährend fulminant agierende Birgit Minichmayr geht. Die Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin wird den Preis – ein Kunstwerk gestaltet von Ashley Hans Scheirl – in Graz persönlich entgegennehmen.

„Ich bin eine sehr körperliche Schauspielerin. Das sagt man so und das empfinde ich auch so. Wenn ich noch in 20 Jahren eine gewisse Sexyness auf der Bühne habe, dann finde ich das nicht schlimm, sondern total in Ordnung, solange das in Zusammenhang mit meinen Rollen bleibt“, stellte Birgit Minichmayr unlängst in jenem vielzitierten Interview mit dem Magazin Fleisch fest, das beinahe beiläufig mit der Ankündigung ihrer Rückkehr ans Wiener Burgtheater schloss. Die international gefragte Minichmayr gilt nicht bloß unter Kritiker/innen als Konstante, die durch ihr intensives Spiel, ihre gewinnende Aura und ihre unablässige Fokussiertheit mitzureißen vermag. Nicht ohne Grund wird ihr seit jeher das Label „Urgewalt“ umgehängt – eine Zuschreibung, die sich positiv verstanden in mannigfaltigen Auszeichnungen für ihre herausragenden schauspielerischen Leistungen ausdrückt.

Wir freuen uns, Birgit Minichmayr für dieses beständige Wirken auf höchstem Niveau und ihr immerzu präzises und unvergleichlich virtuos-nahbares Spiel zehn Jahre nach der Würdigung für den besten Aufritt in einem Wettbewerbsfilm der Diagonale nun auch mit dem Großen Diagonale-Schauspielpreis für Verdienste um die österreichische Filmkultur auszuzeichnen: „Birgit Minichmayr zieht einen sofort in ihren Bann – man kann den Blick nicht von ihr lassen, so außergewöhnlich ist ihre Kraft. Mit ihrem Spiel, mit ihrer Präsenz hat sie österreichischen genauso wie internationalen Produktionen zu unvergleichlicher Intensität verholfen. Eine starke Schauspielerin und Persönlichkeit, die zu beehren es uns ein Vergnügen ist“, so die Jury in einem ersten Statement zum Großen Diagonale-Schauspielpreis 2019.

Der Große Diagonale-Schauspielpreis ist für Minichmayr bereits die zweite Würdigung im Rahmen des Festivals des österreichischen Films. 2009 wurde die Ausnahmeschauspielerin für ihre feinsinnig-nuancierte Darstellung in Der Knochenmann (R: Wolfgang Murnberger, AT 2008) mit dem Diagonale-Schauspielpreis bedacht: „Diese Schauspielerin verwandelt sich in eine Frau, die uns allen bekannt vorkommt, die ‚ganz normal‘ ist und dann doch mit ihrem Lachen, ihren Reaktionen, ihrem Schweigen, ihrer Präsenz überrascht. Man fragt sich, wie sie das macht? Vor allem der feine, zärtliche Humor, den sie spürbar macht und die Liebesgeschichte, die sie erzählt, berühren. Sie schafft es, in einer hässlichen Location, mit unbarmherzig hartem Licht, in eiskalter Atmosphäre zu flirten“, konstatierte die Jury 2009.

Das Publikum darf sich zudem darauf freuen, Birgit Minichmayr in Graz erneut auch auf der großen Kinoleinwand zu begegnen. Im Programm der Diagonale’19 ist sie in einem Lang- sowie einem Kurzspielfilm zu sehen. So verkörpert sie in Emily Atefs mehrfach prämiertem Film 3 Tage in Quiberon (DE/AT/FR 2018) die beste Freundin von Romy Schneider – für die exzellente Darbietung in einer Nebenrolle erhielt Minichmayr den Deutschen Filmpreis. Im Wettbewerb der Diagonale’19 kommt zudem der Kurzfilm Die Sünderinnen vom Höllfall (AT 2018) von Veronika Franz und Severin Fiala zur Aufführung. Schon im Rahmen vergangener Festivalausgaben begeisterte Minichmayr die Zuschauer/innen. Im Vorjahr etwa im packend-verworrenen Liebesdrama TIERE (CH/AT/PL 2017) von Greg Zglinski. Oder aber an der Seite von Johannes Krisch in Elisabeth Scharangs JACK (AT 2015), den die Diagonale’16 zeigte. Der deutschen Fassung von Michael Glawoggers und Monika Willis UNTITLED (AT 2017), Eröffnungsfilm der Diagonale’17, lieh sie zudem ihre unverkennbare Stimme und begleitete das Publikum auf einer poetischen Reise durch den Balkan, Italien, Nordwest- und Westafrika.

Die Karriere einer Nicht-bequem-werden-Wollenden
Birgit Minichmayr wurde 1977 geboren und wuchs in der Nähe von Linz auf. Bereits während ihrer Ausbildung am Max Reinhardt Seminar wurde sie am Burgtheater in Wien engagiert. Dort debütierte sie 1999 als Dirne in Schnitzlers Drama Der Reigen. Im April 2004 war sie in Frank Castorfs Gier nach Gold auf den Ruhrfestspielen in Recklinghausen zu sehen, einer Koproduktion mit der Volksbühne Berlin, zu der Minichmayr seit 2004 als permanentes Ensemblemitglied gehörte. Von 2007 bis 2011 war sie zudem festes Ensemblemitglied am Burgtheater. Dort spielte sie unter anderem in Luc Bondys Inszenierung von König Lear, in Der Weibsteufel, Macbeth sowie in Stefan Puchers Inszenierung von Struwwelpeter. 2010 und 2011 gab sie die Buhlschaft im Jedermann bei den Salzburger Festspielen. Von 2011 bis 2013 zählte sie zum festen Ensemble des Residenztheaters in München und wirkte dort etwa in Kasimir und Karoline, Faustin and out und Interview mit. Seit 2014 spielt sie frei an renommierten Bühnen in Wien, München, Berlin und Hamburg. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete sie mit Regiegrößen wie Frank Castorf, Klaus Maria Brandauer, Dimiter Gotscheff, René Pollesch, Stephan Kimmig, Luc Bondy und Martin Kušej zusammen und avancierte zur gefeierten Bühnendarstellerin.

Neben ihrer erfolgreichen Theaterkarriere ist Birgit Minichmayr auch in Fernsehrollen sowie auf der Kinoleinwand eine feste Größe. Im Jahr 2000 gab sie in Abschied – Brechts letzter Sommer (R: Jan Schütte, DE/PL 2000) ihr Kinodebüt. Ein Jahr später spielte sie eine Stenotypistin in István Szabós Taking Sides – Der Fall Furtwängler (FR/UK/DE/AT 2001) und wurde dafür auf der Berlinale 2001 zum Shooting Star gekürt. In zahlreichen weiteren Kinofilmen konnte Birgit Minichmayr ihr Können auf vielfältige Weise unter Beweis stellen. Ob in Oliver Hirschbiegels Der Untergang (DE/AT/IT 2004), Tom Tykwers Roman-Adaption Das Parfum (DE/FR/ES/US 2006), Doris Dörries Kirschblüten – Hanami (DE 2008), Wolfgang Murnbergers Der Knochenmann, Michael Hanekes Das weiße Band (DE/AT/FR/IT 2009), Matthias Glasners Gnade (DE/NO 2012), Alexander Mindadzes Liebster Hans, bester Pjotr (RU/UK/DE 2015) oder Greg Zglinskis TIERE – ihre Rollen fußen stets auf ihrer so intensiven wie präganten Darstellung.

Im Fernsehen war Birgit Minichmayr in den letzten Jahren unter anderem in Adele – Das Geld der Anderen (R: Xaver Schwarzenberger, DE/AT 2012), der ZDF-Serie Dengler (R: Lars Kraume/Rick Ostermann, DE 2015–2019) sowie in Eine Liebe für den Frieden – Bertha von Suttner und Alfred Nobel (R: Urs Egger, AT/DE 2014) zu sehen. Zuletzt spielte sie in Özgür Yildrims Kinofilm Nur Gott kann mich richten (DE 2017) zusammen mit Moritz Bleibtreu sowie in Emily Atefs 3 Tage in Quiberon an der Seite von Marie Bäumer. Außerdem stand sie unter der Regie von Doris Dörrie jüngst für Kirschblüten & Dämonen (DE 2019) sowie für Die Goldfische (DE 2019) von Alireza Golafshan vor der Kamera und drehte den fünften Teil der TV-Serie Dengler.

Die in Oberösterreich aufgewachsene Minichmayr erhielt bereits viermal den Wiener Theaterpreis Nestroy. Für ihre Rolle in Maren Ades Alle Anderen (DE 2009) wurde sie 2009 von der Berlinale mit dem Silbernen Bären geehrt und war zudem Schauspielerin des Jahres. 2013 erhielt sie den Kurt-Meisel-Preis, 2018 den Deutschen Filmpreis als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle im vielgefeierten Romy-Schneider-Portrait 3 Tage in Quiberon von Emily Atef, das im Rahmen eines programmatischen Doppels bei der Diagonale’19 zu sehen sein wird.

Ein Kunstwerk für Birgit Minichmayr, gestaltet von Ashley Hans Scheirl
Die Preisträgerin des Großen Diagonale-Schauspielpreises 2019 erhält ein Kunstwerk, gestaltet und gestiftet von Ashley Hans Scheirl, ermöglicht durch legero united – the shoemakers | Initiator of con-tempus.eu.

Die in Berlin lebende Künstlerin studierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien sowie am Central Saint Martins College London. Nach langjährigen Auslandsaufenthalten in New York und London legte sich die 1956 geborene Künstlerin Mitte der 1990er-Jahre die Transgenderidentität „Hans“ zu. 2006 erhielt sie das österreichische Staatsstipendium sowie eine Berufung auf eine Professur für Kontextuelle Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Wien. 2012 wurde Scheirl mit dem Preis der Stadt Wien für bildende Kunst ausgezeichnet. 2017 nahm sie an der documenta 14 in Athen und Kassel teil.

Ashley Hans Scheirls künstlerische Arbeiten spiegeln Ausdrucksformen lesbisch-queerer Sexualität wider und umspannen dabei unterschiedlichste Disziplinen – von Experimentalfilmen über Aktionen im öffentlichen Raum, Performances und Musik bis hin zu Malerei und Installationen. Scheirl gilt damit als eine bedeutende Vertreterin der österreichischen Konzeptkunst.

Schauspieljury 2019
Ute Baumhackl (Ressortleiterin Kultur & Medien, Kleine Zeitung)
Veronika Franz (Regisseurin)
Christian Konrad (Ressortleiter Film, ORF)
Johanna Orsini-Rosenberg (Schauspielerin,
Preisträgerin Diagonale-Schauspielpreis Ensemble 2018)
Simon Schwarz (Schauspieler, Vertretung VdFS)

Die Vergabe des Großen Diagonale-Schauspielpreises 2019 an Birgit Minichmayr erfolgt im Rahmen der festlichen Eröffnung der Diagonale am 19. März um 19.30 Uhr in der Grazer Helmut List Halle.

Bisherige Preisträger/innen Großer Diagonale-Schauspielpreis
Ingrid Burkhard (2018), Johannes Krisch (2017), Erni Mangold (2016), Tobias Moretti (2015), Georg Friedrich (2014), Maria Hofstätter (2013), Johannes Silberschneider (2012), Senta Berger (2011), Klaus Maria Brandauer (2010), Josef Hader (2009), Karl Markovics (2008)

 

 

 

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