Linz (kepleruniklinikum) - Am 21. Jänner 2019 konnte am Kepler Universitätsklinikum erstmals in Oberösterreich
ein Kunstherz bei einem erwachsenen Patienten implantiert werden. Der Eingriff an dem 36-jährigen Familienvater
aus Mitterkirchen verlief komplikationslos. Der Patient ist inzwischen bereits auf die Normalstation verlegt worden.
Nach einem mehrwöchigen Rehabilitationsaufenthalt kann der Patient nach Hause entlassen werden. Wenn der Heilungsverlauf
weiterhin so gut voranschreitet, kann er ein normales Leben führen.
Möglich ist dieser innovative, hochspezialisierte Eingriff durch die enge Zusammenarbeit der Teams der Universitätsklinik
für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer, sowie
der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin (Vorstand: Prim. Univ.-Prof. Dr. Jens Meier) und der
Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin (Vorstand: Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender).
Bei dem Patienten handelt es sich um einen 36 Jahre jungen Oberösterreicher, der kurz nach Weihnachten einen
schweren Herzinfarkt erlitten hat. Durch diesen Infarkt wurde ein großer Anteil an der Muskulatur des linken
Herzens geschädigt, sodass dessen Pumpfunktion schwer eingeschränkt und eine ausreichende Kreislauffunktion
nicht mehr gegeben waren. Als erste lebenserhaltende Maßnahme musste das Herz des Patienten zunächst
durch eine temporäre Herz-Lungenmaschine (sogenannte „ECMO“) unterstützt werden. Eine derartige Therapie
ist jedoch maximal für wenige Wochen sinnvoll und durchführbar. In dieser Zeit musste der Patient entsprechend
auf der Intensivstation betreut werden und zusätzlich zahlreiche kreislaufunterstützende sowie andere
medikamentöse Therapien erhalten. Unterdessen befinden sich solche Patientinnen und Patienten überwiegend
im künstlichen Tiefschlaf.
Aufgrund der schweren irreversiblen Schädigung der Herzmuskulatur war bei dem Patienten nach über zwei
Wochen an der Herz-Lungenmaschine keine Verbesserung der Kreislauffunktion mehr zu erwarten. In dieser Situation
bestehen nur mehr wenige geeignete Therapieoptionen. Eine Möglichkeit wäre der Ersatz des geschädigten
Herzens durch Transplantation eines Spenderorgans. Bei den hierfür notwendigen Abklärungen stellte sich
jedoch heraus, dass der Patient für eine Herztransplantation nicht geeignet war.
An der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie in Linz konnte dem Patienten
jedoch als Alternative die Implantation einer neuartigen Pumpe, eines sogenannten „Kunstherzens“, angeboten werden,
die den Kreislauf des Patienten auf Dauer verbessern kann. Diese Pumpe liegt vollständig im Brustraum innerhalb
des Herzbeutels. Sie ist über ein Kabel durch die Haut mit einer Steuereinheit verbunden und wird über
zwei Akkus mit Strom versorgt. Der Patient trägt Steuereinheit und Akkus stets mittels eines Gürtels
am Körper.
Der etwa vierstündige operative Eingriff erfolgte komplikationslos. Der Patient hat sich postoperativ rasch
erholt. Er konnte bereits auf die Normalstation verlegt werden und kann mittlerweile das Bett bereits für
kleine Spaziergänge verlassen. Nach einem mehrwöchigen Rehabilitationsaufenthalt kann der Patient nach
Hause entlassen werden. Wenn der Heilungsverlauf weiterhin so optimal verläuft, kann er langfristig ein normales
Leben führen.
„Durch die Zusammenarbeit der medizinischen Fakultät der JKU und des Kepler Universitätsklinikums ist
es möglich geworden, oberösterreichischen Patientinnen und Patienten mit modernsten, Hightech-Behandlungsmethoden,
wie einer Kunstherzimplantation, zu helfen. Neben der bestmöglichen Ausbildung unserer zukünftigen Ärztinnen
und Ärzten und dem Vorantreiben der medizinischen Forschung sehe ich das als große und wunderbare Aufgabe
eines Universitätsklinikums. Es freut mich sehr, dass wir diesem jungen Patienten durch die erste Kunstherzimplantation
in Oberösterreich das Leben retten konnten“, zeigt sich Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer, Vorstand der Universitätsklinik
für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, sehr erfreut.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Jens Meier, Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, betont:
„Die Etablierung eines LVAD-Kunstherzprogrammes in Oberösterreich ist eine medizinische Innovation für
Patientinnen und Patienten mit schwerster Herzinsuffizienz. Bisher mussten alle oberösterreichischen Patientinnen
bzw. Patienten mit diesem Krankheitsbild in eine andere Universitätsklinik verlegt werden. Dies stellt sowohl
die Betroffenen als auch deren Familien vor große logistische Probleme und ist eine schwere zusätzliche
Belastung, insbesondere auch im Rahmen der Nachsorge, wenn mit Wiederaufnahmen in das implantierende Krankenhaus
zu rechnen ist.“
„Wir sind sehr froh, dass wir dem jungen Patienten, bei dem die einzig mögliche Behandlung eine Kunstherzimplantation
war, helfen konnten. Damit können wir uns als Zentrum der Herzversorgung in Oberösterreich positionieren.Insgesamt
haben sich das Überleben und die Lebensqualität dieser Patientinnen und Patienten sehr verbessert. Erfolgsfaktor
für diese Entwicklung ist auch die hervorragende, interdisziplinäre Zusammenarbeit von Expertinnen und
Experten unterschiedlicher Fachgebiete“, so Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender, Vorstand der Klinik für
Kardiologie und Internistische Intensivmedizin.
Die Kollegiale Führung des Kepler Universitätsklinikums unterstützt die Einführung dieser medizinischen
Spitzenleistungen mit vollen Kräften.
„Wir freuen uns, hervorragende Medizinerinnen und Mediziner sowie exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
gewonnen zu haben, die sowohl in Lehre und Forschung als auch in der Patientenversorgung herausragende Akzente
setzen. Komplexe medizinische Leistungen, wie die Implantation eines Kunstherzens, verhelfen unserem Klinikum zu
hoher medizinischer Reputation. Mit dem hochmodernen Hybrid-OP haben wir auch die dafür notwendigen medizintechnischen
Ausstattungen vor Ort. Wir möchten uns bei unseren beiden Eigentümern Land OÖ und Stadt Linz bedanken,
dass sie sich mit der Genehmigung von Kunstherzimplantationen klar zur universitären Ausrichtung unseres Hauses
bekennen. Das ist nicht selbstverständlich und ist ein klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung der Patientenversorgung
auf höchstem Niveau", betont die Kaufmännische Direktorin GFin Dr.in Elgin Drda.
„Am Kepler Universitätsklinikum wird nun ein neues Kapitel der Herzchirurgie aufgeschlagen. Sowohl in der
Koronarchirurgie als auch in der Herzklappenchirurgie werden die neuesten Operationsmethoden auf hohen medizinischem
Niveau angeboten. Mit der erfolgreichen Implantation des ersten Kunstherzen im Kepler Universitätsklinikum
ist es uns gelungen, einen weiteren medizinischen Meilenstein zu setzen“, freut sich der Ärztliche Direktor
GF Dr. Heinz Brock.
„Auch die Pflege unterstützt die Etablierung des LVAD- Kunstherzprogrammes am Uniklinikum. Hochqualifizierte
und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der OP-Pflege, der Intensivpflege sowie der Stationspflege
bringen ihre Expertise zur Versorgung ein. Im Bereich der Nachsorge werden die Patientinnen und Patienten in der
Ambulanz von Pflegepersonen und von Kardiotechnikern ausgezeichnet betreut. Wesentlich ist uns in der Pflege bei
der Etablierung neuer medizinischer Leistungen, permanente Fort- und Weiterbildungen für die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter anzubieten.“, betont Pflegedirektorin Simone Pollhammer, MBA.
Details zum Kunstherzen
Was ist eine mechanische Kreislaufunterstützung mittels LVAD?
„LVAD“ steht für left ventricular assist device und wird im Volksmund als „Kunstherz“ bezeichnet. Technisch
gesehen handelt es sich bei der neuesten Generation an Kunstherzen um eine magnetisch gelagerte Zentrifugalpumpe,
die innerhalb eines Pumpenkopfes direkten Blutkontakt hat und das Blut mit kontinuierlichem Fluss und einer Pumpleistung
von ca. 3–6l/min (entspricht der vollen Pumpleistung eines gesunden Herzens) aus der linken Herzkammer abzieht
und in die Körperschlagader zurück pumpt.
Welche Patienten kommen für ein Kunstherz (LVAD) in Frage?
Für eine LVAD-Implantation kommen Patientinnen bzw. Patienten mit einer sogenannten „terminalen Herzinsuffizienz“
in Frage. Darunter versteht man eine Herz- bzw. Herzmuskelschwäche im Endstadium, bei der alle anderen zur
Verfügung stehenden Therapieoptionen (Medikamente, Koronarstents, Bypassoperation…) bereits voll ausgeschöpft
wurden.
Wie viele Personen leiden an Herzinsuffizienz (Herzschwäche)?
Die Herzinsuffizienz ist bereits jetzt die häufigste Entlassungsdiagnose stationär behandelter Patientinnen
und Patienten höher als 65 Jahre in Europa. Derzeit leiden ca. 160.000 Menschen in Österreich an dieser
Herzschwäche. Die Herzinsuffizienz ist verantwortlich für 27.000 Krankenhausaufnahmen pro Jahr in Österreich.
Wie gefährlich ist diese Herzinsuffizienz (Herzschwäche)?
Die chronische ischämische Herzkrankheit, bei der eine Einengung bzw. ein Verschluss eines oder mehrerer Herzkranzgefäße
vorliegt, ist die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz und gleichzeitig die häufigste Todesursache
in Europa. Zusätzlich gibt es noch andere Grunderkrankungen die zu einer Herzschwäche führen können
(z.B. Herzklappenerkrankungen, Herzmuskelentzündungen…). Diese weiteren Ursachen für eine Herzschwäche
bilden die vierthäufigste Todesursache in Europa. Im Endstadium (terminale Herzinsuffizienz) ist diese Herzschwäche
nur noch durch eine Herztransplantation oder eine Kunstherzimplantation behandelbar.
Wie ist die Entwicklung der Zahl der LVAD Implantationen weltweit?
Aufgrund der beschriebenen Häufigkeit und der extrem hohen Sterblichkeit terminal herzinsuffizienter Patientinnen
bzw. Patienten steigt die Zahl implantierter Kunstherzen pro Jahr weltweit seit 2006 exponentiell an. Im Jahr 2018
wurden in Österreich erstmals mehr LVAD-Implantationen (ca. 75) als Herztransplantationen (ca. 65) durchgeführt.
Wie hoch ist der Bedarf in Oberösterreich?
Die Etablierung eines Kunstherz-Programmes ist eine wesentliche Innovation für die medizinische Versorgung
in Oberösterreich. Geplant ist ein stufenweiser Aufbau des Programmes mit einer Implantationszahl von 10–15
LVAD-Implantationen pro Jahr.
Welche Behandlungsziele werden durch eine LVAD-Implantation verfolgt?
Prinzipiell werden drei verschiedene Therapieziele durch eine LVAD-Implantation verfolgt:
1. „Bridge to recovery“: Es gibt Formen der Herzschwäche (z.B. virale Herzmuskelentzündungen),
bei denen sich das Herz wieder soweit erholen kann, dass das LVAD nach einer gewissen Zeit wieder erfolgreich explantiert
werden kann.
2. „Bridge to transplant“: Vor allem bei jüngeren Patientinnen und Patienten (bis ca. 50 Jahre alt) bietet
sich die Möglichkeit an ein LVAD zu implantieren und die Patientinnen bzw. Patienten gleichzeitig auf die
Warteliste für eine Herztransplantation zu setzen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass dadurch die Sterblichkeit
auf der Warteliste für ein Spenderherz signifikant reduziert werden kann. Dies ist vor allem in Hinblick auf
die stetig länger werdenden Wartezeiten sehr wichtig.
3. „Destination therapy“: Die mögliche Unterstützungsdauer eines implantierten LVADs hat sich in
den letzten Jahren durch technische Weiterentwicklungen stetig verlängert. Mittlerweile kann ein solches Kunstherz
bis zu 10 Jahre und länger funktionieren, ohne ausgetauscht werden zu müssen. Die Fünfjahres-Überlebensraten
liegen dabei, je nach Bericht, bei 80% und darüber. Dadurch ist eine dauerhafte LVAD-Unterstützung als
definitive Therapie möglich geworden.
Voraussetzungen am Kepler Universitätsklinikum in Linz, um eine erfolgreiche Etablierung dieses innovativen
Therapieverfahrens in Oberösterreich zu gewährleisten
Um ein solch interdisziplinäres und interprofessionelles Projekt gut geplant, strukturiert und mit hoher Patientensicherheit
etablieren zu können, sind drei Faktoren unabdingbar:
- Vorhandene medizinische Erfahrung der drei kooperierenden
Kliniken: Alle drei Kliniken am Kepler Universitätsklinikum haben eine ausgewiesene Expertise in der interdisziplinären
Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schwersten Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems inklusive der vorübergehenden
mechanischen Herz-Lungenunterstützung mittels ECMO-Therapie. Dies gilt für alle beteiligten Berufsgruppen
(Pflege, Kardiotechnik, ärztliches Personal). Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer besitzt mittlerweile über
10 Jahre hohe Expertise und Erfahrung in der chirurgischen Behandlung herzinsuffizienter Patientinnen und Patienten
(LVAD-Implantation und Herztransplantation). Seitens der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
hat Prim.Univ.-Prof. Dr. Jens Meier große Erfahrung im peri- und postoperativen Management von LVAD-Patientinnen
und -Patienten. Hervorzuheben ist die große Expertise von Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender und seinem
Team im Bereich der Therapie mit implantierbaren elektronischen Geräten (Schrittmacher, Defibrillatoren…),
zu denen die LVADs gehören. Dies betrifft in hohem Maße auch Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz.
- Vorhandene räumliche und apparative Grundausstattung:
Die räumliche und apparative Ausstattung am Kepler Universitätsklinikum in Linz entspricht den modernsten
Anforderungen. Der OP-Trakt, inklusive des neu eröffneten Hybrid OPs, ist neu renoviert worden.
- Umfassende, sorgfältig geplante Schulung und Vorbereitung
aller beteiligten Berufsgruppen auf die spezifischen prä-, peri- und postoperativen Anforderungen der LVAD-Therapie:
Pflegemitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Kardiotechnikerinnen und -techniker sowie ärztliches Personal wurden
in einem der großen LVAD-Zentren in Deutschland bestens geschult und vorbereitet.
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