Kurz: Trump für Handelsabkommen offen

 

erstellt am
21. 02. 19
13:00 MEZ

USA ist der zweitgrößte Handelspartner Österreichs, daher ist es wichtig, trotz aller unterschiedlicher Auffassungen im Gespräch zu bleiben
Wasington/Wien (bka) - Am zweiten Tag seines dreitägigen US-Aufenthalts traf Bundeskanzler Sebastian Kurz am 20. Feber im Weißen Haus als erster österreichischer Regierungschef seit 13 Jahren US-Präsident Donald Trump im Oval Office zu einem Vieraugengespräch.

In dem von Sebastian Kurz als durchaus kontroversiell bezeichneten Gespräch wurden Themen angesprochen, bei denen man auch unterschiedlicher Meinung war. "Donald Trump ist Österreich und einigen Länder der Europäischen Union gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. Insbesondere der Protektionismus macht uns große Sorgen", so der Bundeskanzler. Nicht zuletzt deshalb, weil für Österreich als exportorientiertes Land die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner sei. Er habe daher dem US-Präsidenten verdeutlicht, dass jede Form der Infragestellung der Handelbeziehungen Unsicherheiten auslöse, die der Wirtschaft extrem schaden würden. "Wenn es dann sogar Zölle gebe, würde das eine Negativspirale auslösen, die Arbeitsplätze in Europa kosten. Das wollen wir verhindern." Der Bundeskanzler legte US-Präsident Trump dar, dass Auto-Zölle nicht nur Deutschland, sondern auch Österreich treffen würden. Nach Einschätzung von Sebastian Kurz wäre Trump nach wie vor für ein Handelsabkommen mit der EU offen, wolle aber durch seine Drohungen Druck aufbauen. Aber "Entscheidungen im Weißen Haus fallen sehr schnell."

US-Präsident für höhere Militärausgaben
Sebastian Kurz nannte neben den Handelsbeziehungen als zweites großes Thema die Militärausgaben, bei denen sich die USA gegenüber Europa benachteiligt sehe. Der US-Präsident ist der Ansicht, dass alle Länder die Ausgaben für das Militär erhöhen sollten. Der Bundeskanzler habe mit einem Verweis auf die österreichische Neutralität "sehr klar gemacht, dass wir zwar seine Haltungen respektieren, aber wir haben argumentiert, dass wir lieber in Ausbildung, in Forschung, Entwicklung und innere Sicherheit investieren." Österreich gebe zwar weniger für Verteidigung aus als andere Staaten, leiste aber, was den "Außeneinsatz" betreffe, "einen überdimensional großen Einsatz", verwies der Kanzler auf die Auslandseinsätze des Bundesheeres. Er hob zudem hervor, dass Österreich seine Budgetentscheidungen selbständig treffe.

Ein weiteres Gesprächsthema war auch das von den USA abgelehnte deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2. Österreich habe dazu eine sehr klare "Position", "weil wir Versorgungssicherheit brauchen". "Wir stehen zu diesem Projekt." Zudem müssten die Interessen der Ukraine berücksichtigt werden. Grundsätzlich sei man zwar offen für Lieferungen von US-Flüssiggas, aber der Preis dafür sei "derzeit kein wettbewerbsfähiger". "Insofern wird das Gas aus Österreich weiter hauptsächlich aus Russland kommen", so der Bundeskanzler.

Der Bundeskanzler sprach mit dem US-Präsidenten auch über den stockenden Dialog zwischen Belgrad und Pristina, bei dem sich Österreich ein größeres Engagement der USA wünschen würde. Im Kosovo hätten die USA nämlich "eine sehr starke Stellung, die sie positiv nutzen könnten". Österreich sehe den Dialog zwischen den Präsidenten Aleksandar Vucic (Serbien) und Hashim Thaçi (Kosovo) sehr positiv und würde auch den auch sehr heiklen Gebietsaustausch unterstützen. "Wenn sich beide Staaten auf etwas einigen, sollten wir Europäer nicht im Weg stehen und die Amerikaner genauso wenig", so der Bundeskanzler.

Kurz und Trump sprachen auch über Russland, den Nahost-Konflikt und Nordkorea. "Nicht angesprochen" wurde von Trump die Frage der Rücknahme von in Syrien festgehaltenen österreichischen IS-Kämpfern, so Kurz, der bekräftigte, dass Sicherheit vorgehe und es sich nur um "sehr, sehr wenige Fälle" handle.

Nach seinem Vieraugengespräch mit US-Präsident Trump wurden die Gespräche im Cabinet Room im Rahmen eines hochrangigen Delegationstreffen fortgesetzt, an dem unter anderem Vizepräsident Mike Pence, Trumps Stabschef Mick Mulvaney, Außenminister Mike Pompeo, Sicherheitsberater John Bolton und Wirtschaftsberater Larry Kudlow teilnahmen.

Im Anschluss an seine Arbeitsbesuch im Weißen Haus war ein privates Essen mit Ivanka Trump und Jared Kushner geplant, der sich intensiv mit möglichen Lösungen zur Nahostkrise beschäftigt. Dabei sollte detailliert über die österreichisch-amerikanischen Beziehungen gesprochen werden. Am Donnerstag stehen abschließend noch Treffen mit der Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, der interimistischen Präsidentin der Weltbank, Kristalina Georgieva sowie ein Besuch der Washington Post auf dem Programm.

Antisemitismus nicht nachgeben
Vor dem Termin im Weißen Haus traf der Kanzler David Harris, den Direktor des American Jewish Committee (AJC), und den Holocaust-Überlebenden Rabbi Arthur Schneier. Der gebürtige Wiener ist Gründer der "Appeal of Conscience Foundation", die sich weltweit für Religionsfreiheit und Menschenrechte einsetzt. "Wir dürfen in Österreich und Europa im Kampf gegen jegliche Form von Antisemitismus nicht nachgeben", bekräftigte Sebastian Kurz nach der Begegnung.

Auftakt mit US-Außenminister Pompeo – Nahost-Konflikt im Fokus
Bereits zum Auftakt der USA-Reise ist Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag mit US-Außenminister Mike Pompeo zu einem bilateralen Gespräch im State Department zusammengetroffen, bei dem unter anderem der Nahost-Konflikt erörtert wurde. "Die USA arbeiten derzeit an einer Lösung der Situation im Nahen Osten und werden wahrscheinlich noch in diesem Jahr einen Vorschlag präsentierten. Das ist ein positiver Schritt", begrüßte der Bundeskanzler diesen Ansatz nach dem Treffen.

Einen weiteren "interessanten Austausch" habe es auch zu außen- und geopolitischen Fragen gegeben, etwa über die Lage auf der koreanischen Halbinsel. Angesprochen wurden auch Themen, bei denen die EU und die USA unterschiedliche Ansichten vertreten. Es gebe "viele Sachfragen, die uns trennen". Vor allem bei der Klimapolitik, bei Handelsfragen und beim Einsatz gegen Protektionismus sei das der Fall. Daher sei es wichtig, das Gespräch mit den USA zu suchen.

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Für Österreich als exportorientiertes Land sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner. Im Jahr 2017 lagen die Exporte in die USA bei rund 9,7 Milliarden Euro – ein Anstieg seit 2016 um rund 10,7 Prozent. Auch die Importe aus den USA stiegen um rund 16,2 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro an. Das gesamte Volumen des Waren-/Güter-Außenhandels Österreichs mit den USA erreichte 2017 ein Rekordniveau von etwa 15,5 Milliarden Euro, was einen Überschuss der Warenhandelsbilanz in der Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro zum Vorjahr bedeutet.

 

 

 

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