Vorläufige Einigung über den Europäischen Verteidigungsfonds
Brüssel (ec) - Die EU-Institutionen haben am 20. Feber eine teilweise politische Einigung über
den Europäischen Verteidigungsfonds erzielt. Der Europäische Verteidigungsfonds soll mit 13 Mrd. Euro
ausgestattet sein und wurde von der Kommission im Juni 2018 im Rahmen der langfristigen Haushaltsplanung der EU
für den Zeitraum 2021-2027 vorgeschlagen. „Das ist ein entscheidender Schritt, der die europäische Zusammenarbeit
im Verteidigungsbereich Realität werden lässt. Der Europäische Verteidigungsfonds hilft den Mitgliedstaaten
dabei, Steuergelder effizienter zu investieren und die Verteidigungsindustrie stärker und innovativer zu machen“,
so Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen. „Zudem fördert er die Autonomie der EU und sichert ihre technologische
Führungsrolle im Verteidigungsbereich.“
Elzbieta Bienkowska, die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU verantwortliche Kommissarin, fügte
hinzu: „Diese Einigung ist ein weiterer wichtiger Garant dafür, dass Europa besser für die Sicherheit
der Bürgerinnen und Bürger sorgen kann. Mit dem Fonds werden die technologische Innovation und die Kooperation
im europäischen Verteidigungssektor vorangetrieben. Somit stehen Europa modernste interoperable Verteidigungstechnologien
und entsprechende Ausrüstungen in ganz neuen Bereichen wie künstliche Intelligenz, verschlüsselte
Software, Drohnentechnologie oder Satellitenkommunikation zur Verfügung.“
Die Einigung muss noch vom Europäischen Parlament und dem Rat förmlich gebilligt werden. Für die
Haushaltsaspekte und einige diesbezügliche horizontale Bestimmungen des geplanten Europäischen Verteidigungsfonds
ist die umfassende Einigung über den neuen langfristigen EU-Haushalt maßgeblich, den die Kommission
im Mai 2018 vorgeschlagen hat.
In einer Welt, die von zunehmender Instabilität und grenzübergreifenden Bedrohungen für unsere Sicherheit
geprägt ist, kann kein Land allein bestehen. Die Juncker-Kommission unternimmt daher beispiellose Anstrengungen
zum Schutz und zur Verteidigung der Europäer. Der Europäische Verteidigungsfonds wurde von der Kommission
im Juni 2018 im Rahmen der langfristigen Haushaltsplanung der EU für den Zeitraum 2021-2027 als eine der Initiativen
vorgeschlagen, mit denen die Fähigkeit der EU zum Schutz der eigenen Bürger verbessert werden soll.
Die über die nachstehenden Schlüsselelemente erzielte Einigung muss noch vom Europäischen Parlament
und dem Rat förmlich angenommen werden:
- Der Fonds wird während des gesamten Verlaufs der industriellen
Entwicklung – von der Forschungsphase über die Entwicklung von Prototypen bis hin zur Zertifizierung – Unterstützung
bieten.
- In diesem Rahmen werden gemeinsame Forschungsprojekte vorrangig
durch Finanzhilfen finanziert.
- Über die Forschungs- und Gestaltungphase hinaus, in
der eine Finanzierung bis zu 100 Prozent möglich ist, stehen Mittel aus dem EU-Haushalt zur Verfügung.
Damit werden Investitionen der Mitgliedstaaten durch die Kofinanzierung jener Kosten ergänzt, die für
die Prototypentwicklung (maximaler Förderanteil 20 Prozent) und die damit verbundenen Test-, Qualifizierungs-
und Zertifizierungsmaßnahmen (bis zu 80 Prozent) anfallen.
- Durch den Fonds werden über höhere Finanzierungssätze
Anreize für Projekte geschaffen, an denen über Landesgrenzen hinweg zahlreiche KMU und mittelgroße
Unternehmen in der Lieferkette des Verteidigungssektors beteiligt sind.
- Für förderfähige Projekte im Kontext der
Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) ist – allerdings nicht automatisch – ein zusätzlicher
Kofinanzierungsbonus von 10 Prozent vorgesehen.
- Die Projekte werden zwar im Einklang mit den Verteidigungsprioritäten
im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und insbesondere des Plans zur Fähigkeitenentwicklung
definiert, es können aber auch regionale und internationale Prioritäten, unter anderem im Kontext der
NATO, berücksichtigt werden.
- Im Normalfall sind ausschließlich Kooperationsprojekte
förderfähig, an denen mindestens drei förderfähige Einrichtungen aus wenigstens drei Mitgliedstaaten
oder assoziierten Ländern beteiligt sind.
- Zwischen 4 Prozent und 8 Prozent der Mittel werden für
disruptive, mit hohem Risiko behaftete Innovationen bereitgestellt, mit denen langfristig die technologische Führungsrolle
der EU und ihre Verteidigungsautonomie gestärkt werden.
- Grundsätzlich sind nur in der EU oder in assoziierten
Ländern ansässige Einrichtungen, die nicht unter der Kontrolle eines Drittlands stehen, bzw. die betreffende
juristische Person förderfähig. Tochtergesellschaften in der EU, deren Muttergesellschaft ihren Sitz
in einem Drittland hat, können in Ausnahmefällen förderfähig sein, sofern durch genau festgelegte
Bedingungen gewährleistet wird, dass kein Risiko für die Sicherheits- und Verteidigungsinteressen der
EU und der Mitgliedstaaten besteht. Außerhalb der EU ansässige Einrichtungen erhalten keine EU-Mittel,
können sich jedoch an Kooperationsprojekten beteiligen. Somit schließt die EU niemanden vom Europäischen
Verteidigungsfonds aus, sondern legt damit Finanzierungsvoraussetzungen fest, die mit den Bedingungen vergleichbar
sind, die in Drittlandsmärkten für Unternehmen aus der EU gelten.
Hintergrund
Präsident Juncker erklärte in seinen im Juni 2014 ausgegebenen politischen Leitlinien die Stärkung
der Sicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Priorität. In seiner Rede zur Lage
der Union 2016 kündigte er die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds an.
Seitdem setzt sich die Kommission unter der Federführung von Präsident Juncker und mit Unterstützung
der Mitgliedstaaten dafür ein, dass die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich im Rahmen des EU-Haushalts
Realität wird.
Die Kommission stellt die Weichen dafür bereits im laufenden EU-Haushaltszeitraum, der 2020 endet. Erstmals
in der Geschichte Europas schafft die EU Anreize für die europäische Verteidigungszusammenarbeit und
stellt dafür 590 Mio. Euro an Haushaltsmitteln zur Verfügung (90 Mio. Euro sind für die einschlägige
Forschung in den Jahren 2017-2019 vorgesehen, 500 Mio. Euro für die Entwicklung von Ausrüstung und Technologie
im Zeitraum 2019-2020).
- Die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungsforschung
nimmt bereits Gestalt an. Eine der ersten EU-Finanzhilfevereinbarungen im Rahmen des Haushalts für 2017 wurde
über das Forschungsprojekt Ocean2020 geschlossen. Die daran beteiligten 42 Partner aus 15 EU-Ländern
werden bei Missionen zur Meeresüberwachung unterstützt, für die Drohnen und unbemannte U-Boote in
Flottenoperationen eingebunden werden. In den kommenden Wochen wird die Kommission weitere, im Haushaltsplan 2018
vorgesehene Kooperationsprojekte im Bereich Verteidigungsforschung ankündigen und für 2019 neben dem
Arbeitsprogramm auch die endgültige Fassung der aus der noch verbleibenden Haushaltstranche finanzierten Aufforderung
zur Einreichung von Vorschlägen präsentieren.
- Die Kommission hat offiziell Beratungen mit den Mitgliedstaaten
über die Finanzierung gemeinsamer Industrieprojekte im Verteidigungsbereich aufgenommen. Sobald die Stellungnahmen
der Mitgliedstaaten vorliegen, wird die Kommission in einigen Wochen zum ersten Mal überhaupt ein Arbeitsprogramm
für das Europäische Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich (EDIDP) annehmen,
das die Kofinanzierung gemeinsamer Industrieprojekte im Verteidigungsbereich aus dem EU-Haushalt für die Jahre
2019 und 2020 vorsieht.
Auf der Grundlage dieser beiden Pilotprogramme und der Aufstockung der Anschubfinanzierung schlug die Kommission
im Juni 2018 vor, im Rahmen der nächsten langfristigen EU-Haushaltsplanung einen umfassenden Europäischen
Verteidigungsfonds für die Bereiche der einschlägigen Forschung und Fähigkeiten aufzulegen und mit
13 Mrd. Euro zu dotieren.
Der Europäische Verteidigungsfonds ergänzt andere von der Kommission vorgeschlagene EU-Programme, insbesondere
die für die Fazilität „Connecting Europe“ vorgesehenen Mittel von 6,5 Mrd. Euro, mit denen die strategischen
Verkehrsinfrastrukturen erweitert und für die militärische Mobilität tauglich gemacht werden sollen,
sowie das neue Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont Europa, für das 100 Mrd. Euro bereitgestellt werden.
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