Brüssel (ec) - Die EU-Visavorschriften werden modernisiert: legal Reisende sollen künftig einfacher
Visa für die Einreise nach Europa erhalten, etwa für Reise- und Geschäftstätigkeiten. Gleichzeitig
können künftig die Bedingungen für die Bearbeitung von Visumanträgen angepasst werden, je nachdem,
ob ein Drittstaat bei der Rückführung und Rückübernahme irregulärer Migranten ausreichend
kooperiert. Die Mitgliedstaaten haben am 20. Feber die vom Europäischen Parlament und vom Rat erzielte Einigung
über den entsprechenden Vorschlag der Kommission zur Modernisierung der gemeinsamen Visumpolitik der EU gebilligt.
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos begrüßte die Entscheidung: „Ich begrüße die
Einigung über dieses wichtige Dossier. Die neuen Visumvorschriften werden das Reisen für Millionen von
legal Reisenden, die jährlich die EU besuchen, zum Nutzen unserer Reise- und Tourismusbranche vereinfachen.
Gleichzeitig werden sie unsere Sicherheitsstandards verbessern und erhöhen, damit all jene ermittelt werden
können, von denen eine Bedrohung ausgeht oder die nicht zur Einreise in die EU berechtigt sind. Dank der neuen
Vorschriften werden wir außerdem die Einflussmöglichkeiten, die unsere Visumpolitik bietet, im Rahmen
der Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern nutzen können, wenn es um die Rückkehr, Rückführung
und Rückübernahme irregulärer Migranten geht.“
Die neuen Vorschriften sehen insbesondere Folgendes vor:
- Flexiblere Verfahren: Reisende werden ihre Anträge
bis zu sechs Monate – bzw. bis zu neun Monate, wenn es sich bei ihnen um Seeleute handelt – vor ihrer geplanten
Reise (bisher sind es drei Monate) und in den meisten Fällen direkt von ihrem Wohnsitzland aus stellen können.
Gegebenenfalls können sie ihre Anträge auch elektronisch ausfüllen und unterzeichnen. Minderjährige
zwischen 6 und 18 Jahren können von der Visumgebühr befreit werden.
- Mehrfachvisa mit längerer Gültigkeitsdauer: Dank
der Einführung verbindlicher gemeinsamer Vorschriften können Vielreisende mit positiver „Visum-Vorgeschichte“
Mehrfachvisa mit einer schrittweise ansteigenden Gültigkeitsdauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren erhalten,
wodurch sich für die Antragsteller und die Mitgliedstaaten Zeit- und Kostenersparnisse ergeben. In allen Fällen
wird sorgfältig und wiederholt überprüft, ob die Reisenden die Einreisevoraussetzungen erfüllen.
- Zusätzliche Ressourcen für mehr Sicherheit: Wegen
der in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen Bearbeitungskosten wird die Visumgebühr leicht erhöht
(von 60 Euro auf 80 Euro). Diese geringfügige Erhöhung wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen,
weltweit eine angemessene Zahl von Bediensteten in den Konsulaten beizubehalten, um verstärkte Sicherheitsüberprüfungen
sowie die Aktualisierung der IT-Ausstattung und -Software zu gewährleisten, ohne dass dadurch Hindernisse
für die Visumantragsteller geschaffen werden.
- Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Rückübernahme:
Je nachdem, ob ein Drittstaat bei der Rückführung und Rückübernahme irregulärer Migranten
ausreichend kooperiert, können die Bedingungen für die Bearbeitung von Visumanträgen angepasst werden.
Dies betrifft unter anderem die maximale Bearbeitungsdauer für Anträge, die Gültigkeitsdauer der
ausgestellten Visa, die Höhe der Visumgebühr und die Befreiung bestimmter Reisender von solchen Gebühren.
Die nächsten Schritte
Am 29. Januar erzielten das Europäische Parlament und der Rat eine vorläufige Einigung über den
Vorschlag der Kommission zur Modernisierung der EU-Visumpolitik. Diese Einigung wurde heute von den Mitgliedstaaten
bestätigt und muss nun auch vom Europäischen Parlament gebilligt werden. Anschließend müssen
das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung förmlich annehmen. Danach wird der angenommene Text
im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, die neuen Vorschriften werden sechs Monate später
in Kraft treten.
Parallel dazu laufen Verhandlungen über den Vorschlag der Kommission zur Modernisierung des Visa-Informationssystems
(der Datenbank mit Informationen über Personen, die Schengen-Visa beantragen). Diese Modernisierung ist ebenfalls
Teil der Reform der gemeinsamen EU-Visumpolitik und zielt darauf ab, die Außengrenzen der EU besser zu sichern.
Hintergrund
Die Tourismus- und Reisebranche spielt für die europäische Wirtschaft eine entscheidende Rolle: Sie macht
etwa 10 Prozent des BIP der EU aus. Die EU-Mitgliedstaaten zählen zu den weltweit beliebtesten Zielen für
Touristen. Allerdings können langwierige und umständliche Verfahren Reisende davon abhalten, nach Europa
zu reisen, sodass stattdessen in anderen Ländern investiert und Geld ausgegeben wird – mit nachteiligen Folgen
für die Wirtschaft in der EU. Gleichzeitig müssen die Vorteile des visumpflichtigen Reisens mit Maßnahmen
in Einklang gebracht werden, mit denen angemessen auf gegenwärtige und künftige sicherheits- und migrationspolitische
Herausforderungen reagiert werden kann.
Die gemeinsame Visumpolitik der EU erleichtert Reisen in die EU zu touristischen oder geschäftlichen Zwecken,
leistet einen Beitrag zu Wirtschaft und Wachstum in der EU und fördert direkte Kontakte zwischen den Menschen
und den kulturellen Austausch. Allein im Jahr 2017 wurden über 14 Millionen Schengen-Visa für Kurzaufenthalte
erteilt (hier finden Sie die aktuellen Angaben zu Schengen-Visa).
Die derzeitigen Visumvorschriften sind im Visakodex festgelegt und stammen aus dem Jahr 2010. Seitdem hat sich
das Umfeld für die Visumpolitik jedoch drastisch gewandelt. In den letzten Jahren war die EU mit zunehmenden
Sicherheitsrisiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Migration konfrontiert. Zudem erfordern neue Möglichkeiten
aufgrund technologischer Entwicklungen eine Aktualisierung der Visumpolitik, damit deren Zweckmäßigkeit
auch weiterhin gewährleistet ist. Daher schlug die Kommission im März 2018 die Modernisierung der gemeinsamen
Visumpolitik der EU und eine Änderung des Visakodexes vor.
Derzeit benötigen Staatsangehörige aus 105 Nicht-EU-Ländern und -Gebieten ein Visum für Reisen
in den Schengen-Raum (die vollständige Liste ist hier in englischer Sprache abrufbar). In der Regel ist der Inhaber eines von einem Schengen-Staat
ausgestellten Kurzaufenthaltsvisums berechtigt, bis zu 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen durch die 26 Schengen-Staaten
zu reisen.
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