Hohe Sozialversicherungsbeiträge für Bauern der Hauptknackpunkt
Linz (lk-ooe) - Mit der geplanten Steuerreform sollen von 2020 bis 2022 schrittweise auf 4,5 Milliarden
Euro ansteigende Entlastungen für die Bürger und die Wirtschaft umgesetzt werden. „Die Landwirtschaftskammer
fordert vor allem eine spürbare Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für klein- und mittelbäuerliche
Betriebe, die auch bei der geplanten Tarifreform für die Einkommenssteuer keine Entlastungen zu erwarten haben.
Zudem sind dringend weitere Entlastungen bei der Besteuerung von Betriebsmitteln sowie bei den Sozialversicherungsbeiträgen
für Saison-Fremdarbeitskräfte im Obst- und Gemüsebau erforderlich“, verlangt LK-Präsident Franz
Reisecker und ergänzt: „Aufgrund der in mehreren Sparten schwierigen Einkommenssituation, steigender Produktionsauflagen
und hoher SV-Beitragsbelastungen drohen vor allem kleinere bäuerliche Betriebe völlig aus der Produktion
gedrängt zu werden. Speziell in benachteiligten Gebieten und Grünlandregionen könnte das zur völligen
Aufgabe der Bewirtschaftung bisheriger Kulturlandschaftsflächen führen. Zudem drohen aufgrund der verzerrten
wirtschaftlichen Wettbewerbssituation ganze Sparten der Agrarproduktion – wie zB im Obst- und Gemüsebau –
wegzubrechen. Bei der anstehenden Steuerreform muss hier gezielt durch Entlastungen gegengesteuert werden.“
Mehrstufige Steuer- und Abgabenentlastung
In einem ersten Schritt sollen im Zuge der geplanten Steuerreform im kommenden Jahr vor allem Niedrigverdiener,
die keine Einkommenssteuer zahlen, durch eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge im Volumen von ca. 700
Millionen Euro entlastet werden. Daneben sind eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale sowie eine Anhebung
der Kleinunternehmergrenze im Umsatzsteuerrecht in Diskussion. In einer zweiten Stufe soll 2021 durch eine Senkung
des Einkommensteuertarifes in den unteren Stufen der Kernpunkt der Reform umgesetzt werden. 2022 sollen dann Maßnahmen
zur Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes zur Sicherung und zum Ausbau von Arbeitsplätzen folgen.
Hauptknackpunkt Sozialversicherungsbeiträge
Viele kleinere bäuerliche Betriebe können die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr aus den Einkünften
der Land- und Forstwirtschaft erwirtschaften. Aufgrund einer hohen Mindestbeitragsgrundlage bei der pauschalen
Beitragsberechnung und einer noch höheren Mindestbeitragsgrundlage sowie einem dreiprozentigen Aufschlag bei
der SV-Beitragsgrundlagenoption sind hier vor allem Kleinbetriebe mit einer untragbaren Kostenbelastung konfrontiert.
Die Bäuerinnen und Bauern fordern daher eine Angleichung der Mindestbeitragsgrundlage mit der gewerblichen
Sozialversicherung. „Nur so können unsere klein- und mittelbäuerliche Strukturen gerade im Berg- und
Grünlandgebiet auch mittel- und längerfristig in der Produktion gehalten werden“, appelliert Kammerpräsident
Reisecker.
Dramatische Wettbewerbsverzerrung im Obst- und Gemüsebau
Die heimischen Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Lebensmitteleinzelhandel setzen immer stärker auf
heimisches Obst und Gemüse. Nicht überall können hier die bestehende Nachfrage nach heimischen Produkten
gedeckt bzw. die erforderlichen Preise zur Deckung der höheren Produktionskosten in Österreich bezahlt
werden.
Die Landwirtschaftskammer fordert daher mit Deutschland vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für den Einsatz
ausländischer Saisonarbeitskräfte. Vor allem im Obst- und Gemüsebau aber auch im arbeitsintensiveren
Biolandbau werden zur Bewältigung von Arbeitsspitzen Fremdarbeitskräfte dringend benötigt.
„Es braucht vor allem eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen für ausländische Saisonarbeitskräfte
nach dem Modell der 70-Tage-Reglung in Deutschland. Ansonsten ist die Versorgung mit heimischem Obst und Gemüse
mittelfristig massiv in Gefahr“, warnt Präsident Reisecker.
Agrar- und Lebensmittelproduktionsstandort stärken
Österreich verfügt über eine auf dem Heimmarkt und insbesondere auch im Export sehr erfolgreiche
Lebensmittelverarbeitung bzw. Lebensmittelindustrie. Diese sieht sich am EU-Binnenmarkt aber einer immer schärferen
wirtschaftlichen Konkurrenz ausgesetzt. Wesentliche Grundlage für diesen Wirtschaftszweig ist die heimische
Landwirtschaft, die diesen mit Agrarprodukten bzw. Rohstoffen versorgt. „Es braucht daher in einem weiteren Schritt
der Steuerreform ab 2022 auch dringend steuerliche Entlastungen für die heimischen bäuerlichen Betriebe
im Betriebsmittelbereich um die Rohstoffversorgung der Lebensmittelwirtschaft auch mittel- und längerfristig
sicherstellen zu können. Wenn es bei einem weiteren Schritt der Steuerreform 2022 um die Attraktivierung des
Wirtschaftsstandortes geht muss auch die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft wesentlicher Teil der steuerlichen Entlastung
sein“, fordert Präsident Reisecker unmissverständlich von der Bundesregierung.
|