Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Februar 2019
Wien (oenb) - Österreichs Wirtschaft sieht sich zusehends mit globalen Konjunkturrisiken konfrontiert
und verliert deshalb an Schwung. Aufgrund der robusten Inlandskonjunktur wird die Wachstumsabschwächung in
Österreich aber weniger stark ausfallen als im Euroraum. Ein Konjunktureinbruch zeichnet sich für Österreich
nicht ab. Für das erste Quartal 2019 prognostiziert die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) im Rahmen ihrer
vierteljährlichen Kurzfristprognose eine leichte Wachstumsverlangsamung des realen BIP auf 0,3 % (gegenüber
dem Vorquartal). Gegenüber der letzten Prognose mussten die Wachstumserwartungen aufgrund des schwierigen
außenwirtschaftlichen Umfelds um 0,2 Prozentpunkte zurückgenommen werden. Für das zweite Quartal
2019 wird mit dem Wirksamwerden des Familienbonus Plus und dem Auslaufen der als temporär eingeschätzten
Probleme der europäischen Automobilindustrie mit einer leichten Wachstumsbeschleunigung auf 0,4% gerechnet.
Das außenwirtschaftliche Umfeld ist seit geraumer Zeit durch eine Reihe von Abwärtsrisiken gekennzeichnet.
Rund fünf Wochen vor dem anvisierten EU-Austritt Großbritanniens am 29. März 2019 ist immer noch
unklar, wie der Austritt genau erfolgen wird. Von einer Annahme des mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrags
durch das britische Parlament über eine Verschiebung des Austritts bis zu einem ungeordneten Brexit kann derzeit
kein Szenario ausgeschlossen werden. Auch Unsicherheiten im Zusammenhang mit den globalen Handelskonflikten und
der wirtschaftspolitischen Ausrichtung in wichtigen EU-Staaten wie Italien und Frankreich belasten die europäischen
Wachstumsaussichten. Schwierigkeiten der europäischen Automobilindustrie bei der Erfüllung der neuen
Abgasnormen führten zum Jahresende 2018 zu einer zusätzlichen – als temporär eingeschätzten
– Abschwächung der Konjunkturdynamik im Euroraum. Zuletzt wurden auch die Wachstumsprognosen für Österreichs
wichtigsten Handelspartner Deutschland deutlich nach unten revidiert.
Österreichs Wirtschaft kann sich dieser Dynamik nicht gänzlich entziehen, zeigt sich aber dank einer
kräftigen Inlandskonjunktur vergleichsweise robust. Im vierten Quartal entsprach das Wirtschaftswachstum mit
0,4% (gegenüber dem Vorquartal) zwar nur mehr dem langjährigen Durchschnitt, war damit aber doppelt so
stark wie im Euroraum (0,2%).
Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung ist insbesondere im exportorientierten Industriesektor zu spüren
und spiegelt sich in einer uneinheitlichen Entwicklung der Vorlaufindikatoren wider. Die Mehrzahl der Indikatoren
ist zwar nach unten gerichtet, das zum Teil aber noch immer hohe Niveau lässt jedoch keinen unmittelbar bevorstehenden
Einbruch der Export- und Industriekonjunktur erwarten. Stabilisierend wirkt der Dienstleistungssektor, der zuletzt
deutlich stärker als die Industrieproduktion gewachsen ist. Dazu trägt nicht zuletzt der Tourismus bei,
der im Vorjahr erneut einen neuen Nächtigungsrekord erzielte und einen erfolgreichen Start in die aktuelle
Wintersaison vorweisen kann.
Die Inlandsnachfrage ist weiterhin eine zentrale Stütze der Konjunktur und hilft außenwirtschaftliche
Schocks abzufedern. Zwar verlieren die stark von der Industrie- und Exportkonjunktur bestimmten Ausrüstungsinvestitionen
an Dynamik, aber die Wohnbauinvestitionen werden sich auch in den kommenden Monaten stabil entwickeln. Sie werden
kaum von globalen Konjunkturtrends bestimmt und profitieren von einer starken Nachfrage, steigenden Immobilienpreisen
und anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen. Auch vom privaten Konsum werden im ersten Halbjahr kräftige
Konjunkturimpulse ausgehen. Das Beschäftigungswachstum war zu Jahresbeginn mit knapp 2% weiterhin sehr kräftig
und die hohe Zahl an gemeldeten offenen Stellen signalisiert eine Fortsetzung dieses Trends. Darüber hinaus
stützen die im Vergleich zum Vorjahr höheren Lohnabschlüsse für das Jahr 2019 das Konsumwachstum
ebenso wie der Rückgang der Inflation auf zuletzt 1,7%.
Vor diesem Hintergrund erwartet die OeNB trotz des schwierigen Umfelds nur eine geringfügige Abschwächung
des Wachstumstempos von 0,4% im vierten Quartal 2018 auf 0,3% im ersten Quartal 2019. Zur Jahresmitte wird der
mit Jänner 2019 in Kraft getretene Familienbonus Plus seine Wirksamkeit entfalten und auch die Probleme in
der Automobilbranche aufgrund der neuen Abgastests sollten dann weitgehend gelöst sein. Für das zweite
Quartal wird daher mit einer leichten Wachstumsbeschleunigung auf 0,4% gerechnet.
Gegenüber der letzten Prognose mussten die Wachstumserwartungen für das erste Quartal um 0,2 zurückgenommen
werden. In Verbindung mit den schwächeren Vorlaufindikatoren ist davon auszugehen, dass die Konjunkturprognose
für das Gesamtjahr 2019 nach unten revidiert werden wird. Der weitere Konjunkturverlauf ist jedenfalls mit
großen externen Unsicherheiten behaftet und die Risiken der vorliegenden Kurzfristprognose sind eindeutig
nach unten gerichtet.
|