ForscherInnen suchen nach den Mechanismen der durch Darmpeptide induzierten gastrointestinalen
Wundheilung
Wien (universität) - Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder das Reizdarmsyndrom
sind in der Regel auf eine gestörte Darmbarriere zurückzuführen: Die Barriere ist durchlässiger
und externe Eindringlinge wie etwa Bakterien gelangen ins Körperinnere. Die Kleeblattpeptide spielen eine
Schlüsselrolle bei Schutz und Wundheilung des Darms. Ihr therapeutisches Potenzial ist vielversprechend, schreiben
ForscherInnen um Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie der Universität Wien in einem Fachbeitrag
der Peer-Review-Zeitschrift "Trends in Biochemical Sciences".
Peptide sind wichtige Signalmoleküle in der Biologie, die viele physiologische Funktionen regulieren und an
vielen Krankheiten beteiligt sind. Die Kleeblattpeptid-Familie besteht aus kleinen Peptiden, die alle eine charakteristische
kleeblattähnliche Faltstruktur aufweisen, die sie von anderen Peptiden unterscheidet. Mehrere Studien haben
bereits Hinweise geliefert, dass die drei bekannten Trefoil-Faktor-Peptide (TFF-Peptide: TFF1, TFF2, TFF3) insbesondere
bei der Regulation und dem Schutz der Darmschleimhaut, der gastrointestinalen Mukosa, eine Schlüsselrolle
spielen.
Molekularer Mechanismus noch ungeklärt
"Der molekulare Mechanismus, der zur Wundheilung führt, ist allerdings noch ungeklärt",
sagt Markus Muttenthaler, der Arbeitsgruppen am Institut für Biologische Chemie der Universität Wien
sowie an der University of Queensland in Brisbane leitet. In seinem 2017 gestarteten ERC Starting Grant-Projekt
versucht der Medizinchemiker, den Wundheilungsmechanismus aufzuklären und TFF-Peptide als Grundlage für
neue Behandlungsstrategien bei chronischen Darmerkrankungen zu synthetisieren.
Das therapeutische Potenzial von TFF hat sich bereits in ersten klinischen Studien im Zusammenhang mit Entzündungen
der Mundschleimhaut gezeigt, die bei Krebspatienten in Folge einer Chemotherapie auftreten können. Unklar
ist hingegen, wie TFF-Peptide zum Beispiel an Darmrezeptoren binden und gegen Darmkrankheiten effizient eingesetzt
werden können.
Nachbildung von TFF-Peptiden
Muttenthaler und sein Team entwickeln derzeit verschiedene TFF-Proben, die mit den noch unbekannten Rezeptoren
kovalente Verbindungen eingehen können. Dies soll neue Einsichten in Funktionsweise dieser interessanten Peptidfamilie
gewähren und auch neue therapeutische Ansätze für gastrointestinale Krankheiten liefern. "Die
TFF-Peptide stellen eine innovative Möglichkeit für ein neuartiges Medikamentendesign dar. Ein besseres
Verständnis dieser Peptidfamilie wird es ermöglichen, therapeutische Ansätze zur Behandlung von
Magen-Darm-Erkrankungen zu entwickeln", erklärt Muttenthaler.
Auf dem Weg zu Peptid-Medikamenten
Peptide sind im Allgemeinen sehr potent und selektiv und verursachen kaum Nebenwirkungen. "Wir haben derzeit
ungefähr 70 Peptid-Therapeutika auf dem Markt, die 3 Prozent des pharmazeutischen Gesamtmarktes ausmachen.
Es gibt hier viel Potenzial, diesen Anteil zu erhöhen", so der Chemiker. Eine Ursache für den noch
relativ geringen Marktanteil sei, dass die Peptide nicht oral verabreicht werden können, da sie im Darm zu
schnell verdaut werden. Die Mehrheit der bisher verfügbaren Peptidtherapeutika wird daher injiziert, PatientInnen
bevorzugen hingegen Tabletten.
"Weltweit sind Forschungsgruppen um die Lösung des Peptide-Drug-Delivery-Problems bemüht",
so Muttenthaler: "Wenn diese Hürde genommen wird, glauben wir, dass Peptid-Medikamente das Medikament
der Wahl für viele Krankheiten sein wird, da sie generell weniger Nebenwirkungen haben."
Publikation in Trends in Biochemical Sciences
Nayara Braga Emidio, Werner Hoffmann, Stuart M. Brierley, Markus Muttenthaler:
"Trefoil factor family: unresolved questions and clinical perspectives"
DOI: 18-00273R1
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