Österreichisches Parlament zeigt Wanderausstellung "Holocaust: Vernichtung, Befreiung,
Rettung"
Wien (pk) - Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eröffnete am 1. März gemeinsam mit
dem Botschafter der Russischen Föderation, Dmitrij Ljubinskij, die Wanderausstellung "Holocaust: Vernichtung,
Befreiung, Rettung". Die Ausstellung, die vom Russischen Bildungs- und Forschungszentrum "Holocaust"
in Moskau gemeinsam mit dem Russischen Jüdischen Kongress konzipiert wurde, macht bis 10. April im Kleinen
Redoutensaal in der Hofburg Station.
In seiner Eröffnungsrede erinnerte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka an die besondere Verantwortung
des österreichischen Parlaments im Umgang mit der eigenen Geschichte und mit dem Gedenken an die Verbrechen
des Nationalsozialismus. Die aktuelle Ausstellung des Bildungs- und Forschungszentrums "Holocaust" erinnere
zudem an die Verpflichtung, die sich für die österreichische Politik angesichts des Aufkeimens eines
neuen Antisemitismus ergebe. Eine Besonderheit dieser Wanderausstellung liege darin, dass sie den Beitrag der Roten
Armee zu Befreiung der Ghettos und Konzentrationslager in Osteuropa herausstreiche. Nicht vergessen werden dürfe
auch der hohe Blutzoll, den die sowjetische Bevölkerung im Kampf gegen den Nationalsozialismus zu zahlen hatte.
Die Ausstellung sei damit ein wertvoller Beitrag zu einem differenzierten Geschichtsverständnis und zur Annäherung
an die historische Wahrheit.
Bildung und Erziehung hätten sich als wirksames Gegenmittel zu Rassismus und Antisemitismus erwiesen, betonte
Sobotka. Das unterstreiche auch die aktuelle Studie des IFES-Instituts zum Antisemitismus in Österreich sehr
deutlich. Der Nationalratspräsident dankte in diesem Zusammenhang Ilya Altman vom Bildungs- und Forschungszentrum
"Holocaust" für dessen wertvolle Arbeit. Er hob auch jene Einrichtungen in Österreich hervor,
die sich der Erinnerungsarbeit widmen, insbesondere das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands,
die Gedenkstätte Mauthausen, den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus
sowie den Österreichischen Auslandsdienst und Gedenkdienst.
Botschafter Dmitrij Ljubinskij unterstrich die Notwendigkeit, einem schleichenden Revisionismus des Geschichtsbildes
in Bezug auf die Verbrechen des Nationalsozialismus entgegenzutreten. Er unterstrich, dass Österreich sehr
sorgsam mit den Denkmälern der Roten Armee umgehe. Diese achtsame Haltung gegenüber diesem Teil der Geschichte
werte er als positives Zeichen.
Auschwitz-Überlebende Kinsky appelliert an Jugend, niemals gleichgültig zu bleiben
Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus,
moderierte die Veranstaltung und führte ein kurzes Gespräch mit der Zeitzeugin Helga Kinsky. Die in Wien
geborene Überlebende mehrerer Konzentrationslager erinnerte sich an die Befreiung durch sowjetische Truppen,
die sie am 8. Mai 1945 im Konzentrationslager Theresienstadt erlebte. ÄrztInnen und PflegerInnen der Roten
Armee halfen bei der Eindämmung der in Theresienstadt grassierenden Flecktyphus-Epidemie, sodass die Überlebenden
das unter Quarantäne gestellte Lager Ende Mai verlassen konnten. Wenn sie als Zeitzeugin mit jungen Menschen
spreche, so versuche sie, ihnen zu vermitteln, dass ihnen die Zukunft gehöre. Bei ihnen liege die Verantwortung
für ihre Gestaltung, weshalb sie keinesfalls gleichgültig bleiben dürften, wenn sich Intoleranz,
Inhumanität und antidemokratische Gesinnung manifestieren.
In Vertretung des erkrankten Vorsitzenden des Österreichischen Auslandsdienstes, Andreas Maislinger, sprach
Felix Hafner über die Bedeutung des Gedenkdienstes bei der Weitergabe der historischen Erinnerung. Seit 2011
gehört das Moskauer Bildungs- und Forschungszentrum "Holocaust" zu den Einrichtungen, an denen junge
Österreicher ihren Gedenkdienst leisten können. Die Gedenkdiener seien wichtige Multiplikatoren für
die Etablierung einer internationalen, länderübergreifenden Gedenkkultur.
Ausstellung mit teilweise unbekannten Dokumenten zum Holocaust
Eine kurze Einführung in die Ausstellung gab Ilya Altmnan, Co-Vorsitzender des Russischen Bildungs- und Forschungszentrums
"Holocaust". Die Wanderausstellung wurde vom Forschungszentrum gemeinsam mit dem Russischen Jüdischen
Kongress konzipiert und präsentiert teilweise wenig bekannte Fakten und Dokumente über die Vernichtung
und Rettung von Juden und Jüdinnen auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation.
Im Sommer 1941 begannen die Nationalsozialisten in den besetzten Gebieten der Sowjetunion mit der Ermordung der
jüdischen Bevölkerung. Die Anzahl der jüdischen Opfer in diesem Gebiet beträgt rund 2,7 Millionen
Menschen. Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist der Befreiung von Überlebenden durch die Rote Armee gewidmet,
wobei die Rettung der Überlebenden des Todeslagers Auschwitz-Birkenau einen besonderen Platz einnimmt. Neben
den Soldaten der Roten Armee, welche die Ghettos und Konzentrationslager befreiten, sei es ein Anliegen der Ausstellung,
die Arbeit jener JournalistInnen hervorzuheben, die auf die Lage der Überlebenden hinwiesen und so Hilfe für
sie organisierten, sagte Altman. Gewürdigt werde auch der Einsatz der sowjetischen ÄrztInnen, die für
die Gesundheitsversorgung der befreiten Gefangenen sorgten und so ihr weiteres Überleben sicherten.
|