Dringliche Anfrage im Nationalrat - NEOS fordern umfassende Steuerreform
Wien (pk) - Die NEOS drängen auf eine umfassende Steuerreform mit einer spürbaren Entlastung und
werfen der Regierung in diesem Zusammenhang "Showpolitik" und "gebrochene Wahlversprechen"
vor. Sie gehen davon aus, dass die Regierung lediglich eine "Marketing-Steuerreform" plant. 49 Detailfragen
dazu enthielt die Dringliche Anfrage, die Beate Meinl-Reisinger seitens ihrer Fraktion im Plenum des Nationalrats
am 27. Feber an Finanzminister Hartwig Löger richtete.
Bundeskanzler Sebastian Kurz habe im Wahlkampf Einsparungen von 14 Mrd. € und Vizekanzler Heinz-Christian Strache
von 12 Mrd. € jährlich versprochen, so die NEOS-Klubobfrau in der Begründung der Anfrage. Um bei der
Abgabenquote die psychologische Grenze von 40% mittelfristig unterschreiten zu können, bräuchte es eine
jährliche Abgabenentlastung von mindestens 10 Mrd. €, also insgesamt einen Betrag von 30 Mrd. € in den Jahren
2020 bis 2022, zumal die Abgabenquote 2018 noch bei 42,4% lag, rechnete Meinl-Reisinger vor. Die Pläne der
Regierung würden sich im Gegensatz dazu für diese Periode aber auf lediglich 4,5 Mrd. € belaufen. Allein
das Hinausschieben der Abschaffung der Kalten Progression führe in diesem Vergleichszeitraum zu einer Belastung
von 1,5 Mrd. €, womit eine Netto-Entlastung von lediglich 3 Mr. € übrig bliebe.
Finanzminister Hartwig Löger wies auf bereits erfolgte Entlastungen hin und versicherte, dass das versprochene
Volumen von 14. Mrd. € Ende der Legislaturperiode eingehalten werde. Zudem bekräftigte er den Konsolidierungskurs
im Budget und kündigte für 2019 erstmals seit Jahrzehnten wieder einen Budgetüberschuss an.
Meinl-Reisinger fordert umfassende Strukturreformen, eine spürbare Entlastung und eine Schuldenbremse in
der Verfassung
Für eine spürbare Entlastung wären laut NEOS echte Strukturreformen notwendig. Potential orten sie
etwa in den Bereichen Verwaltung und Föderalismus in der Höhe von 8 Mrd. €, bei den Krankenhäusern
und der Verwaltung in der Sozialversicherung von 3 Mrd. € und bei den Förderungen von 6 Mrd. €. Das größte
Reformpotential sehen sie aber bei der Altersvorsorge. Würde das tatsächliche Pensionsantrittsalter durch
beschäftigungswirksame Maßnahmen auf schwedisches Niveau angehoben, so könnte die Pensionslücke
im Bundeshaushalt von 18,6 Mrd. € geschlossen werden.
Eine solche Trendwende fehlt den NEOS jedoch, sie vermissen den nötigen Reformeifer, denn die einnahmenseitige
Budgetsanierung stehe weiterhin im Vordergrund. Während Finanzminister Schelling 2017 tatsächlich auf
der Ausgabenbremse gestanden sei, seien die Bundesausgaben 2018 wieder stark um 2,6% angestiegen, so die Kritik.
In allen Steuerklassen habe es in den vergangenen Jahren massive Steigerungen gegeben, der Finanzminister habe
an der guten Konjunkturlage hervorragend verdient, das niedrige Zinsniveau habe eine günstige Refinanzierung
ermöglicht. Trotz der günstigen Rahmenbedingungen – sprudelnde Einnahmen und keine unvorhergesehenen
Ereignisse und Krisen - sei der Nettofinanzierungsbedarf bei 1,1 Mrd. € gelegen.
"Österreich hat ein Ausgabenproblem", folgerte Meinl-Reisinger, man brauche dringend eine Schuldenbremse.
Sie forderte ein einfacheres Steuerrecht, eine Entlastung vor allem des Mittelstands zum jetzigen Zeitpunkt und
Strukturreformen. In diesem Zusammenhang sprach sie von einer "Verpflichtung". Angesichts der schlechteren
Konjunkturerwartungen und der weiteren kalten Enteignung durch die niedrigen Zinsen, vorgegeben von der EZB, sei
es notwendig, alles zu tun, damit sich die Menschen von ihrem Einkommen Wohlstand erarbeiten können, mahnte
sie.
Konkret trat die NEOS-Klubobfrau für eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer, eine radikale Entlastung
des Faktors Arbeit und die Abschaffung der Kalten Progression sowie eine Ökologisierung des Steuersystems
ein – auch im Sinne einer Generationenfairness, wie sie sagte. Junge Leute brauchen Chancen, sie müssen privat
vorsorgen können, so Meinl-Reisinger, die sich in diesem Zusammenhang auch für eine Stärkung des
Kapitalmarkts aussprach.
Löger unterstreicht Budgetkurs: Steuerentlastung und Budgetkonsolidierung
Den Vorwurf der "Showpolitik" wies Löger entschieden zurück und erinnerte daran, dass bereits
950.000 Menschen durch den Familienbonus sowie GeringverdienerInnen durch die Senkung der Arbeitslosenbeiträge
entlastet worden seien. Auch die Tourismusbranche habe im Bereich der Umsatzsteuer eine Entlastung verspürt,
sagte er. Die nächsten Schritte seien in Vorbereitung. Mit den bereits beschlossenen und noch zu beschließenden
Maßnahmen werde das Wahlversprechen eingehalten. Die bereits erfolgte Entlastung von 1,5 Mrd. € werde durch
eine zusätzliches Ausmaß von rund 4,5 Mrd. € jährlich ergänzt, das dann kumuliert bis zum
Ende der Legislaturperiode rund 14 Mrd. € ausmache. "Das ist das Faktum", so Löger.
Das Programm "Entlastung Österreich" sehe eine umfassende und nachhaltige Entlastung in drei Stufen
bis 2022 vor. 2020 werde es zu einer weiteren Entlastung von GeringverdienerInnen, zu einer Ökologisierung
des Steuersystems und Entbürokratisierung kommen. 2021/22 sei eine Entlastung der Lohn– und Einkommensteuer
über die Steuertarife, eine Attraktivierung des Wirtschaftsstandorts und eine Vereinfachung des Steuerrechts
geplant. Dabei seien durch eine solide Finanzpolitik auch der strikte Budgetvollzug, Überschüsse und
die Entschuldung Österreichs gesichert. 2019 werde Österreich erstmals mit einem Überschuss abschließen
und damit einen Schlussstrich unter die Schuldenpolitik ziehen, sagte Löger, womit auch eine Grundlage für
einen fairen Generationenvertrag gelegt werde. Der Pfad zur Redaktion der Abgabenquote weise eine Tendenz auf,
wonach diese von 42,4% auf 40,9% gesenkt werde, tatsächlich werde dieser Wert deutlich unterschritten, zeigte
er sich überzeugt.
Auch wenn sich die Konjunktur abschwächen sollte, hätte dies keinerlei Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit
der Steuerreform, beziehungsweise auf die Kalte Progression, stellte der Finanzminister fest. Österreich habe
durch eine vorsichtige Budgetpolitik das mittelfristige Budgetziel erreicht und dadurch gebe es einen großen
Sicherheitsabstand zur Maastricht-Defizit-Marke von 3%. Die aktuelle Planung sei auch dann nicht gefährdet,
wenn das BIP im Jahr 2019 um 2 Prozentpunkte niedriger wäre als 2018. Der Budgetvollzug 2018 bestätige
eindeutig den Kurs zur Konsolidierung.
Was die Schuldenbremse im Verfassungsrang betrifft, so sei diese im Regierungsprogramm verankert. Die EU-Kommission
habe im Jahr 2017 einen Vorschlag vorgelegt, den Fiskalpakt in eine EU-Richtlinie zu transformieren, und das würde
einen umfassenden Reformbedarf bedeuten. Deshalb wolle man den Ausgang der Diskussion auf EU-Ebene abwarten.
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