Europaweit mehrere tausend Opfer um 100 Millionen Euro pro Jahr geschädigt. Ein Haupttäter
festgenommen – Innenminister Kickl gratulierte Ermittlern
Wien (bundeskriminalamt) - Seit September 2017 ermitteln Experten des Büros Finanzermittlungen des
Bundeskriminalamtes (BK) gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niederösterreich unter der Leitung der Staatsanwaltschaft
Feldkirch gegen eine internationale Tätergruppierung. Ihr wird vorgeworfen durch Online-Trading-Plattformen
für binäre Optionen, Forex, Kryptowährungen und ähnlichen Finanzprodukte europaweit mehrere
tausend Personen um etwa 100 Millionen Euro pro Jahr geschädigt zu haben. Nun wurde einer der Hauptverdächtigen
festgenommen.
Innenminister Herbert Kickl gratulierte am Montag, 25. Februar 2019, im Bundeskriminalamt sowohl den österreichischen
Ermittlern als auch ihren Kollegen aus Bulgarien, Deutschland und der Tschechischen Republik: „Diese erfolgreiche
Aktion ist ein wichtiger Schlag gegen die Cyber-Kriminalität, wo Täter Zugang zu modernsten Mitteln der
Digitaltechnik haben. Umso höher ist die Leistung der Ermittler einzustufen, die in penibler Kleinstarbeit
und dank internationalem Informationsaustausch konzernähnliche kriminelle Strukturen sichtbar gemacht und
zerschlagen haben“.
Das kriminelle Netzwerk
Angeworben wurden die Opfer hauptsächlich über soziale Netzwerke, Anrufe aus eigens geschaffenen Call-Centern
oder Massenmails. Suggeriert wurde, dass bei den Transaktionen kaum Risiko bestehe und ab gewissen Summen inkludierte
Versicherungen gegen Kapitalverlust in Kraft treten würden. Nachdem der Kunde die ersten Einzahlungen getätigt
hat, wuchs das virtuelle Depot auf der Plattform durch mehrere gewonnene Transaktionen, zu Englisch Trades, rasant
an. Die Call-Center-Mitarbeiter wurden anhand vorgegebener Checklisten angewiesen, den Kunden eine gewünschte
Auszahlung der Rendite auszureden, beziehungsweise nach inszeniertem Totalverlust, diese zu neuerlichen Einzahlungen
zu verleiten, um den erlittenen Verlust wieder auszugleichen. Verschwiegen wurde, dass sich zu diesem Zeitpunkt
das einbezahlte Geld bereits in einem, aus Tarn- und Scheinfirmen bestehenden, aufwändig konstruierten Geldwäschereinetzwerk
befand. Guthaben wurden nicht ausbezahlt, sondern als Verlust ohne Legitimierung des Accountinhabers durchgeführt.
Dies führte unweigerlich zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Hinweise auf Rücklagen für
mögliche Gewinnauszahlungen konnten im gesamten Ermittlungsverfahren keine gefunden werden.
Die von der Tätergruppierung beherrschten Plattformen wurden mit einer Software betrieben, die nicht nur die
komplette Kundenverwaltung ermöglichte, sondern auch die Kurse der einzelnen Trades im Sinne der Tätergruppierung
beeinflusste. Diese Softwarelösungen wurden ebenfalls durch Firmen im Besitz der Tätergruppierung entwickelt
und an Interessenten für kriminelle Machenschaften verkauft.
Die Tätergruppierungen haben mit unzähligen Tarn- und Scheinfirmen eine konzernähnliche Struktur
geschaffen, in der Aufgaben wie Marketing, Call-Center-Betrieb, Softwareentwicklung und Geldwäscherei unabhängig
voneinander unter einer Führung arbeitsteilig erledigt wurden.
Ermittlungen
Nachdem das Landeskriminalamt Niederösterreich die Spur zu der Tätergruppe aufgenommen hatte, kam es
nach einem Abgleich mit dem Büro Finanzermittlungen des Bundeskriminalamts zu einer intensiven Zusammenarbeit
mit dem deutschen Landespolizeipräsidium Saarland, die zur Gründung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe,
eines „Joint Investigation Teams“ (JIT), durch die zuständigen Staatsanwaltschaften Feldkirch und Saarbrücken
führte. Dieses JIT wurde durch die nationalen Vertreter bei Eurojust und Europol unterstützt.
Ferner leisteten die österreichischen Verbindungsbeamten in Bulgarien und der Tschechischen Republik einen
wesentlichen Beitrag zu den Ermittlungen. So wurden die Kontakte zu den Ermittlungsbehörden in Bulgarien und
der Kriminalpolizei in Prag hergestellt. Dadurch konnten wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden, da die Tatverdächtigen
in diesen Ländern wesentliche Teile ihrer Infrastruktur wie Call Center, Softwareentwicklung und Firmenkonten
angesiedelt hatten.
Nach intensiven Ermittlungen und internationalem Informationsaustausch wurde in Abstimmung mit Deutschland ein
erstes Einschreiten geplant. Diesem Teil der Gruppierung wird der Betrieb der Trading Plattformen XTraderFX, Optionstars,
OptionstarsGlobal, Goldenmarkets, SafeMarkets, Cryptopoint und einiger weiterer zugerechnet. Nach den vorliegenden
Erkenntnissen wurde über diese Plattformen ein Umsatz von zumindest 66 Millionen erwirtschaftet, wobei etwa
elf Millionen auf Einzahlungen aus Deutschland und Österreich entfallen. Es wird jedoch davon ausgegangen,
dass sich diese Summen nach genauer Auswertung der sichergestellten Daten noch um ein Vielfaches erhöhen.
Es wurden von den Staatsanwaltschaften nationale und europäische Anordnungen für Hausdurchsuchungen,
Sicherstellungen und eine Festnahme erlassen.
Erfolge
Die europäischen Ermittlungsanordnungen wurden von 28. Jänner 2019 bis 1. Februar 2019 in Sofia durch
die bulgarischen Behörden mit Unterstützung der Ermittler und IT-Forensiker des Bundeskriminalamtes und
der deutschen Behörden vollzogen. Dabei wurden einige Terabyte Daten, Geschäftsunterlagen und ein sechsstelliger
Geldbetrag sichergestellt. Es wurden Räumlichkeiten von insgesamt 21 Firmen sowie vier Privatadressen von
Verdächtigen durchsucht. Außerdem wurden insgesamt 14 Konten sichergestellt und ein Hauptverdächtiger
festgenommen. Der Hauptverdächtige befindet sich in Auslieferungshaft in Bulgarien.
Was sind Binäre Optionen?
Binäre oder digitale Optionen sind hochriskante Termingeschäfte, die Merkmale einer Wette enthalten.
Anleger spekulieren auf einen fallenden oder steigenden Kurs. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall ein, so
gewinnt er und erhält einen vorher festgelegten Betrag, der typischerweise immer weniger als das Doppelte
des eingesetzten Kapitals ausmacht. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall nicht ein, so verfällt die
Option als wertlos und der Anleger verliert sein gesamtes eingesetztes Kapital. In der Regel wird bei diesen Geschäftsmodellen
mit außerbörslichen Produkten gehandelt.
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