Cyber-Trading-Betrug: Massiver Schlag gegen
 organisierte Internetkriminalität und Geldwäscherei

 

erstellt am
26. 02. 19
13:00 MEZ

Europaweit mehrere tausend Opfer um 100 Millionen Euro pro Jahr geschädigt. Ein Haupttäter festgenommen – Innenminister Kickl gratulierte Ermittlern
Wien (bundeskriminalamt) - Seit September 2017 ermitteln Experten des Büros Finanzermittlungen des Bundeskriminalamtes (BK) gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niederösterreich unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Feldkirch gegen eine internationale Tätergruppierung. Ihr wird vorgeworfen durch Online-Trading-Plattformen für binäre Optionen, Forex, Kryptowährungen und ähnlichen Finanzprodukte europaweit mehrere tausend Personen um etwa 100 Millionen Euro pro Jahr geschädigt zu haben. Nun wurde einer der Hauptverdächtigen festgenommen.

Innenminister Herbert Kickl gratulierte am Montag, 25. Februar 2019, im Bundeskriminalamt sowohl den österreichischen Ermittlern als auch ihren Kollegen aus Bulgarien, Deutschland und der Tschechischen Republik: „Diese erfolgreiche Aktion ist ein wichtiger Schlag gegen die Cyber-Kriminalität, wo Täter Zugang zu modernsten Mitteln der Digitaltechnik haben. Umso höher ist die Leistung der Ermittler einzustufen, die in penibler Kleinstarbeit und dank internationalem Informationsaustausch konzernähnliche kriminelle Strukturen sichtbar gemacht und zerschlagen haben“.

Das kriminelle Netzwerk
Angeworben wurden die Opfer hauptsächlich über soziale Netzwerke, Anrufe aus eigens geschaffenen Call-Centern oder Massenmails. Suggeriert wurde, dass bei den Transaktionen kaum Risiko bestehe und ab gewissen Summen inkludierte Versicherungen gegen Kapitalverlust in Kraft treten würden. Nachdem der Kunde die ersten Einzahlungen getätigt hat, wuchs das virtuelle Depot auf der Plattform durch mehrere gewonnene Transaktionen, zu Englisch Trades, rasant an. Die Call-Center-Mitarbeiter wurden anhand vorgegebener Checklisten angewiesen, den Kunden eine gewünschte Auszahlung der Rendite auszureden, beziehungsweise nach inszeniertem Totalverlust, diese zu neuerlichen Einzahlungen zu verleiten, um den erlittenen Verlust wieder auszugleichen. Verschwiegen wurde, dass sich zu diesem Zeitpunkt das einbezahlte Geld bereits in einem, aus Tarn- und Scheinfirmen bestehenden, aufwändig konstruierten Geldwäschereinetzwerk befand. Guthaben wurden nicht ausbezahlt, sondern als Verlust ohne Legitimierung des Accountinhabers durchgeführt. Dies führte unweigerlich zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Hinweise auf Rücklagen für mögliche Gewinnauszahlungen konnten im gesamten Ermittlungsverfahren keine gefunden werden.

Die von der Tätergruppierung beherrschten Plattformen wurden mit einer Software betrieben, die nicht nur die komplette Kundenverwaltung ermöglichte, sondern auch die Kurse der einzelnen Trades im Sinne der Tätergruppierung beeinflusste. Diese Softwarelösungen wurden ebenfalls durch Firmen im Besitz der Tätergruppierung entwickelt und an Interessenten für kriminelle Machenschaften verkauft.

Die Tätergruppierungen haben mit unzähligen Tarn- und Scheinfirmen eine konzernähnliche Struktur geschaffen, in der Aufgaben wie Marketing, Call-Center-Betrieb, Softwareentwicklung und Geldwäscherei unabhängig voneinander unter einer Führung arbeitsteilig erledigt wurden.

Ermittlungen
Nachdem das Landeskriminalamt Niederösterreich die Spur zu der Tätergruppe aufgenommen hatte, kam es nach einem Abgleich mit dem Büro Finanzermittlungen des Bundeskriminalamts zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem deutschen Landespolizeipräsidium Saarland, die zur Gründung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe, eines „Joint Investigation Teams“ (JIT), durch die zuständigen Staatsanwaltschaften Feldkirch und Saarbrücken führte. Dieses JIT wurde durch die nationalen Vertreter bei Eurojust und Europol unterstützt.

Ferner leisteten die österreichischen Verbindungsbeamten in Bulgarien und der Tschechischen Republik einen wesentlichen Beitrag zu den Ermittlungen. So wurden die Kontakte zu den Ermittlungsbehörden in Bulgarien und der Kriminalpolizei in Prag hergestellt. Dadurch konnten wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden, da die Tatverdächtigen in diesen Ländern wesentliche Teile ihrer Infrastruktur wie Call Center, Softwareentwicklung und Firmenkonten angesiedelt hatten.

Nach intensiven Ermittlungen und internationalem Informationsaustausch wurde in Abstimmung mit Deutschland ein erstes Einschreiten geplant. Diesem Teil der Gruppierung wird der Betrieb der Trading Plattformen XTraderFX, Optionstars, OptionstarsGlobal, Goldenmarkets, SafeMarkets, Cryptopoint und einiger weiterer zugerechnet. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wurde über diese Plattformen ein Umsatz von zumindest 66 Millionen erwirtschaftet, wobei etwa elf Millionen auf Einzahlungen aus Deutschland und Österreich entfallen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich diese Summen nach genauer Auswertung der sichergestellten Daten noch um ein Vielfaches erhöhen. Es wurden von den Staatsanwaltschaften nationale und europäische Anordnungen für Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen und eine Festnahme erlassen.

Erfolge
Die europäischen Ermittlungsanordnungen wurden von 28. Jänner 2019 bis 1. Februar 2019 in Sofia durch die bulgarischen Behörden mit Unterstützung der Ermittler und IT-Forensiker des Bundeskriminalamtes und der deutschen Behörden vollzogen. Dabei wurden einige Terabyte Daten, Geschäftsunterlagen und ein sechsstelliger Geldbetrag sichergestellt. Es wurden Räumlichkeiten von insgesamt 21 Firmen sowie vier Privatadressen von Verdächtigen durchsucht. Außerdem wurden insgesamt 14 Konten sichergestellt und ein Hauptverdächtiger festgenommen. Der Hauptverdächtige befindet sich in Auslieferungshaft in Bulgarien.

Was sind Binäre Optionen?
Binäre oder digitale Optionen sind hochriskante Termingeschäfte, die Merkmale einer Wette enthalten. Anleger spekulieren auf einen fallenden oder steigenden Kurs. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall ein, so gewinnt er und erhält einen vorher festgelegten Betrag, der typischerweise immer weniger als das Doppelte des eingesetzten Kapitals ausmacht. Tritt der vom Anleger prognostizierte Fall nicht ein, so verfällt die Option als wertlos und der Anleger verliert sein gesamtes eingesetztes Kapital. In der Regel wird bei diesen Geschäftsmodellen mit außerbörslichen Produkten gehandelt.

 

 

 

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