Elisabeth Orth, Dorothee Hartinger, Petra Morze sowie Alexandra Henkel gaben mit ihrer Lesung
einen Einblick in die Vergangenheit
Wien (pk) - Dem im Jahr 1918 mit der Republik ausgerufenen Frauenwahlrecht ging ein langer und harter Kampf
um politische Mitbestimmung und Teilhabe voraus. "Acht Frauen, sieben Sozialdemokratinnen und eine Christlich-Soziale,
zogen fast auf den Tag genau – am 4. März 1919 – als erste weibliche Abgeordnete in das österreichische
Parlament ein", sagte Zweite NR-Präsidentin Doris Bures am 8. März in ihrer Eröffnungsansprache.
"Sie und viele Weggefährtinnen haben den Kampf um ihre demokratischen Rechte schon in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts begonnen. Ihnen verdanken wir das allgemeine, freie, gleiche, geheime, persönliche und
unmittelbare Wahlrecht - für Frauen und Männer. Die Reden zeigen uns das zarte Pflänzchen der Demokratie,
das seine Wurzeln in der noch so jungen Ersten Republik geschlagen hat." Am Vorabend des Weltfrauentages,
knapp 100 Jahre nachdem die ersten acht Frauen ins Parlament eingezogen sind, wurden die ersten acht Reden dieser
Pionierinnen im Parlament verlesen.
Bures: "Wenn eine dieser acht Frauen vor 100 Jahren im historischen Sitzungssaal ans Rednerpult kam, dann
blickte sie in einen Saal mit 151 Männern, und nur sieben Frauen. Wenn heute eine Abgeordnete hier an dieses
Pult kommt, dann sitzen ihr immer noch 115 Kollegen gegenüber, aber doch schon 67 Kolleginnen. Aber noch immer
nicht die Hälfte. Heute sind Frauen vor dem Gesetz gleichberechtigt und vor Diskriminierung geschützt.
Doch die Lebensrealität von Frauen ist eine andere. Und es ist unser Auftrag, das zu ändern. Wir müssen
vehement für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben eintreten. Wir müssen soziale und wirtschaftliche
Benachteiligungen beseitigen. Frauen vor Altersarmut bewahren und vor Gewalt in den eigenen vier Wänden schützen."
Mit starken, knappen Worten legten die Abgeordneten damals im Parlament ihre Anliegen dar
Szenisch und mit Verve vermittelten die Schauspielerinnen die einzelnen Debattenbeiträge der damaligen Zeit.
Zwischenrufe, Ermahnungen des Präsidenten zur Countenance und auch die starken und engagierten Ansprachen
waren Teil der Lesung. Kammerschauspielerin Elisabeth Orth, die Schauspielerinnen Dorothee Hartinger, Petra Morzé
und Alexandra Henkel ermöglichten mit ihrer Lesung der Reden der Abgeordneten einen Rückblick in die
damalige Zeit. Autorin und Journalistin Sibylle Hamann begrüßte die Gäste und führte mit ihrer
Moderation durch den Abend.
Die ersten Worte der Abgeordneten Hildegard Burjan, Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft,
Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch erinnerten hundert Jahre nach ihren ersten Debatten in der Konstituierenden
Nationalversammlung noch einmal an die damalige politische Lage der jungen Republik sowie an die Themen, denen
sich die Abgeordneten als Erstes gewidmet hatten. Verlesen wurden sie in der Reihenfolge, in der sich die damaligen
Abgeordneten erstmals zu Wort gemeldet hatten (zwischen 1919 und 1920).
Auf dem Programm standen die Reden von Adelheid Popp über "die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter-
und Damenorden und gewisser Titel und Hürden" in der 8. Sitzung, von Emmy Freundlich über "eine
besondere Brotauflage im Jahre 1919" in der 9. Sitzung, von Gabriele Proft über "das Invalidenentschädigungsgesetz"
in der 11. Sitzung, von Amalie Seidl über "die Einhebung der inneren Abgaben und Lizenzgebühren
für eingeführte Verbrauchssteuergegenstände und Gegenstände des Staatsmonopols (Berichterstatter)"
in der 15. Sitzung, von Anna Boschek über "das Verbot der Nachtarbeit der Frauen und Jugendlichen in
gewerblichen Betrieben" in der 12. Sitzung, von Hildegard Burjan über "die Errichtung und Unterbringung
von Volkspflegestätten" in der 19. Sitzung, von Therese Schlesinger über "Maßnahmen zur
Behebung des Supplentenelends" in der 19. Sitzung sowie die Rede von Maria Tusch über "die Verpfändung
des Tabakmonopols" in der 58. Sitzung.
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